: Bombenleger und Verfassungsschützer
■ Peter Frisch – alter Haudegen und neuer Mann des Kölner Verfassungsschutzes
Berlin (taz) – Die Bombe ging zweimal hoch: einmal in der Nacht vom 25. Juli 1978 und dann acht Jahre später noch einmal am 25. April 1986. Der Sprengsatz riß ein Loch in die Außenmauer der Celler Justizvollzugsanstalt. Was anfangs als versuchte terroristische Befreiungsaktion daherkam, entpuppte sich Jahre später als eine spektakuläre Geheimdienstoperation der niedersächsischen Verfassungsschützer. Aufgeflogen war der Versuch, über eine inszenierte Gefangenenbefreiung V-Leute an die Mitglieder der Roten Armee Fraktion heranzuspielen. Die explosive Aktion ging unter dem Namen „Celler Loch“ in die Top Ten der Verfassungsschutzskandale ein.
Amtsintern trug der Vorgang den hübschen Namen „Aktion Feuerzauber“. Ernsthaft wurde keiner der Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen. Auch Dr. Peter Frisch nicht, der als Referatsleiter für „Grundsatzfragen“ in der niedersächsischen Lauschbehörde die hochgeheime Aktion in deren Vorfeld als rechtlich unbedenklich abgesegnet hatte. Zwar machte das Wort vom „Staatsterrorismus“ die Runde, selbst bis in das konservative Lager hinein wurde nach dem Bekanntwerden des „Celler Lochs“ von einer „Tatprovokation“ gesprochen. Peter Frisch, der stramme SPD-Mann, den seine Parteifreunde mitunter politisch eher im Lager der bayerischen Christsozialen verorten, focht das nicht an.
Rechtswidrig könne der Sprengstoffanschlag schon deshalb nicht gewesen sein, weil die Gefängnismauer dem Land Niedersachsen gehöre und die Landesregierung somit über diese verfügen durfte, das meint Frisch heute noch. Der Mann, der jetzt vom Bundeskanzler an die Spitze des Kölner Bundesamtes für Verfassungsschutz berufen wird, nennt den Anschlag schlicht einen kalkulierten Sachschaden: eine Aufwendung von rund 150 Mark, die Summe eben, die es brauchte, das Loch in der Mauer wieder zu schließen.
Peter Frisch ist ein Haudegen aus den Tagen des guten alten Kalten Krieges. 1989, sechs Wochen vor dem Mauerfall, warnte er noch, die Bundesrepublik sei dem Einschleusen von Spionen, die im Zuge der Fluchtwelle aus der DDR ins Land kommen, wehrlos ausgeliefert. Zwei Jahre zuvor, die Republik stritt über die von Bonn verfügte Volkszählung, da zog Frisch einem Don Quichotte gleich gegen die KritikerInnen des Mikrozensus zu Felde. Ein Geheimdossier, „VS-vertraulich“ und von Frisch unterzeichnet, war gerichtet an Fachbehörden und „Einzelpersonen in amtlicher Eigenschaft bzw. Mandatsträger“. Behauptet wurde: der Widerstand gegen die Volkszählung sei „im wesentlichen von politischen Extremisten initiiert“. Willkürlich zählte die Verschlußsache 15 Organisationen auf, „die sich gegen die Volkszählung ausgesprochen haben“. Darunter fanden sich die Bundestagsfraktion der Grünen, die Humanistische Union, auch der Republikanische Anwältinnen- und Anwälteverein. Als das Papier publik wurde, versuchten Frisch und seine Behörde in einer Notoperation das Dossier zu einem bloßen „Vermerk“ herunterzuspielen. Bürgersinn ist demnach nicht die besondere Stärke des neuen Kölner Verfassungsschutzpräsidenten. Eher schon ein Schuß an Eitelkeit, wie sich das heutige Vorstandsmitglied von Bündnis 90/Die Grünen, Jürgen Trittin, erinnert. Trittin kennt Frisch aus der Zeit des hannoverschen Untersuchungsausschusses, der das „Celler Loch“ aufzuklären hatte. Mächtig stolz, sagt der Bündnisgrüne, sei Frisch damals auf seine knallrote Panzerlimousine gewesen.
Konservative Politiker waren und sind es, die die Karriere des SPD-Mitglieds förderten. Niedersachsens Ministerpräsident Ernst Albrecht holte den Mann an die Spitze des Landesamtes für Verfassungsschutz. Und Kanzler Kohl ließ Frisch zum Vizechef der Kölner Bundesbehörde ernennen. Nach dem Wechsel des amtierenden Präsidenten Hansjörg Geiger zum Bundesnachrichtendienst in Pullach ist es wiederum Helmut Kohl, der Frisch nun aus der zweiten in die erste Reihe schiebt. Eine Inszenierung aus dem Stück „Wie der Bock zum Gärtner wurde“. Wolfgang Gast
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