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Börsentraum iX geplatzt

London sagt die Fusion mit der Frankfurter Börse ab – und liebäugelt mit Schweden.Deutsche müssen weitersuchen, denn die Europäisierung der Börsen schreitet voran

HAMBURG taz ■ Die Londoner Börse LSE hat überraschend die geplante Megafusion mit der Deutschen Börse in Frankfurt abgesagt. Damit ist der Plan für einen großen europäischen Handelsplatz erst einmal gescheitert. Die Börse iX hätte einen Marktanteil von über 50 Prozent gehabt. Die Frankfurter „bedauern“ nun die Absage: „Von der Konsolidierung hätten Emittenten, Investoren, Händler und die beiden Finanzzentren profitiert.“

Die Zukunft der Deutschen Börse ist jetzt ungewiss. Das Abblitzen in London versetzte ihr einen heftigen Schock. Zuletzt hatten sie strategisch ganz auf London gebaut. In London ist die Stimmung gemischt. Weite Teile der „City“ hatten der Fusion ohnehin skeptisch gegenübergestanden, weil sie ihnen zu Frankfurt-lastig erschien. Offiziell teilte sie nur mit, dass sie nicht mit Frankfurt fusionieren und zugleich gegen den feindlichen Übernahmeversuch der schwedischen OM-Gruppe ankämpfen könne. Der schwedische Börsenbetreiber OM hatte Ende August die Finanzwelt überrascht, als er den Aktionären der LSE ein Übernahmeangebot unterbreitete. Der Ausgang der Offerte ist offen. Innerhalb von 14 Tagen muss London reagieren.

Quertreiber OM will die Londoner Stock Exchange zur modernsten Börse der Welt umbauen. Der technologische Rückstand des eigenen Handelssystems gegenüber dem deutschen Xetra gilt als einer der Gründe, warum London grundsätzlich einwilligte, mit Frankfurt zusammenzugehen. Die Schweden locken nun mit einer verbraucherfreundlichen High-Tech-Discount-Börse und versprechen institutionellen und privaten Aktienkäufern niedrigere Kosten. Das tun andere jedoch auch. Discountbroker und private Handelssysteme wie Tradepoint bedrängen die Börsen zwischen Athen und Oslo. Grundsätzlich könnten die Banken sogar ganz ohne Börsen ihre Aktiengeschäfte betreiben. Auch darum stehen weiterhin Zusammenschlüsse von Börsen und Handelssystemen auf der internationalen Tagesordnung. Am 22. September wollen Paris, Amsterdam und Brüssel ihre Ehe formell beschließen.

Bislang scheiterten alle großen Fusionspläne in Europa. Aber mittelfristig könnte sogar immer noch eine große Euro-Lösung zustande kommen, die auch Madrid umschließt. Das Deutsche Aktieninstitut erwartet, dass sich in Zukunft „auf jeden Fall etwas tut“. Doch wer vom Fusionskarussell herunterfällt, könnte bald auf den Rang einer kleinen Regionalbörse herabgestuft werden. „Das ist eine Schlappe für die Deutsche Börse“, sagt Jürgen Kurz von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz. Die Frankfurter Börse selbst zeigt sich geschockt und ratlos. Im Moment wisse man nicht, wohin die Reise geht, heißt es.

Zu den Verlierern gehören auch die hiesigen Großbanken und institutionellen Anleger. Sie müssen nun weiterhin im internationalen Aktienhandel mehrere Schnittstellen überwinden, um ein Wertpapier über Ländergrenzen hinweg zu kaufen. Die Kleinanleger dagegen könnten sich sogar ins Fäustchen lachen, denn die Megafusion hätte sich weitgehend im rechtsfreien Raum abgespielt. Noch immer existiert keine europäische Börsenaufsicht und kein internationales Kapitalmarktrecht. Mehr als eine gescheiterte Fusion sollte dieser Mangel Sorgen bereiten. HERMANNUS PFEIFFER

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