Boeing in der Krise: Neue Probleme mit der Software
Drei Wochen nach dem zweiten Boeing-Crash lässt das angekündigte Update auf sich warten. Dem Flugzeugbauer drohen Milliardenverluste.
Flugzeuge sind heute nicht nur Transportmittel, sie sind auch IT-Produkte wie Computer. Jeder Nutzer kennt sicher das Trauerspiel um Updates. Der US-Flugzeughersteller Boeing kämpft derzeit mit einem ähnlichen Effekt. Bevor das Unternehmen eine überarbeitete Software zur Flugkontrolle auf alle Flugzeuge vom Typ 737 Max aufspielen kann, muss es die Nachbesserung noch nachbessern. „Wir müssen uns noch um ein Detail kümmern“, teilte Boeing am Dienstag in Berlin mit.
Die überfällige Korrektur tödlicher Schwächen in der Logik des Flugcomputers zieht sich damit noch mehrere Wochen hin. Bis die Software umprogrammiert ist, müssen die 350 bereits ausgelieferten Maschinen weiter am Boden bleiben. Nach zwei Abstürzen im Oktober in Indonesien und im März in Äthiopien haben es Aufsichtsbehörden weltweit so verfügt. Das Modell ist für Boeing seit den 1960er Jahren ein zuverlässiger Umsatzbringer.
Jetzt weiten sich die Probleme zur größten Krise in der Unternehmensgeschichte aus. Die US-amerikanische Forschungsfirma Jeffries schätzt, dass schon ein zweimonatiger Ausfall aller 737 Max 5 Milliarden Dollar kostet. Jetzt zieht sich der Zustand auf unbestimmte Zeit hin. Den Analysten zufolge profitiert derweil Konkurrent Airbus.
Inzwischen ist recht genau bekannt, was bei den Abstürzen passiert ist: Der Computer drückt die Flugzeugnase nach unten, wenn er glaubt, dass die Maschine zu steil in der Luft steht. Unter ungünstigen Umständen schätzt der Rechner die Lage aber falsch ein und startet dieses Notmanöver in einer normalen Situation. Der Pilot hat dann mit der Steuersäule keine Chance, die Maschine wieder hochzuziehen, wie Simulatortests zeigten – der Stabilisator ist stärker als das Steuerhorn.
Hektik im Cockpit
Wenn in einem Flugzeug der Stabilisator verrückt spielt, bricht Hektik im Cockpit aus, wie ein Pilot erklärt. Für diesen Fall gibt es eine Checkliste, doch deren Anwendung muss rasend schnell gehen – sonst droht ein Absturz. Der Pilot muss zwei Kippschalter in der Mitte unter den Schubhebeln herunterflippen, um die automatische Trimmung abzuschalten. Damit sollte das Problem behoben sein.
Diese Checkliste hatten die Piloten der beiden Unglücksflüge vermutlich nicht im Kopf. Vor Einführung der neuen „Sicherheitsautomatik“ war dieses Szenario so selten, dass viele Piloten das Gegenmittel in der Praxis nicht parat hatten. In der Flugstartphase eskalierten die Probleme so schnell, dass keine Zeit bleibt nachzuschlagen.
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