Blutiger Machtkampf beendet: Einigung in Kenia
Am Donnerstag einigten sich Präsident Mwai Kibaki und Oppositionsführer Raila Odinga auf eine Koalition. Damit könnten die Unruhen in Kenia enden.
NAIROBI dpa Auf diesen Moment haben Millionen Kenianer zwei Monate lang verzweifelt gewartet. Mit ihren Unterschriften unter eine Vereinbarung zur Teilung der Macht in dem ostafrikanischen Land ermöglichten der umstrittene Präsident Mwai Kibaki und Oppositionsführer Raila Odinga eine Rückkehr zur Normalität - eine Normalität, die nach blutigen Unruhen, ethnischen Auseinandersetzungen und Vertreibungen von hunderttausenden Menschen lange Zeit gefährdet schien. Am Ende siegten Vernunft und die Einsicht, dass nur eine Koalition Kenia vor dem Weg ins Chaos rettet.
Die am Donnerstagnachmittag unterzeichnete Vereinbarung ist auch die Stunde des Triumphs von Kofi Annan. Der ehemalige UN-Generalsekretär hat seit mehr als einem Monat die Vermittlungen zwischen den Rivalen geleitet - mit Geduld, Beharrlichkeit und zuletzt auch mit Druck. Auch am Donnerstag gab sich der erfahrene Friedensstifter vorsichtig. "Die Reise ist noch lange nicht vorbei, wir stehen ganz am Anfang", betonte er. Doch das Abkommen bringe "dem kenianischen Volk den Geist von Partnerschaft, Frieden und Wohlstand zurück".
Annan ahnte wohl schon, dass Radikale auf beiden Seiten an der Vereinbarung zur Zusammenarbeit Kritikwürdiges finden werden. "Der Kompromiss war zum Überleben dieses Landes notwendig", betonte er deshalb. "Jeder hat ein bisschen gegeben und ein bisschen genommen", versicherte auch Jakaya Kikwete, der Präsident Tansanias und Vorsitzende der Afrikanischen Union (AU), der Annan bei der letzten Verhandlungsrunde unterstützt hatte.
Kibaki und Odinga, die lange jede gemeinsame Begegnung vermieden hatten, schüttelten sich wiederholt die Hand. Erstmals nannte Odinga, der Kibaki den Sieg bei der Präsidentenwahl abgesprochen hatte, "Herr Präsident". "Mit dieser Vereinbarung haben wir ein neues Kapitel in der Geschichte dieses Landes aufgeschlagen", sagte Odinga. Konfrontation werde von Zusammenarbeit abgelöst. "Es wird Herausforderungen geben, aber ich bin zuversichtlich, dass wir sie durch Dialog und im Geist der Einheit lösen werden", versicherte auch Kibaki.
Odinga erinnerte an die Opfer des bitteren Machtkonflikts. "Wir dürfen keine einzige Minute vergeuden", mahnte er angesichts hunderttausender Flüchtlinge und der mehr als 1500 Toten des Konflikts. "Wir müssen sicherstellen, dass kein Kenianer mehr sinnlos das Leben verliert." Denen, die in den Unruhen alles verloren haben, müsse geholfen werden.
Der Jubel und die Freudenschreie der Menschen, die sich vor Kibakis Amtssitz versammelt hatten und geduldig auf ein Ende der Verhandlungen warteten, zeigten die ungeheure Anspannung nach Wochen der Gewalt. "Das ist ein wunderbarer Tag", meinte ein junger Mann überwältigt. Nur bei den Sicherheitskräften schien der neue Geist von Einigung und Versöhnung noch nicht Einzug gehalten zu haben: Kurz nach der Unterzeichnung des Abkommens feuerten Polizisten Tränengas in die Menschenmenge, um die spontane Jubelfeier aufzulösen.
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