Blogger im Visier der US-Handelsaufsicht: Sag mir, wo Dein Gadget her ist!
Wer in den USA ein Produkt empfiehlt, soll nun offenlegen, ob er Geld oder Geschenke vom Hersteller erhalten hat. Die Regel zielt besonders auf Blogger. Viele reagieren empört.
BERLIN taz | In den USA sollen Blogger ab Dezember offenlegen, wenn sie für eine Produkt-Rezension bezahlt wurden, die getesteten Geräte behalten durften – oder anderweitige Vorteile erhielten. Das gab die amerikanische Verbraucherschutzbehörde Federal Trade Commission (FTC) gestern bekannt, nachdem sie ihre Leitlinie zum gleichnamigen Gesetz überarbeitet hatte. Sie betrifft bislang vor allem Journalisten und galt seit 1980 unverändert.
Den Leitlinien zufolge müssen alle "materielle Verbindungen" zwischen Rezensenten und Produzenten offen gelegt werden. Wie Blogger das tun sollen, ließ die Behörde offen. Allerdings müsse es "klar und deutlich" erfolgen, sagte der verantwortliche FTC-Abteilungsleiter Richard Cleland der Nachrichtenagentur AP. Auch in sozialen Netzwerken wie Facebook sollen die Regeln angewandt werden, beispielsweise wenn eine Person ein Hotel lobt und als Gegenleistung eine kostenlose Übernachtung erhielt.
Die Regeln gelten dabei nicht nur für Blogger, Journalisten und Werbeagenturen – sogar Prominente fallen unter neue Regel der FTC. Sie werden beispielsweise bei ihren Aussagen in Talkshows genauso behandelt wie Blogger mit ihrem Weblog.
Die Regel geht so weit, dass etwa eine Werbeanzeige sich nicht ohne weiteres auf Ergebnisse eines Forschungsinstituts berufen darf. Falls der Hersteller Geld an die Forscher zahlte, muss auch das in der Werbeanzeige angegeben werden. Die neue Richtlinie tritt am 1. Dezember in Kraft.
Bei Bloggern löste die Nachricht Unbehagen aus – auf Twitter wurde die FTC zu einem der meistdiskutierten Schlagwörter. Einige sagten, die Kontrolle würde sie schon bei den unschuldigsten Online-Kommentaren nervös machen.
In seinem Blog schrieb der Journalismus-Professor der New Yorker City University, Jeff Jarvis, "wenn die FTC nun Blogger verfolgt, ist das als würde sie sich in ein Fast-Food-Restaurant setzen und verlangen, dass man offen legt, dass die gerade empfohlene Pizzeria einem Onkel gehört".
Um Ängste zu beschwichtigen, sagte FTC-Abteilungsleiter Cleland, dass die Verfolgung größerer Werbeunternehmen wahrscheinlicher sei, als die einzelner Blogger. Außerdem würden Verstöße einzeln behandelt werden. Auch sei die Behörde in der Pflicht nachzuweisen, dass tatsächlich gegen das Gesetz verstoßen worden sei.
Der Verbraucherorganisation Consumer Federation of America hingegen geht die neue Regelung nicht weit genug. "Konsumenten benutzen immer öfter das Internet um sich über Einkäufe zu informieren," sagte Sprecher Jack Gillis. "Es gibt ein viele Möglichkeiten, Konsumenten in die Falsche Richtung zu lenken." Es müsse mehr Druck auf Blogger ausgeübt werden, damit sie sich "benehmen".
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