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Blockade in Schönefeld

■ DDR-Grenzer versuchten, die DDR-Bürger Wolfgang und Regine Templin nach Polen auszuweisen

Auf ihrer Reise durch Ungarn, Polen und die Sowjetunion waren sie wie ganz gewöhnliche DDR-Bürger behandelt worden: Mit ihren blauen DDR-Pässen konnten Regine und Wolfgang Templin visumsfrei und ungehindert reisen. Als die beiden Ost-Berliner nach dreiwöchigem Urlaub gestern morgen mit der polnischen LOT-Maschine auf dem Flughafen in Schönefeld landeten, war es mit der komplikationslosen Reise vorbei: „Sie fliegen sofort zurück nach Warschau“, herrschte das diensthabende Grenzorgan das Ehepaar und seine beiden Kinder an.

„Richtig in Rage“ sei der Herr gewesen, berichtete Wolfgang Templin später der taz. Wolfgang und Regine Templin gehören zu den DDR-Oppositionellen, die im Zuge der Verhaftungswelle im Januar 1988 in Ost-Berlin eingesperrt und schließlich als Alternative zum Knast - für zwei Jahre in den Westen geschickt worden waren. Allerdings mit der Auflage, während der zwei Jahre nicht in die DDR einzureisen. Von Transitverbot war keine Rede.

Einreisen wollten die Templins gestern auch nicht, sondern nur das kurze Stück mit dem Bus zum Grenzübergang Waltersdorfer Chaussee nach West-Berlin fahren. Doch dieses Ansinnen wiesen die - mittlerweile zahlreichen - DDR-Beamten zurück. Statt dessen wurde der polnische Flugkapitän unter Druck gesetzt: „Entweder Sie nehmen die wieder mit, oder wir geben Ihnen keine Starterlaubnis.“ Denn, so die DDR -Vertreter, die polnische Fluggesellschaft habe die Templins ja auch ins Land gebracht. Nach längerer Diskussion unter Zeitdruck geraten, erklärte sich der Flugkapitän schließlich bereit, die DDRler wieder mitzunehmen - kostenlos. Doch das wollten die Templins nicht. Ende der absurden Blockadeaktion: der LOT-Kapitän durfte mit anderthalbstündiger Verspätung abfliegen, die Templins ließ man in den Bus nach West-Berlin steigen. Kommentar von Wolfgang Templin: „Bewußte Schikane“. Daß DDR-Bürger nach den DDR-Bestimmungen keinen Rechtsanspruch darauf haben, ihr eigenes Land zu betreten, sei eine „klare Rechtsbeugung“.

taz

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