Bleibe gesucht: Roma treffen Knake-Werner
50 Roma und Autonome besuchen Sozialsenatorin Heidi Knake-Werner (Linke) - und fordern Wohnungen für die Flüchtlinge. Seit fünf Tagen erhalten die Roma Asyl im Bethanien.
"Freiwillig die Welt verändern", steht auf dem Plakat im Foyer der Senatssozialverwaltung. Eigentlich wollte Sozialsenatorin Heidi Knake-Werner (Linke) hier am Freitagvormittag eine Ausstellung über ehrenamtliches Engagement eröffnen. Doch nun steht sie einer 50-köpfigen Gruppe von Roma und Hausbesetzern aus dem Kreuzberger Bethanien gegenüber. Auch die wollen Veränderung, und das schnell: Sie fordern die sofortige Unterbringung der Roma in Wohnungen in der Innenstadt.
Seit Dienstag gewähren die Besetzer des "New Yorck" den zehn Romafamilien im Südflügel des Bethanien Asyl. Die Rumänen waren im Görlitzer Park von der Polizei aufgegriffen worden. Nach Diskussionen sei es gelungen, eine Trennung der Familien zu verhindern und die Unterbringung im Bethanien durchzusetzen, so die Besetzer. Zwei Wochen lang sollen die Roma im Park kampiert haben.
Nun stehen sie vor der Senatorin: Romamänner, Jugendliche, Frauen mit Kindern auf dem Arm, zwischendrin die Besetzer und Sozialarbeiter Miman Jasarovski, der aus dem Romanes übersetzt. Eine Hausbesetzerin fordert in einem offenen Brief einen langfristigen Verbleib der Familien in Berlin. Es müsse schnell gehandelt werden, ergänzt Jasarovski. Zwei Frauen seien hochschwanger, die "New Yorcker" könnten nicht längerfristig für Verpflegung sorgen.
Knake-Werner hört mit verschränkten Armen zu. Sie verstehe den Druck, sagt sie schließlich. "Aber ich kann nicht von jetzt auf gleich eine Unterkunft organisieren." Was sei mit dem Roma-Wohnwagenplatz in Dreilinden? "Die haben doch gar keine Wagen", schüttelt Jasarovski den Kopf. Und die Flüchtlingsaufnahmestelle in der Spandauer Motardstraße? "Völlig inakzeptabel. Das ist ein Abschiebelager", so der Sozialarbeiter.
Die Roma schauen mit ernsten Mienen auf die Senatorin. Einige lassen übersetzen, dass sie unbedingt in Berlin bleiben wollen. Knake-Werner verspricht, nach Unterkünften suchen zu wollen, eigentlicher Ansprechpartner sei aber der Bezirk. Dann fährt sie mit dem Fahrstuhl davon, die Eröffnung ist abgeblasen. Die Protestierer ziehen in die Kantine, um sich zu beraten. Die vorm Haus eingetroffenen Polizisten schreiten nicht ein.
In Friedrichshain-Kreuzberg sieht man wiederum den Senat in der Pflicht. "Wir haben keine Alternativräume gefunden", so Sozialstadträtin Monika Herrmann (Grüne). Am Montag werde man sich erneut mit den Besetzern und Roma treffen. "Wir brauchen eine schnellere Lösung", kritisieren die Besetzer. Am Freitagnachmittag suchten sie im Bethanien nach weiteren Räumen für die Roma. Der Auftritt der Senatorin sei "enttäuschend" gewesen, klagt Jasarovski. "Hier wird riskiert, dass die Roma zurück in den Görlitzer Park müssen."
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Preiserhöhung bei der Deutschen Bahn
Kein Sparpreis, dafür schlechter Service
Bis 1,30 Euro pro Kilowattstunde
Dunkelflaute lässt Strompreis explodieren
Ex-Wirtschaftsweiser Peter Bofinger
„Das deutsche Geschäftsmodell funktioniert nicht mehr“
Ansage der Außenministerin an Verbündete
Bravo, Baerbock!
Krise bei Volkswagen
1.000 Befristete müssen gehen
Housing First-Bilanz in Bremen
Auch wer spuckt, darf wohnen