■ Blaublüter in Berlin: Prinzessin Irina: Geschockt, aber nicht die Contenance verloren
Berlin 1929: Krautjunker aus Ostpreußen, Stahlbarone aus dem Rheinland und russische Prinzessinnen amüsieren sich zwischen Café Größenwahn und Haller-Revue. Berlin 1999: Auch jetzt sind die Blaublüter zum Großteil Zugereiste. Zum Beispiel Alexander Graf von Schönburg-Glauchau, Bruder der klatschspaltennotorischen Gloria Fürstin von Thurn und Taxis. Der Journalist las Donnerstagabend in einer Galerie in der Charlottenburger Goethestraße aus „Mesopotamia“, einem Erzählband so gehypter Autoren wie Benjamin von Stuckrad-Barre. In seinem Beitrag lässt uns Schönburg-Glauchau an seinen Erfahrungen im durch und durch proletarischen Kreuzberg teilnehmen. („Der Bürgersteig, den ich morgens betrete, um zur Arbeit zu gehen, ist übersät mit Hundekot, auf der Straße begegne ich dem Stadtteilwahnsinnigen ...).
Apropos Hundekot. Die Gattin des Grafen, Irina Prinzessin von Hessen, brachte zur Lesung ihren kleinen Liebling „Peppone“ mit. Der zehn Wochen alte Welpe, der drolligerweise auf den Namen eines kommunistischen Bürgermeisters hört, ist noch nicht stubenrein. Er verewigte sich in der Galerie mit einem Häufchen.
Ein Häufchen Elend ist auch Unternehmensberater Michael Prinz von Anhalt. Der Berliner gehört zu den sich fast inflationär ausbreitenden Adoptiv-von-Anhalts. Und soll ziemlich pleite sein. Ein ehemaliger Geschäftspartner hat noch eine Rechnung von 500.000 Mark offen, auch die Banken interessieren sich für den Verbleib eines der „begehrtesten Junggesellen“ der Stadt. Derweil ist aus gut informierten Kreisen zu hören, dass Michael Prinz von Anhalt von seiner Ex-Gattin Veronika den Titel zurückfordern will.
Prinzessin Bea von Auersberg hat dagegen etwas vor. Die Party-Königin von Marbella zieht es in die Fasanenstraße, dort will sie ein Geschäft mit den von ihr entworfenen und somit geadelten Accessoires eröffnen. Eher verschlossen ist Tita von Hardenberg, im bürgerlichen Leben eine Journalistin. Die Berlinerin zog jetzt in Hamburg gegen ein Society-Blatt vor Gericht, weil es sie zu ihrer bevorstehenden Hochzeit mit Ferdinand Erzherzog von Habsburg-Lothringen zitiert hatte. Ein von ihr in Berlin organisiertes Treffen der adligen Jeunesse dorée aus ganz Europa fand unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt. Böse Zungen behaupten, das Treffen habe nur den Zweck einer Brautschau für Titas Brüder gehabt. Von unserer
Adelskorrespondentin
Christina von Rücken
und Frei
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