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Biovegane LandwirtschaftGurke ohne Tier

Düngen ohne Mist und Gülle? Agrarverbände sagen, das sei utopisch. Der Gärtnerhof Bienenbüttel zeigt: Landwirtschaft kann auch vegan funktionieren.

Für Sarah Kerwath „kommt das hier der Anbauweise am nächsten, was ich unter bio verstehe“. Und die Salatköpfe sind prächtig Bild: Timo Vogt

LÜNEBURGER HEIDE taz | Eugen Ehrenberg hätte gerne ein Pferd gehabt. Vielleicht mit einem Pflug für seine Äcker. Das sei umweltfreundlicher als die zwei Traktoren, die der Gärtnerhof Bienenbüttel jetzt benutzt. Aber er und seine zwei Freunde entschieden sich damals gegen das Pferd. Die überzeugten Vegetarier wollten einen Betrieb gründen, der Tiere weder hält noch nutzt und auch auf Tierprodukte verzichtet. 35 Jahre später gibt es eine Bezeichnung für dieses Konzept: biovegane Landwirtschaft. Und Ehrenberg ist sich sicher, die Nachfrage danach wird weiter wachsen.

Der Hof in der Lüneburger Heide benutzt keine chemischen Unkrautvernichter und auch keine tierischen Düngemittel wie Gülle, Mist oder Horn. Auch Nutztiere gibt es dort nicht. Die Hofgemeinschaft düngt mit Gemüseabfällen und pflanzlichen Düngerpellets. Kritiker bemängeln, dies sei kein industrietaugliches Konzept. Tiere fräßen nun mal Pflanzen und gäben die Nährstoffe durch ihren Mist an den Boden zurück.

Dies sei der „natürliche Kreislauf“. Der große Vorteil, den konventionelle Bauern von Mist und Gülle haben: Ihr Stickstoff ist billiger als der auf dem Gärtnerhof. Für die Versorgung muss dort immer ein Jahr lang eines der drei Felder brachliegen. Bakterien im Kleegras bündeln den Stickstoff aus der Luft und versorgen so den Acker für die kommenden zwei Jahre mit Nährstoffen. Gerade blüht das Kleegras lila.

Auf dem Feld nebenan steigt Sarah Kerwath barfuß in den feuchten Acker, um Salate zu ernten. Wenn sie sich hinhockt, sind die zwischen den Salatköpfen wachsenden Meldensträucher größer als die 27-Jährige. Andere würden Melden wohl als Unkraut bezeichnen und bekämpfen. Auf dem Gärtnerhof Bienenbüttel sagen die Mitarbeiter dazu „Wildkräuter“. Dem Salat schadet das Kraut nicht, die Köpfe sind riesig: Acht davon in einer Kiste sind üblich im Großhandel. Kerwath bringt in den genormten Kisten nur sechs Stück unter. „Das hier kommt der Anbauweise, die ich unter bio verstehe, am nächsten“, sagt die 27-Jährige.

Kartoffeln & Kapital

In der Landwirtschaft existiert sie noch: die DDR. Gigantische Ackerflächen, riesige Monokulturen. Während im Westen die Betriebsflächen rund 55 Hektar betragen, sind sie im Osten fast sechsmal so groß. Verantwortlich ist die Politik. Das Instrument war die BVVG: ein Nachfolgeunternehmen der Treuhand, das die Ackerflächen der DDR privatisierte. Die konservierten Agrarstrukturen machen Ackerflächen nun für Aktiengesellschaften zu interessanten Anlageobjekten. Tausende Hektar sind schon aufgekauft worden. Experten sprechen angesichts der Konzentration bei wenigen Konzernen von einer „neofeudalen Landverteilung“.

Tiere sollen nicht „zu unserem Vorteil leiden“

Der Gärtnerhof Bienenbüttel ist einer der wenigen gewinnorientierten bioveganen Höfe in Deutschland. Sonst betreiben meist Gemeinschaftsgärten bioveganen Anbau. Insgesamt listet der Vegetarierbund Deutschland 22 viehlose oder biovegane Betriebe in Deutschland auf. „Viehlos“ heißt, dass der Hof weniger als 0,2 ausgewachsene Rinder pro Hektar Land hält.

Vor fünf Jahren begann Sarah Kerwath ihre Ausbildung zur Gärtnerin mit Fachrichtung Gemüsebau auf dem Hof. Ihr Studium in VWL und Nachhaltigkeitsnaturwissenschaften brach sie ab, sie wollte „mit der Natur leben“. Nach der Ausbildung wechselte sie auf einen Hof, der auch Kühe hielt. Seit März ist sie wieder zurück in Bienenbüttel.

„Für mich ist hier der große Unterschied, dass Tiere nicht für unseren Vorteil leiden müssen.“ Kerwath bemängelt die Züchtung der Tiere in der konventionellen Landwirtschaft: Milchkühe, deren Knochen zu schwach für das Gewicht seien und die physisch gar nicht mehr in der Lage seien, herumzulaufen. Neben den fünf Mitarbeitern leben weitere vier Personen auf dem Hof.

Auch Gründer Eugen Ehrenberg lebt hier, arbeitet aber nicht mehr auf dem Feld. Der 60-Jährige sitzt im Rollstuhl auf der Terrasse vor dem Haupthaus. Auf dem karierten Tischtuch neben ihm steht eine Teekanne, die frischen Kräuterhalme schwimmen im Wasser. „Wenn man die Kritik an der Tierhaltung konsequent zu Ende denkt“, sagt Ehrenberg, „ist biovegane Landwirtschaft die einzige Option.“

Keine Vorbilder

Als Eugen Ehrenberg 25 Jahre alt war, hat er mit zwei Freunden den Betrieb gegründet. „Alle haben gedacht, was machen die für einen Quatsch“, erinnert er sich. Drei Männer, die nicht aus der Gegend kamen, die biologisch anbauen wollten, was damals unüblich war, und dann noch ohne Tierhaltung und -produkte. „Es gab wenige, die uns vormachen konnten, wie das geht“, sagt Ehrenberg. „Wir haben es einfach ausprobiert.“ Ein weiteres Problem, das die drei Jugendfreunde hatten: „Wir hatten nie Geld“, sagt Ehrenberg.

Sie begannen mit einem kleinem Haus und bauten nach und nach Räume an. Heute steht auf dem Hof ein Fachwerkhaus im 70er-Jahre-Schick, mit Holzvertäfelung und Teppichboden. In der Küche essen die Bewohner zusammen, nebenan gibt es ein großes Musikzimmer. Auf den wild gemixten Teppichen stehen Harfe, Klavier und ein Positiv, eine kleine Orgel ohne Pedale. Neben dem Haupthaus gibt es Kühl- und Lagerräume, in Richtung Acker liegen noch zwei Bungalows für die Bewohner, gleich dahinter ist ein Wildblumengarten.

Die vier Hektar Acker in Bienenbüttel teilen sich in rund 100 Parzellen. Kartoffeln, Kürbisse, Rote Bete, Mangold wachsen hier – insgesamt 60 Sorten. Zwischen den Beeten stehen Blühstreifen. Diese sind „Rückzugsort für die Gegenspieler der Insekten, die unsere Pflanzen fressen“, erklärt Klaus Verbeck, Geschäftsführer des Gärtnerhofs. Das sei keine Schädlingsbekämpfung, sondern die „Nützlinge“ sollen das „Gleichgewicht herstellen“. Verbeck ist behutsam in seiner Wortwahl. Auf Fragen antwortet er mit keiner Silbe mehr als nötig: Wie läuft der Hof wirtschaftlich? „Gut“. Leben Sie vegan? „Ja“. „Warum ist vegan leben wichtig? „Weiß nicht, ich bin kein Ethikprofessor.“

Das Ehec-Desaster

Bisher hat Verbeck schlechte Erfahrungen mit Journalisten gemacht. „Wie verkraftet Bienenbüttel die Ehec-Schande?“, fragte bild.de, „Paradies für Keime“, schrieb der Spiegel. Der Biohof stand im Verdacht, Ursprungsort des Ehec-Bakteriums zu sein, das sich 2011 ausbreitete. „Weil es sonst nichts zu berichten gab“, sagt Verbeck, „belagerten Journalisten tagelang den Hof und fragten die Nachbarn aus.“

Doch einen Beweis für den Ehec-Verdacht gab es nie. Alle tausend auf dem Hof entnommen Proben waren negativ. Kaufen wollten die Kunden die Sprossen trotzdem nicht mehr. Die damalige Sprossenzucht, die einen großen Teil des Umsatzes ausmachte, musste Verbeck aufgeben. Inzwischen gibt es jedoch anderes Potenzial, um Geld zu verdienen. Seit drei Jahren bewirbt der Gärtnerhof seine Produkte auf dem Lüneburger Wochenmarkt mit dem Label „biovegan“. Erst seit ein paar Jahren werde Veganismus immer mehr akzeptiert, meint der 46-Jährige, davor habe er Kunden eher abgeschreckt.

Der Markt für vegan angebautes Gemüse wird wachsen, wenn das ökologische Bewusstsein wächst, sagt Klaus Verbeck. Der Bienenbütteler Hof wächst jedoch erst mal nicht. „Dann bräuchten wir ein größeres Kühlhaus und neue Transporter“, erklärt der Geschäftsführer. „Für die Direktvermarktung sind wir gerade gut ausgestattet.“ Außer auf dem Wochenmarkt verkauft der Hof die Produkte freitags im Hofladen, zudem gibt es einen Austausch mit anderen Landwirten aus der Gegend. Verbeck nimmt ihnen vor allem Obst für den Wochenmarkt ab. Abgesehen von Äpfeln, Erdbeeren und Zwetschgen hat der Gärtnerhof nur wenig davon.

Die Briten sind weiter

Von den Einnahmen leben alle Hofbewohner. Natürlich sei es möglich, biovegane Landwirtschaft auch auf 10.000 Hektar zu betreiben, sagt Verbeck. „Entscheidend ist jedoch die Artenvielfalt. Wenn man 10.000 Hektar Mais anbaut, ist das kein Bio mehr.“ Nie wollte er zu einem dieser großen Betriebe gehören, wie sie in Ostdeutschland üblich sind. Am liebsten verkauft er das Gemüse selbst.

Nach der Salaternte geht Sarah Kerwath hinüber zu den Gewächshäusern, in denen Tomaten, Gurken und Kräuter wachsen. Sie will Proviant für die Reise pflücken, später am Tag reist sie nach England, um ein Praktikum auf einem bioveganen Hof zu absolvieren, bei einem Gründer des Vegan Organic Network. In Großbritannien und Österreich ist die biovegane Community größer als in Deutschland. Das Netzwerk hat Richtlinien beschlossen, wie bioveganer Anbau aussehen sollte, und sich ein Siegel als „Stockfree Organic“ gegeben: zwei Blätter, die wie ein „V“ sprießen, in der Mitte eine Sonne. Damit bewerben sie biovegane Produkte.

In Deutschland ist das Netzwerk noch nicht so weit. „Es fehlt das Bewusstsein bei den Leuten dafür, wie eine Gemüseproduktion aussieht“, sagt Eugen Ehrenberg. „Die Leute gehen einfach in den Supermarkt, und da liegt es dann.“ Doch das werde sich ändern, davon ist Ehrenberg überzeugt. „Dass biologischer Anbau mal so sehr nachgefragt wird, hätte vor 30 Jahren auch keiner gedacht.“

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23 Kommentare

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  • Im Prinzip ja - aber: In einem Quadratmeter Boden leben in der Humus-Sphäre zahlreiche Tierarten (Würmer, Insekten, Spinnen, Milben, . . . ) mit einer Biomasse von 300 bis 500 Gramm und alle diese Tiere sorgen zusammen mit den Schleimpilzen und Bakterien im Humus für die organischen / biochemischen Stoff-Umsetzungen. Auf einen Hektar Fläche umgerechnet werkeln im Boden also gut 3 bis 5 "Großvieh-Einheiten" als Dünger-Produzenten für die veganen GärtnerInnen.

    • @Herbert Gerhard Schön:

      Bio-veganer Landbau bedeutet nicht Landbau ohne Tiere, im Gegenteil: Bodenleben und Wildtiere spielen eine zentrale Rolle. Was wir ablehnen ist die Produktion und Haltung von sogenannten Nutztieren.

  • Die Frage ist, wie lange bio-vegane Landwirtschaft funktionieren kann?

    Und warum wird immer nur mit Energie- oder Flächenverbrauch argumentiert?

     

    Beide Fragen beachten nämlich nicht die Bodenfruchbarkeit!

     

    Denn es gibt Studien (und auch viele Erfahrungen von Biobauern), die zeigen, dass die Bodenfruchtbarkeit bzw. die Humusschicht bei viehlosen Betrieben abnimmt... siehe z.B. die diese Dissertation von F. Schulz (2012) zum Thema: http://geb.uni-giessen.de/geb/volltexte/2012/9058/pdf/SchulzFranz_2012_07_25.pdf (z.B. S.59 & S. 60).

     

    So nehmen bei viehlosen Betrieben - obwohl sie Gründüngung und Grünbrache betreiben – die Humusmengen stetig ab! Und ohne Humus, keine Landwirtschaft… eben auch keine bio-vegane!

    • @i.rothwell:

      Es gibt auch andere Erfahrungen von Biobauern, nämlich solche, bei denen der Humusgehalt steigt. Im Falle des o.g. Gärtnerhofs auf 3%, die seit vielen Jahren gehalten werden. Offenbar kommt es eben darauf an ob ausreichend Gründüngung angebaut wird. Bei "vieh"losen Betrieben ist auch bekannt, dass sie hier sparen, um möglicht viele Cash-Crops anzubauen - so verwundern die Studienergebnisse auch nicht. Hier gibt es natürlich Verbesserungsmöglichkeiten.

      Maßnahmen um die Bodenfruchtbarkeit zu erhalten / zu verbessern sind in den Bio-veganen Standards erläutert: http://biovegan.org/infopool/nahrstoffe-und-bodenhilfsstoffe/

      Ein paar interessante Vorträge zum Humusaufbau mit pflanzlichen Mitteln sind hier zu finden: http://biovegan.org/infopool/viehloser-oko-ackerbau/

      • @Silke:

        Liebe Silke, 3% sind nicht gut, überhaupt nicht, in einem Gemüsebetrieb sind Humusgehalte über 10% erstrebenswert. Ein Landwirt aus den USA hat auf seinem Betrieb unter der zu Hilfe Name von Rindern, Schweinen, Hühnern den Humusgehalt auf etwa 1200ha auf 7,1% flächendeckend steigern können Tiere sind immer Teil eines holistischen Denkens. Wenn man die Tiere nicht essen will, so kann man sie doch anderwärtig nutzen, dass wäre ein Beitrag für den Erhalt von alte Nutztierrassen.

  • Vielleicht noch eine kleine Anmerkung. Bei EHEC handelt es sich nicht um einen Virus, sondern um ein Bakterium. So viel Zeit muss sein.

  • Können wir es uns wirklich leisten, 1/3 der Ackerfläche brach liegen zu lassen? Das ist m.M. (global gesehen) total an der Realität vorbei. Für eine Nischenproduktion mag das angehen. Und wenn der Markt es hergibt, ist es ein Geschäftsmodell, das "seinen Landwirt" ernähren kann. Interessant wär es, die Erträge mit denen aus konventionellem Anbau zu vergleichen. Dazu wird leider nichts gesagt.

  • Hübsch. Wir düngen also Pflanzen mit Pflanzen(resten) und freuen uns über die schicke hohe Melde. Frage: Wieviel Fläche braucht es bei dieser Wirtschaftsweise, damit genügend Energie und Protein zur Versorgung eines Menschen wächst, nebst genügend pflanzlichen Abfällen zur Düngung (die es nur deshalb für diesen Hof in ausreichender Menge gibt, weil er ein einsamer Exot auf weiter Flur ist und weil andere intensiv wirtschaften) und Nahrungsangebaut für die meterhohen "Wildkräuter"? Und wieviele Menschen versorgt ein bioveganer Bauer mit seinen Produkten? Zum Vergleich: Bei intensiv-nachhaltiger Landwirtschaft ist pro Kopf der Bevölkerung ein viertel Hektar nötig und ein Bauer versorgt 133 Menschen. Alles, was darunter liegt, müssen wir mit zusätzlicher Fläche oder Zukäufen aus dem Ausland ausgleichen.

    Ich freue mich auf die Zahlen aus dem ideologisch wertvollen Vorzeigebetrieb.

  • Klasse, dass die taz über biovegane Landwirtschaft berichtet. Und ein sehr schöner Artikel noch dazu!

    Nur eine Kleinigkeit: Tierischer Stickstoff ist spätestens dann nicht mehr billiger, wenn man die verschiedenen Anbausysteme volkswirtschaftlich vergleicht, statt sie nur unter der Prämisse der derzeit vorhandenen hochsubventionierten und mit hohen externen gesellschaftlichen Kosten arbeitenden Tierhaltung zu bewerten.

    Freue mich, wenn die Diskussion über diese Themen breiter wird!

  • Sehr schön beschrieben. Ich war vorletztes Jahr zu Besuch beim Gärtnerhof und begeistert von der Gemüsevielfalt und dem Zusammenleben dort.

    Schade, dass die Behauptung unkommentiert bleibt: ", Tiere fräßen nun mal Pflanzen und gäben die Nährstoffe durch ihren Mist an den Boden zurück. Dies sei der „natürliche Kreislauf" -> Das stimmt m.E. nicht, denn Tiere verbrauchen auch einen großen Teil der Nährstoffe für sich selbst - ihren Körperaufbau und die Körperfunktionen. Diese Nährstoffe könnten auch zur Düngung pflanzlicher Lebensmittel dienen. Erhard Hennig schreibt dazu in seinem Buch "Die Geheimnisse der fruchtbaren Böden. Die Humuswirtschaft als Bewahrerin unserer natürlichen Lebensgrundlage.": „Stalldung ist nur ein Rest dessen, was dem Tier als Nahrung diente. Alle die hochwertigen Eiweiße, Kohlenhydrate, Fette usw., die von den Pflanzen gebildet wurden, sind ihm entzogen. Die Ausscheidungen sind nährstoffarm.“ (S.13)

    • @Silke:

      " Alle die hochwertigen Eiweiße, Kohlenhydrate, Fette usw., die von den Pflanzen gebildet wurden, sind ihm entzogen"

       

      Aha! Und können Sie uns auch erklären was eine Pflanze mit Eiweisen, Fetten und Kohlehydraten anfangen soll? Schon einmal davon gehört, dass Pflanzen ihre Biomasse durch Photosynthese vergrössern und dazu den Kohlenstoff des CO2 verwenden? Es ist immer wieder erstaunlich wie wenig Ahnung manche Menschen von Biologie haben.

      • @klarkopf:

        Photosynthese allein reicht nicht - sie dient den Pflanzen nur für den Kohlenstoffhaushalt. Für ihr Wachstum brauchen sie aber insbesondere auch Stickstoff (und einige andere Nährstoffe, die sie mit Hilfe der Bodenorganismen aufschließen). Stickstoff bekommen sie z.B. aus der Luft über Mikroorganismen, die im Boden leben oder über Leguminosen, die in Kooperation mit den Knöllchenbakterien Stickstoff bilden.

        Auch eiweißreiche Leguminosenschrote sind gute Stickstoffdünger, die z.B. Hornspäne ersetzen können.

      • @klarkopf:

        @Klarkopf: Trotz Ihrer unfreundlichen Art empfehle ich Ihnen das Buch von Herrwig Pommeresche "Humussphäre" zu lesen. Er beschreibt dort den "Kreislauf der lebenden Substanzen", unter anderem wie sich Pflanzenzellen Proteinmoleküle sogar Bakterien einverleiben. (Stichwort: Endocytose):

        Zudem benötigen auch die Bodenlebewesen, welche ja maßgeblich an der Nährstoffversorgung / Umwandlung von Pflanzen zu Humus beteiligt sind Futter und ja, insbesondere Eiweiße, Kohlenhydrate, Fette ...

        • @Silke:

          Ich freue mich, dass ich jemanden finde, der sowohl Herrn Pommeresche als auch Herrn Henning gelesen hat. Das, was bei Herrn vergessen und auch Henning auf Nachfrage bestätigt, ist, dass die Aufschlüsselung von Biomasse durch Tiere eine bedeutende Verwertung ist und Anreicherung des Bodens ist. Nicht zu vergessen ist, dass die Artenvielfalt steigt, da auch Bakterienstämme und Pilzstämme sich ansiedeln, die Mist zersetzen. Und Minderwertige Nährstoffe ist es mitnichten. Machen Sie doch mal den Vergleich, düngen sie vegan (und zwar ehrlich vegan!) und holistisch mit dem Mist von Tieren. Die Nährstoffdichte in den Erzeugnissen ist dann höher.

        • @Silke:

          "unter anderem wie sich Pflanzenzellen Proteinmoleküle sogar Bakterien einverleiben."

           

          Und weiss der kluge Mann auch wie hoch der Anteil der Einweisse am Biomasseaufbau ist? Und Sie? Keine Sorge, ich weiss schon was Endozytose ist.

           

          "Zudem benötigen auch die Bodenlebewesen, welche ja maßgeblich an der Nährstoffversorgung / Umwandlung von Pflanzen zu Humus beteiligt sind Futter und ja, insbesondere Eiweiße, Kohlenhydrate, Fette ..."

           

          Ist mir bewusst, nur wenn die Nitrate, Phosphate, etc. bereits so verabreicht werden, bedarf es keiner Umwandlung durch Bakterien (, die im Boden auch so gut wachsen, da bedarf es keine vegane Landwirtschaft).

          • @klarkopf:

            @KLARKOPF:

             

            "nur wenn die Nitrate, Phosphate, etc. bereits so verabreicht werden, bedarf es keiner Umwandlung durch Bakterien (, die im Boden auch so gut wachsen, da bedarf es keine vegane Landwirtschaft)."

             

            Natürlich geht das, nur haben ein Viertel der deutschen Trinkwasserbrunnen ein Problem mit erhöhten Nitratwerten (die Süddeutsche berichtete: Quelle http://bit.ly/1eyNxsf) und auch Phosphate sind zu kostbar, als dass sie aus dem Boden gewaschen werden. Hier ist der aus organische Masse gebildete Humus auch auf leichten Böden wie rund um Lüneburg der Schlüssel, der als Nährstoffspeicher und -puffer fungiert.

             

            Auch für das Bodenleben ist Humus immens wichtig, denn leider gedeihen Mikroorganismen in humusarmen Böden nur schwerlich, was sich wiederum negativ auf das Wurzelwachstum auswirkt, Stichwort Mycorhizza, die Bodenbiologie beginnt gerade erst diesem symbiotischen Geflecht aus Bakterien, Pilzen und Pflanzenwurzeln auf den Grund zu gehen.

             

            Gut durchwurzelte, humusreiche Böden sind auch gegen Erosionsgefähr gewappnet und nehmen Wasser schneller auf und speichern es besser (laut EU-Agrarkommission sind 52,3% der europäischen Böden von Wassererosion und 19,3% von Winderosion betroffen, Quelle: http://bit.ly/1n8TkZw).

             

            Zudem wird auch das Potenzial von Böden als CO2-Senke diskutiert. Dies alles sind gute Gründe für eine intensive Humuswirtschaft, die nur über eine Bodendüngung (statt einer flüssigen Pflanzendüngung mit Gülle oder Jauche) realisiert werden kann.

             

            Um das zu verstehen, muss man den Boden jedoch erstmal als Lebensraum begreifen und aufhören, ihn wie eine beliebig ausbeutbare wirtschaftliche Ressource zu betrachten.

  • Danke! Damit ist endlich der Schwachsinn widerlegt, den ich mal in der Zeo2-Kostprobe lesen musste. Werbung war das nicht für das Blättchen...

  • Diese „pflanzlichen Düngepellets“ werden aus Nebenprodukten der Lebensmittelindustrie hergestellt, die ansonsten zu Viehfutter verarbeitet würden. Das damit erzeugte Fleisch gäbe es quasi umsonst, wenn man nicht gerade auf dem Veganertripp wäre.

    Zudem müssen die als Ausgangsmaterial genutzten Pflanzen an anderer Stelle wachsen – und gedüngt werden. Also ein Nährstoffkreislauf ist das nicht, es werden nur Nährstoffe von A nach B geschleppt. Und das, umgerechnet auf das erzeugte Produkt, mit einer enormen Ressourcenverschwendung. Dafür dann der „etwas“ höhere Preis.

    • @ko99421:

      Die Argumentation hinkt.

       

      Erstens, das Fleisch gäbs absolut nicht umsonst. Für 1kg Fleisch werden 8-12kg pflanzliche Biomasse benötigt (und 5000-15000l wasser). In Argentinien und Brasilien gehen für den Soja-Anbau 16 Millionen Ha Fläche drauf. Nur um den Europ. Bedarf nach tierischen Produkten zu decken (diese bekommen idR Kraftfutter, aus Soja)

       

      Zweitens, der Hof würde die Pellets sicherlich auch gern selbst herstellen, aber dafür reichen 4ha Fläche nicht. Und wie du bereits anmerktest, handelt es sich um NEBENprodukte, also Reststoffe wovon eben kein Viehfutter hergestellt wird.

       

      Drittens, findet die viel größere Nährstoffentkopplung doch in der nicht bio(veganen)-Landwritschaft statt. Auf der einen Seite sind riesige Gülleüberschüsse (Niedersachsen), auf der anderen ein enormer Stickstoffbedarf (Maismonokulturen).

      • @Robin Dörks:

        Nein, die hinkt nicht!

        Für Masthähnchen werden ca. 1,7 Kg Futter pro Kilo benötigt, bei Schweinen ist es 1 Kg mehr. Das wäre proteinreiches Futter und (bevor man verhungert) auch zur menschlichen Ernährung geeignet.

        Diese ominösen 8 – 12 Kg beziehen sich auf Rinder die ein gänzlich anderes Verdauungssystem haben. Daher werden 8 – 12 Kg Gras nicht einen einzigen Menschen vor dem Verhungern bewahren. Der Mensch hat nur die Möglichkeit, Gras über Viehhaltung für seine Ernährung nutzbar zu machen.

        Zum Gärtnerhof: Genau, wenn der seine Düngerpellets selbst erzeugen täte, dann würde das Dilemma erst richtig deutlich.

        Geben wir ihm doch noch mal 4 ha für den Düngerpelletanbau dazu. Seine Gemüseproduktion steigt dadurch nicht an, also halbiert sich sein Hektarertrag. Das ist aber noch nicht das Schlimmste, der so gewonnene Dünger wird kaum ausreichen, die Gemüse- und die Düngeranbaufläche zu versorgen, er muss also weiterhin Dünger zukaufen.

        Die konventionelle Landwirtschaft hingegen behauptet nicht, das ökologische Perpetuum mobile erfunden zu haben. Sie erzeugt einfach mit möglichst geringem Aufwand Höchsterträge und ist dadurch unterm Strich nachhaltiger.

        • @ko99421:

          Bei der Rindermast sind allgemeine Aussagen weniger deutlich zu treffen, zu unterschiedlich sind die Mastarten. Dennoch: der Futterbedarf beim Rind bezieht sich mitnichten auf Gras alleine. Im Mittel kann man von 2,5kg Kraftfutter und 4-5kg Grundfutter pro Tag ausgehen. Je nach Mastart verschiebt sich dieses Verhältnis. Da kann man keine verallgemeinernde Aussage treffen, allein nur, dass je intensiver ein Rind gemästet wird, der Anteil und die Menge des Kraftfutters an der täglichen Futterration steigt (relativ wie absolut bis etwa 8kg TS pro Tag, abnehmend mit steigendem Lebendgewicht)(4). Auch hier fällt der große Anteil an Ackerfutter ins Auge.

           

          Es bleibt festzustellen, dass ein erheblicher Anteil des Energiebedarfs eines Tieres in der Rindermast ebenfalls aus dem Ackerbau stammt.

           

          Warum? Weil sich extensive Weidemast wirtschaftlich so problematisch ist. Das Dilemma liegt an Folgendem: nutzt man Intensivgrünland ist zwar die Proteinversorgung aus dem Grünland hoch und die Kraftfutter-Zufütterung gering, nutzt man aber extensives Grünland, so ist der Rohprotein-Anteil des Grundfutters gering und man muss mehr Kraftfutter zufüttern. In beiden Fällen wird in veränderlichen hohen Anteilen Ackerland benötigt.

           

          Ackerland, dass für den Anbau menschlicher Lebensmittel genutzt werden könnte.

           

          Nochmal zurück zum Schwein: für die Herstellung eines Schweinebratens benötigt man ca. 3,12m² Boden. Der Anteil der Fleischbestandteile daran ist 2,23m² (5), was ziemlich präzise wiederum o.g. 70% sind.

           

          Ihre Annahme, dass Masthähnchen- und Schweinefleischproduktion für den Menschen nicht nutzbare Fläche oder Restprodukte nutzbar macht, wäre damit wiederlegt.

           

          Quellen: s.o.

        • @ko99421:

          Der Vergleich hinkt doch.

           

          Nehmen wir an, dass wir 250kg Kraftfutter einsetzen müssen um ein Mastschwein (die Ferkelaufzucht lassen wir mal aussen vor) in 120 Tagen zur "Schlachtreife" mästen, dann haben wir ein Nettoergebnis von 27 MJ ME Futterbedarf (eingesetzter Energie im Futter) (1) pro 10 MJ/kg Schweinefleisch (mittelfett) (2). Das Kraftfutter stammt zu ca. 70% aus Ackeranbau (1)(3).

           

          Vergleicht man das eingesetzte Rohprotein pro kg Kraftfutter mit dem erzeugten Rohprotein für o.g. kg Schweinefleisch ergibt sich ein Faktor von 1. Oder anders gesagt: von 180g aufgewendetem Rohprotein pro kg Schweinefleisch werden lediglich 54g aus der von Ihnen erwähnten Lebensmittelindustrie nachhaltig beigesteuert. Die restlichen 126g kommen aus dem globalen Ackerbau und verursachen dort Flächenverbrauch, Wasserknappheit und Hunger.

           

          Der Gärtnerhof verwendet übrigens nur ca. 30dt/Jahr Pelletdünger für die Kopfdüngung der Starkzehrer-Kulturen. Der Rest des Stickstoff-Bedarfs wird über die Fruchtfolge und die Gabe von selbst hergestelltem Kompost zur Verfügung gestellt. Das sind etwa 150kg N. Die gleiche Menge N wie 200-300dt (20-30m³) Gülle enthalten. Mit dem kleinen Unterschied, dass die Gülle so gut wie nichts zur Humusbildung beiträgt, die Pellets hingegen mit einem Anteil von 85% (z.B. Maltaflor) langsam verfügbarem N hingegen schon.

           

          Bleibt festzuhalten: die Tierhaltung raubt Ackerflächen und damit Ressourcen, die für die lokale Versorgung von Menschen mit pflanzlichen Nahrungsmitteln fehlen.

           

          Quellen:

          (1) http://bit.ly/1tl99RD; S.2, S.4

          (2) http://bit.ly/1n9iI1a

          (3) http://bit.ly/1tl9BQ7; S.23

          (4) http://bit.ly/1rm866y

          (5) http://bit.ly/1n9HONA; S.27

        • @ko99421:

          Zu ihrem Hauptbeitrag: Auch bei Bio-Landwirtschaft mit Tierhaltung gibt es keinen geschlossenen Nährstoffkreislauf und werden Nährstoffe von A nach B verschoben.

          Für Tierproduktion werden zudem mehr Ressourcen verschwendet als für Pflanzenproduktion.

          Zu ihrer Antwort auf Robin Dörks:

          Ihre Aussage "Der Mensch hat nur die Möglichkeit, Gras über Viehhaltung für seine Ernährung nutzbar zu machen" ist schlicht falsch: Gras findet auch in veganer Landwirtschaft Anwendung. Die darin enthaltenen Nährstoffe können z.B. in Form von Heumulch, kompostiert oder gar als Rückstände aus einer Graskraftanlage für den Pflanzenbau nutzbar gemacht werden und somit der Menschenernährung dienen. Es gibt nebenbei auch etwas exotischere Ansätze, Gras auf direkterem Wege als Nahrung für Menschen zu nutzen: http://www.akt-mitweltethik.de/images/texte/HGGVortrag2011.pdf

          Zum Gärtnerhof-Düngerargument: Ich halte es für eine plumpe Behauptung, dass bei zusätzlicher Anbaufläche nur für Düngepflanzen trotzdem noch (genausoviel) Dünger zugekauft werden müsse - ein Problem würde hier wohl eher die Fruchtfolgegestaltung sein. Ich denke eher, dass der Pelletdünger z.B. durch selbst angebautes Ackerbohnenschrot ersetzt werden könnte.

          Anstatt also Ackerbohnen an Tiere zu verfüttern können damit Starkzehrer-Pflanzen wie Kohl produziert werden.