piwik no script img

Billigrechner als BildungsmittelDer 17-Euro-Computer

Britische Informatiker bauen einen Miniatur-PC, für den man nur noch einen Bildschirm und eine Tastatur benötigt. Das billige Linux-System soll in Schulen eingesetzt werden.

Was für die kreative Schulstunde: Der Raspberry Pi mit einem angesteckten 12MPixel Kamera-Modul Bild: Raspberry Pi Foundation

Auf den ersten Blick sieht der Raspberry Pi aus wie eine zu groß geratene Streichholzschachtel oder ein aufgeblasener USB-Stick. Und doch enthält die kleine Box einen vollständigen PC mit stromsparendem ARM-Prozessor, Speicher, USB-Anschluss und einem Ausgang für Fernseher.

Benötigt werden nur noch ein kostengünstiger Bildschirm, eine Tastatur sowie eine Maus, und schon läuft nach dem Einschalten ein einfach zu bedienendes Ubuntu-Linux-System. Mit dem kann man beispielsweise per Firefox/Iceweasel im Web surfen oder per Libre Office Bürodokumente verfassen.

Spektakulär am Raspberry Pi, der von britischen Informatikern um den Spieleentwickler David Braben in ihrer Freizeit entwickelt wurde, ist vor allem der Preis: 15 Pfund, also gut 17 Euro, kostet der Miniatur-Rechner. Die Briten wollen damit nicht nur Bastler anziehen, die auf der Basis des Raspberry Pi Hausvernetzungen, Energiemonitoring oder gar die Steuerung von Motoren bewerkstelligen könnten.

Der Mini-PC soll auch im Bildungsbereich Verwendung finden. "Uns geht es darum, das Lernen im Informatiksektor anzukurbeln und das insbesondere in der Schule. Lernen am Computer soll wieder Spaß machen", schreiben die Verantwortlichen, die eine eigene Stiftung gegründet haben und sonst bei bekannten britischen IT-Firmen arbeiten.

Projekt Raspberry Pi

Das Projekt Raspberry Pi ähnelt dem wesentlich umfangreicheren "One Laptop per Child"-Vorhaben (OLPC), das seit Januar 2005 an einem Bildungslaptop für Entwicklungsländer arbeitet und ein erstes, ebenfalls Linux-basiertes Gerät seit 2007 verkauft. Allerdings ist der OLPC-Rechner mittlerweile technisch veraltet, und es bleibt unklar, wann ein Nachfolger, der vermutlich als Tablet-PC gebaut werden soll, auf den Markt kommen wird. Einige Prototypen hat das OLPC-Projekt bereits vorgestellt.

Der Raspberry Pi verfolgt einen etwas anderen Ansatz, weil es sich dabei nicht um ein vollständiges PC-System handelt. Der Computer lässt sich also nicht einfach an Schüler ausgeben, denen Tastatur, Maus und Bildschirm noch fehlen. Die Kosten für diese Geräte sind allerdings verhältnismäßig gering, zumal man auch ältere Modelle verwenden kann. Selbst Fernseher mit einfachem Composite-Anschluss werden unterstützt. Das erinnert an die Heimcomputer der 80er Jahre - auch damals besaßen die wenigsten Nutzer Spezialbildschirme für ihren Rechner und nutzten stattdessen das im Haushalt vorhandene TV.

Immerhin 700 MHz Prozessorleistung und 128 Megabyte Hauptspeicher bringt der Raspberry Pi mit. Seine Hardware ist schneller als die des Original-iPhone. Selbst die Grafikausgabe mit OpenGL und einer Auflösung von bis zu 1080p kann sich sehen lassen. Abgelegt werden die Daten auf einer einsteckbaren SD-Speicherkarte. Diese muss zum Preis ab fünf Euro allerdings noch zusätzlich gekauft werden.

Einfach zu bedienende Software-Oberflächen

David Braben ist sich sicher, dass er mit dem Gerät die avisierte Zielgruppe erreicht. "Damit kann man programmieren, lernen, aber auch Facebook oder Twitter nutzen", sagte er der britischen BBC. Schüler könnten erfahren, wie ein PC funktioniere. "Heute wird die Technik gerne versteckt. Es gibt eine Barriere zwischen dem Nutzer und dem wirklich Interessanten und Kreativen." Er hoffe, dass der Raspberry Pi dabei helfe, diesen Umstand zu verändern. "Aus Konsumenten sollen Kreative werden." Dafür planen die Informatiker einfach zu bedienende Software-Oberflächen, mit denen Schüler beispielsweise lernen können, wie man Daten filtert und kleine Programme schreibt.

Die Macher träumen davon, den Mini-PC in die Hände möglichst vieler Kinder und Jugendlicher gelangen zu lassen. "Im Prinzip könnte man das Gerät auch verschenken, wenn man alternative Finanzierungsmodelle hinbekommt." Dann sei es egal, ob ein Kind arm oder reich sei. Braben und dem Rest der Raspberry-Pi-Mannschaft geht es aber auch darum, den Informatikunterricht zu verändern: Statt nur Office-Programme oder das Tippen zu lernen, soll das Programmieren wieder gefragt sein. Momentan arbeiten Braben und sein Team an einem Raspberry-Pi-Rechner, der in die Massenproduktion gehen könnte.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

17 Kommentare

 / 
  • S
    system

    Man sollte die Absicht des Dings nicht vergessen: Es soll ein kleiner,günstiger, leistungsfähiger und sparsamer Rechner ohne Schnickschnack sein. Darauf werden Browser und Textverarbeitung laufen, und das reicht den meisten DAUs auch. Ob da jetzt Word oder Abiword läuft, ist doch erstmal zweitrangig. Wenn es jetzt ein Auto gibt, dass nur 1000 Euro kostet, 50 PS besitzt und 1l Sprit verbraucht, kann man sich da beschweren, dass es kein Radio hat? Ich finde den Mini-Rechner saugeil und überlege trotz fehlenden "Informatiker"-Wissens, mir so ein Ding für DEN Preis mit DER Leistung zuzulegen. Vielleicht bastel ich mir n Tablet???

  • M
    Max

    Ich weiß nicht was sich da alle so an der Rechnerleistung aufhängen...der Computer mit dem ich das hier schreibe hat auch nur 700 Mhz und 384 MB RAM (immerhin drei Mal so viel wie der 17 Euro Computer...)und Internet (Firefox) geht und Word geht und Windows XP und Ubuntu geht und sogar Open Office geht wobei mir das dann doch etwas lange gedauert hat bis das startet aber es gibt ja auch Abi Word...man kann sogar Filme schauen, egal ob on- oder offline...

  • C
    Christoph

    700 MHz und 128MB Ram und damit kein Office geschweige denn "Textverarbeitung" laufen lassen können? Was habt ihr die letzten Jahre getrieben? Erst seit 2 oder 3 Jahre im Thema Computer aktiv?

     

    Wie Enzo Aduro so schön sagte: "Mein erster PC hatte 350 Mhz und 64 MB. Und da lief Word etc. flüssig."

     

    Textverarbeitung gibt es nicht erst seit ein paar Jahren und vor der Jahrtausendwende hat man sich schließlich mit schlankeren Systemen zufrieden geben müssen. Das Surfen kann nur zum Problem werden, weil viele Seiten zu viele Bilder und zu viele Gimmicks einbringen. Nach dem Motto: "Warum die immer schneller werdenden Netzanbindungen effektiv nutzen, wenn wir stattdessen ohne Ende Grafiken, Multimedia und Werbung unterbringen können!?!"

  • Z
    zynic

    Doch, das geht sogar hervorragend, ganz ohne popups und bugs und braucht tatsächlich außer nem linux grundsystem tatsächlich nur vim (1991) und lynx (1992).

  • EA
    Enzo Aduro

    @Stevie

    Mein erster PC hatte 350 Mhz und 64 MB. Und da lief Word etc. flüssig.

     

    Und mit dem Internet ist das so eine Sache. Weil das ja immer nach der Technik deer Masse läuft. So sind heute überall Bilder und Videos drin. Da wird nie ein Billigrechner mithalten können, weil der ja mit 1000 Euro Rechnern mithalten muss.

  • T
    taketable

    @ von Stevie

    Du hast wohl eine falsche Vorstellung von Linux.

    Klar läuft das neueste Ubuntu direkt von der Downloadseite recht schlecht auf solch einer Hardware. Baut man aber die ganzen unnötigen Treiber, Dienste usw... aus läuft sicher alles notwendige für ein "normales" System. Außer Flash aber wer braucht das schon ;)

    In übrigen ist es auch eher für kleinere Anwendung wie zb. programmieren gedacht.

  • T
    Thomas

    "700 MHz Prozessorleistung" sagt etwa soviel wie "das Fahrrad hat 123 Kettenglieder Leistung". Allenfalls mit Angabe der Modellnummer des Prozessers könnte ein Insider daraus etwas ablesen. Tauscht das bitte gegen eine Angabe in "MIPS (entspricht etwa 1000000 Rechenoperationen pro Sekunde)", "MIPS Dhrystone (...)", "MFLOPS (...)" oder "MFLOPS Whetstone (...)". Der Vergleich mit dem iPhone hilft vielleicht etwas, aber nur sehr beschränkt, wenn man dieses nicht hat.

  • J
    Joucken

    Wir haben früher auf einem Celeron-Prozessor mit 400 MHz Filme geschnitten. Dann werden die Herren Informatiker mit 700 MHz wohl einfache Textverarbeitung zum laufen bringen, oder? Muss man halt die Animationen abstellen.

  • W
    Wüterich

    @Stevie

    Kann Ihre Kommentarmeinung leider nicht teilen.

     

    Es ist immer auch eine Frage der Optimierung des Betriebssystems, der Distribution und der im Einzelnen verwendeten Benutzeroberfläche/Anwendungssoftware.

     

    Schauen Sie sich die zahlreichen Android(=Linux)-Smartphones an. Wenn man damit nicht wenigstens enigermaßen störungsfrei mit einem grafischen Webbrowser im Internet surfen könnte, würden sich die Teile wohl kaum verkaufen.

     

    Und die Distribution Ubuntu etwa basiert auf Debian - dessen Entwickler sind von Haus aus darauf bedacht, keine überfrachteten Gimmicks und sonstige Ressourcenfresser zu implementieren. Auch mit 700 MHz und 128 MB RAM (wobei der Abreitsspeicher unter Linux generell schon eine wichtige Größe ist, aber mit 128 MB kann man auch heutzutage m.E. noch durchaus stabil arbeiten, wenn das System darauf ausgelegt ist) dürfte da noch einiges drin sein, auch in der Textverarbeitung (dafür kann man unter Linux ja zwischen einer ganzen Reihe an Programmen wählen). Und wer auf eine noch schlankere DIstriobution, etwa DSL/Damn Small)-Linux zurückgreift, dürfte noch einmal schneller dran sein.

     

    Also - durchaus ein interessantes Teil - bei dem Preis sowieso - , mit sicherlich auch meine Wenigkeit liebäugeln wird.

  • SS
    Sicher, Stevie

    diesen Umstand wird ein Haufen Fachinformatiker sicher einfach so übersehen haben... nee, is klar

  • N
    naufragio

    @stevie: Das ist allerdings eine Ferndiagnose.

  • DF
    der finne

    @Stevie:

    ziemlicher quatsch, den sie da erzählen.

    z.b. der prozessor im iPhone taktet mit weniger als 700mhz. schon mal damit "im www" gebraust? funzt super, sogar mit ausgabe auf die full hd glotze.

    die 128 mb ram sind zwar nicht der oberburner, aber eine textverarbeitung bekommt man damit locker gestemmt.

    setzen, sechs!

  • S
    stocky

    Das ist so nicht unbedingt richtig. Im Linuxbereich.gibt es zahlreiche Anwendungen, vom Fenstermanager bis zur Bürosuite, die auch mit schwächerer Hardware gut klar kommen. Ein spannendes Projekt, das man sich sicher auch in der Entwicklungszusammenarbeit mal anschauen sollte...

  • A
    a.r

    Textverarbeitung und Browser laufen auch darauf flott genug. Freilich nicht mit einer vollen Bürosuite wie LibreOffice oder mords HD-Flash-Animationen, das ist aber auch gar nicht beabsichtigt. (Auch die meisten Privatnutzer hierzulande wären etwa mit AbiWord vollauf bedient.)

     

    Ein Kernproblem ist vielmehr schlicht und einfach die Stromversorgung. Das Ding hat diesbzgl. überhaupt nichts und deren Kosten sind nicht vernachlässigbar, auch nicht wenn das Teil sehr wenig Strom verbraucht. Zudem kann ein USB-Port nur begrenzt Strom weitergeben, auch der zusätzliche USB-Hub wird also eine extra Versorgung brauchen, wenn neben Netzwerkanbindung (zumindest falls diese kabellos sein soll) – dem zweiten großen Problem – dort noch etwas anderes als eine Tastatur & mechanische Maus angeschlossen sein soll.

     

    Übrigens steht auf der Website vor der Preisangabe ein doch bemerkenswertes "expected". $25/€17 ist also ein Schätzwert – ebenso wie $35 für Indiens Tablet, das zwar günstiger als der OLPC XO-1, aber auch nicht das Gelbe vom Ei ist (etwa ein Drittel der CPU-Leistung und durch den Bildschirm vllt. ein Zehntel der Akkulaufzeit).

  • W
    Werner

    Zitat: >>Dafür planen die Informatiker einfach zu bedienende Software-Oberflächen..

    ... das ein Widerspruch, wie jeder an unzähligen Beispielen erfahren durfte: Fahrkartenautomaten, Windows, Linuxe etc. etc.

    Trotzdem eine gute Idee..für Bastler.. die Mehrheit will sicherlich einfach zu nutzende Rechner/interfaces.

  • D
    dudeldü

    @Stevie:

    Das hängt nun von der verwendeten Oberfläche ab. Mein Netbook (mit Ubuntu und LXDE als Desktopoberfläche) der ersten Generation besitzt 1Ghz und 512Mb und es lässt sich durchaus damit arbeiten und surfen. Flashvideos laufen damit aber natürlich nicht ruckelfrei.

     

    128MiB sind allerdings wirklich wenig, so dass ich den flüssigen Einsatz von LibreOffice auch anzweifle. Vielleicht laufen aber Gnumeric und Abiword noch zufriedenstellend.

  • S
    Stevie

    "Immerhin 700 MHz Prozessorleistung und 128 Megabyte Hauptspeicher bringt der Raspberry Pi mit."

    Damit läuft nicht einmal einfache Textverarbeitung unter Linux ruckelfrei. Vom Browsen im WWW ganz zu schweigen.