Billigrechner als Bildungsmittel: Der 17-Euro-Computer
Britische Informatiker bauen einen Miniatur-PC, für den man nur noch einen Bildschirm und eine Tastatur benötigt. Das billige Linux-System soll in Schulen eingesetzt werden.
![](https://taz.de/picture/268117/14/raspberrypi.20110510-16.jpg)
Auf den ersten Blick sieht der Raspberry Pi aus wie eine zu groß geratene Streichholzschachtel oder ein aufgeblasener USB-Stick. Und doch enthält die kleine Box einen vollständigen PC mit stromsparendem ARM-Prozessor, Speicher, USB-Anschluss und einem Ausgang für Fernseher.
Benötigt werden nur noch ein kostengünstiger Bildschirm, eine Tastatur sowie eine Maus, und schon läuft nach dem Einschalten ein einfach zu bedienendes Ubuntu-Linux-System. Mit dem kann man beispielsweise per Firefox/Iceweasel im Web surfen oder per Libre Office Bürodokumente verfassen.
Spektakulär am Raspberry Pi, der von britischen Informatikern um den Spieleentwickler David Braben in ihrer Freizeit entwickelt wurde, ist vor allem der Preis: 15 Pfund, also gut 17 Euro, kostet der Miniatur-Rechner. Die Briten wollen damit nicht nur Bastler anziehen, die auf der Basis des Raspberry Pi Hausvernetzungen, Energiemonitoring oder gar die Steuerung von Motoren bewerkstelligen könnten.
Der Mini-PC soll auch im Bildungsbereich Verwendung finden. "Uns geht es darum, das Lernen im Informatiksektor anzukurbeln und das insbesondere in der Schule. Lernen am Computer soll wieder Spaß machen", schreiben die Verantwortlichen, die eine eigene Stiftung gegründet haben und sonst bei bekannten britischen IT-Firmen arbeiten.
Projekt Raspberry Pi
Das Projekt Raspberry Pi ähnelt dem wesentlich umfangreicheren "One Laptop per Child"-Vorhaben (OLPC), das seit Januar 2005 an einem Bildungslaptop für Entwicklungsländer arbeitet und ein erstes, ebenfalls Linux-basiertes Gerät seit 2007 verkauft. Allerdings ist der OLPC-Rechner mittlerweile technisch veraltet, und es bleibt unklar, wann ein Nachfolger, der vermutlich als Tablet-PC gebaut werden soll, auf den Markt kommen wird. Einige Prototypen hat das OLPC-Projekt bereits vorgestellt.
Der Raspberry Pi verfolgt einen etwas anderen Ansatz, weil es sich dabei nicht um ein vollständiges PC-System handelt. Der Computer lässt sich also nicht einfach an Schüler ausgeben, denen Tastatur, Maus und Bildschirm noch fehlen. Die Kosten für diese Geräte sind allerdings verhältnismäßig gering, zumal man auch ältere Modelle verwenden kann. Selbst Fernseher mit einfachem Composite-Anschluss werden unterstützt. Das erinnert an die Heimcomputer der 80er Jahre - auch damals besaßen die wenigsten Nutzer Spezialbildschirme für ihren Rechner und nutzten stattdessen das im Haushalt vorhandene TV.
Immerhin 700 MHz Prozessorleistung und 128 Megabyte Hauptspeicher bringt der Raspberry Pi mit. Seine Hardware ist schneller als die des Original-iPhone. Selbst die Grafikausgabe mit OpenGL und einer Auflösung von bis zu 1080p kann sich sehen lassen. Abgelegt werden die Daten auf einer einsteckbaren SD-Speicherkarte. Diese muss zum Preis ab fünf Euro allerdings noch zusätzlich gekauft werden.
Einfach zu bedienende Software-Oberflächen
David Braben ist sich sicher, dass er mit dem Gerät die avisierte Zielgruppe erreicht. "Damit kann man programmieren, lernen, aber auch Facebook oder Twitter nutzen", sagte er der britischen BBC. Schüler könnten erfahren, wie ein PC funktioniere. "Heute wird die Technik gerne versteckt. Es gibt eine Barriere zwischen dem Nutzer und dem wirklich Interessanten und Kreativen." Er hoffe, dass der Raspberry Pi dabei helfe, diesen Umstand zu verändern. "Aus Konsumenten sollen Kreative werden." Dafür planen die Informatiker einfach zu bedienende Software-Oberflächen, mit denen Schüler beispielsweise lernen können, wie man Daten filtert und kleine Programme schreibt.
Die Macher träumen davon, den Mini-PC in die Hände möglichst vieler Kinder und Jugendlicher gelangen zu lassen. "Im Prinzip könnte man das Gerät auch verschenken, wenn man alternative Finanzierungsmodelle hinbekommt." Dann sei es egal, ob ein Kind arm oder reich sei. Braben und dem Rest der Raspberry-Pi-Mannschaft geht es aber auch darum, den Informatikunterricht zu verändern: Statt nur Office-Programme oder das Tippen zu lernen, soll das Programmieren wieder gefragt sein. Momentan arbeiten Braben und sein Team an einem Raspberry-Pi-Rechner, der in die Massenproduktion gehen könnte.
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