Billigflieger: Ryanair flüchtet vor Steuer
Wegen der neuen Ticketsteuer streicht Ryanair ein Drittel aller Verbindungen ab Bremen. Der Flughafen verliert dadurch 400.000 Reisende - ein Sechstel aller Passagiere
Die Expansion ist zu Ende. Nachdem das Streckenangebot der Billigairline Ryanair ab Bremen seit Jahren stetig wuchs, hat die Fluggesellschaft gestern massive Streichungen verkündet.
Mit Beginn des Sommerflugplans 2011 sollen ab Bremen 58 Flüge weniger pro Woche starten. Dies entspricht einem Rückgang um 29 Prozent. Dadurch verringere sich das Fluggastaufkommen ab Bremen um jährlich 400.000 Personen, so die Airline. Insgesamt verzeichnete der Bremer Flughafen 2009 rund 2,4 Millionen Passagiere. Ryanair will die Städte Alghero, Berlin, Danzig, Kaunas, Liverpool, Memmingen, Mailand und Trapani nicht mehr anfliegen. Ähnliche Streichungen gibt es bei den Flughäfen Weeze, Berlin und Hahn.
Die Fluggesellschaft begründete den Schritt mit der ab dem 1. Januar geltenden Ticketsteuer. Durch die von CDU und FDP eingeführte Abgabe werden Kuzstreckenflüge je Richtung um acht Euro teurer. "Das wird den Standort Deutschland massiv beschädigen", sagte Ryanair-Chef Michael OLeary. "Wir bedauern die Einführung dieser Steuer zutiefst." Er kündigte an, die abgezogenen Flugzeuge in Ländern zu stationieren, die keine Ticketsteuer erheben.
Der BUND in Bremen begrüßte hingegen den Schritt. "Diese Fliegerei ist extrem klimaschädlich", sagte der stellvertretende Geschäftsführer Georg Wietschorke. "Und wenn das Angebot da ist, darf man sich nicht wundern, wenn die Leute das annehmen." Statt immer darauf zu pochen, dass die Ryanair-Touristen so wichtig für den Bremer Frendenverkehr seien, "sollte man sich lieber Gedanken machen, ob man das Bahnangebot verbessert". Dies könnte durch die vom BUND seit langem geforderte Steuer auf Flugbenzin - vor allem auf Kurzstrecken - finanziert werden. "Das ist längst überfällig", sagte Wietschorke.
Beim Bremer Flughafen war die Stimmung gestern schlecht. Sprecher Florian Kruse beschränkte sich darauf, einige knappe, vorgefertigte Statements abzugeben. Demnach sei Bremen "weniger stark als andere" von den Ryanair-Kürzungen betroffen. Zudem arbeite man "mit Hochdruck" am Sommerflugplan 2011. Durch die Akquise neuer Airlines werde dieser dem bisherigen Angebot "an Attraktivität in nichts nachstehen". Welche Airlines das sein sollen, wollte Kruse nicht sagen.
Der Chef der Bremer Touristik-Zentrale (BTZ), Peter Siemering, nannte die Ryanair-Pläne "keine gute Nachricht". Sie kosteten die Bremer Hoteliers voraussichtlich 30.000 Übernachtungen im Jahr - ein Minus von rund 3 Prozent. "Das tut weh und das können wir nicht so einfach kompensieren", sagte Siemering. Bei den 400.000 Passagiere handele es sich real um 200.000 Personen, weil An- und Abflüge einzeln gezählt würden. Allerdings bleibe nur eine Minderheit von denen in Bremen - und dann durchschnittlich etwa 1,5 Nächte.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Israelische Drohnen in Gaza
Testlabor des Grauens
Proteste bei Nan Goldin
Logiken des Boykotts
Rekrutierung im Krieg gegen Russland
Von der Straße weg
Bundeskongress der Jusos
Was Scholz von Esken lernen kann
Schwedens Energiepolitik
Blind für die Gefahren
Bündnis Sahra Wagenknecht
Ein Bestsellerautor will in den Bundestag