Bildungsreform in Österreich: Volksbegehren nimmt Hürde
Es sind genug Unterschriften für ein Volksbegehren da, doch selbst der Initiator hält es für zu komplex. Es geht um Reformen im gesamten Bildungssektor.
WIEN taz | Erfolg oder Flop? Die Einschätzungen des österreichischen Bildungsvolksbegehrens gehen weit auseinander. Nur 6 Prozent der Wahlberechtigten hatten bis Donnerstag die Forderungen des Plebiszits unterschrieben.
Ein Volksbegehren, das von mindestens 100.000 Wahlberechtigten unterschrieben wird, muss im Plenum des Nationalrats behandelt werden. Diese Hürde wurde mit 383.820 Unterschriften zwar fast um das Dreifache übertroffen. Doch im Ranking der bisher 35 Volksbegehren kam es nur auf den enttäuschenden 17. Platz.
Dabei war noch nie eine Initiative von einer so breiten Plattform getragen worden. Auch Unterrichtsministerin Claudia Schmied (SPÖ) hatte zur Unterzeichnung aufgerufen, erhoffte sie sich doch Rückenwind für eine Schulreform. Initiator Hannes Androsch, Industrieller und früherer SPÖ-Finanzminister, sah dennoch "ein höchst respektables Ergebnis".
Für ihn ist es "ein Auftrag und eine Legitimation, dieses zentrale Anliegen für die Zukunft des Landes weiterzuverfolgen". Die verhaltene Mobilisierungskraft erklärte er damit, dass es bei den erfolgreichsten Plebisziten meist darum gegangen sei, etwas zu verhindern. Mit zwölf Forderungen sei sein Aufruf zu komplex.
Es geht um umfassende Reformen im gesamten Bildungssektor: mehr Autonomie im Schulbetrieb und bessere Qualitätssicherung, die Abschaffung der 50-Minuten-Stunde und des Sitzenbleibens. Schwache Schüler sollen nicht mehr in Sonderschulen abgeschoben, sondern gezielt unterstützt werden. In der Oberstufe sollen Kurssysteme eingeführt und insgesamt das Nachholen von Bildungsabschlüssen erleichtert werden.
Bis 2020 sollen Ganztagsschulen, in denen sich Unterricht und Freizeit abwechseln, die Norm werden. Durch innere Differenzierung soll jeder einzelne Schüler gefördert werden. Ausbildung und Bezahlung der Lehrer sollen vereinheitlicht, Kindergartenpädagogen aufgewertet und die Hochschulen besser finanziert werden.
Ministerin Schmied feierte kürzlich die geplante Ablösung der Hauptschulen durch die Neue Mittelschule als Erfolg. Zugleich triumphierte die ÖVP, weil die Gymnasien als Eliteinstitute erhalten blieben.
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