Bildungspolitik in Niedersachsen: Kein Ersatz für die Gesamtschule

Niedersachsens Pläne für eine neue Oberschule legen den Streit um das Schulsystem nicht bei. Dort fehle Zeit für gemeinsames Lernen, sagen Grüne und GEW.

Gähnende Leere in der Hauptschule: Die Oberschule soll es richten. Bild: dpa

Niedersachsen schafft endlich die Hauptschule ab, so schien es, als Kultusminister Bernd Althusmann (CDU) Ende Oktober sein Modell für eine "Oberschule" vorstellte: Haupt- und Realschulen sollten fusionieren und einen Gymnasialzug bilden können. Das ganze sei eine "Mogelpackung" kritisiert der GEW-Chef Eberhard Brandt und weiß sich mit dem Landeselternrat, den Oppositionsparteien sowie den Städte- und Gemeindevertretern einig.

Brandt bezieht seine Kritik auf Details, die der Minister der Presse und sein Staatssekretär im Landesschulbeirat bekannt gaben. Demnach ist in der Oberschule spätestens ab Klasse 6 eine Aufteilung der Kinder in den Hauptfächern nach Leistung geplant. Das heißt, es wird getrennt unterrichtet in Deutsch, Mathematik, Englisch, Fremdsprachen und Naturwissenschaften. Die Zeit für gemeinsamen Unterricht in Sport, Kunst, Religion und anderen Nebenfächern wird knapp, weil Hauptschüler Praxistage in Betrieben verbringen.

"Der gemeinsame Unterricht ist eine Randerscheinung, ist Killefitz", sagt Brandt. Den Eltern werde suggeriert, an dieser Schule könnten ihre Kinder auch das Abitur machen. Doch Voraussetzung für einen Gymnasialzweig werde sein, dass für die nächsten zehn Jahre mindestens 27 Schüler angemeldet werden. "Fachleute gehen davon aus, dass dies fast nirgendwo zustande kommt", sagt Brandt.

Die Oberschule sei ein Etikettenschwindel und nur der Versuch, die Neugründung weiterer Integrierter Gesamtschulen (IGS) auszubremsen, kritisiert auch Ina Korter, eine Schulpolitikerin der Grünen. Denn die Gesamtschulen haben sich, seit 2008 das Gründungsverbot aufgehoben wurde, mit 28 Neugründungen nahezu verdoppelt. Doch während eine Oberschule schon ab zwei Klassenzügen gebildet werden darf, sind für eine neue IGS mindestens fünf Züge vorgeschrieben. - Eine Schikane, gegen die sogar CDU-Ortspolitiker opponieren.

Althusmann hat versucht, den Konflikt zu entschärfen, und erklärt, Schulträger könnten IGS "ausnahmsweise auch vierzügig führen". Der Kultusminister und auch CDU-Ministerpräsident David McAllister würden hier vielleicht weiter gehen als der Koalitionspartner FDP, Teile der CDU und der Philologenverband. "Minister kapituliert vor Gesamtschullobby", wütete dieser.

Integrierte Gesamtschulen dürften nur als "Ergänzung" entstehen, sagt der FDP-Schulpolitiker Björn Försterling. Nach den Vorstellungen seiner Fraktion dürfte eine vierzügige IGS nur in Landkreisen entstehen, die noch keine haben oder dort, wo der einfache Fahrtweg zur nächsten IGS mehr als eine Stunde beträgt.

"60 Minuten ist zu weit", hält Brandt dagegen. "Das hilft den Gemeinden nicht, die ein Schulangebot vor Ort erhalten wollen." Außerdem hätten die bestehenden 60 IGS in diesem Jahr 3.600 Kinder ablehnen müssen.

"Für ländliche Regionen sind kleine IGS das zukunftsfähige Modell", sagt Korter und warnt vor der Oberschule als "Fehlinvestition". Am 30. November hat der Kultusminister zum nächsten Bildungsgipfel eingeladen. Korter: "Das kann er nur machen, wenn er etwas Neues präsentieren kann."

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