Bildung Die Eltern von Hunderten von Kindern stehen ohne Betreuung da. Die Lücken schließen soll eine bundesweite Firma: Kleine Kinder, großer Mangel
Die Eltern von 748 Kindern warten weiter auf einen Betreuungsplatz. Das teilte gestern die Bildungssenatorin den Mitgliedern des parlamentarischen Ausschusses „Frühkindliche Bildung“ mit. Die Eltern von 953 weiteren Kindern hoffen darauf, dass sie zum nächsten August einen Platz bekommen. Noch bis Ende nächster Woche können sie ihr Kind für das dann beginnende Kindergartenjahr anmelden.
Doch bereits jetzt ist klar, dass auch dann Hunderte Plätze fehlen werden, selbst wenn wie geplant 1.000 Drei- bis Sechsjährige und 320 Kleinkinder in sogenannten Mobilbauten untergebracht werden. Diese sollen größtenteils an Standorten aufgebaut werden, wo sich bereits Kindertagesstätten befinden beziehungsweise wo noch welche gebaut werden sollen. Für sechs Standorte wurden nicht kommunale Träger neu gesucht.
Wer den Zuschlag bekommen hatte, stellte die Bildungssenatorin gestern vor. Ein Standort ging an die bundesweit aktive „Kinderzentren Kunterbunt gGmbH“. Die Behörde habe sich für diesen schnell wachsenden privaten Anbieter entschieden, weil er bisher in Bremen nicht vertreten sei, heißt es in der Begründung. Das Unternehmen wirbt damit, besonders flexibel zu sein und bis zu 13 Stunden Betreuung am Tag anzubieten.
Die kinderpolitische Sprecherin der Fraktion Die Linke, Sofia Leonidakis, bezweifelt, dass die vorgestellten Planungen ausreichen werden, damit im August nicht wieder Hunderte Eltern leer ausgehen werden. Ob deshalb in Zukunft mehr Kinder in eine Gruppe aufgenommen werden sollen, sei gestern offen geblieben, sagt sie. „Das wurde weder bestätigt noch dementiert.“ In der Sitzungsvorlage heißt es dazu, es würden „kurzfristig weitere Maßnahmen umzusetzen sein“.
Auffällig ist, dass der Mangel an Betreuungsplätzen bei den Drei- bis Sechsjährigen größer ist als bei den Ein- bis Dreijährigen – bei denen der Nachholbedarf sehr viel größer ist, weil deren Eltern erst seit 2013 einen Rechtsanspruch auf Betreuung haben. Um diesen erfüllen zu können, hatte die damals zuständige Sozialsenatorin verfügt, dass schon Zweieinhalbjährige in die Gruppen für ältere Kinder wechseln sollen. Dadurch entstanden in den Kleinkindgruppen auf einen Schlag 1.700 Plätze – und in den Kindergartengruppen landen seitdem entsprechend mehr Kinder. Eine pädagogische Begründung gibt es nicht. KritikerInnen bemängeln, dass unter Dreijährige in den großen Gruppen mit 20 Kindern und zwei Erzieherinnen überfordert seien.
Die Regelung soll dennoch weiter gelten, sagte eine Sprecherin der Bildungssenatorin der taz. Eltern könnten aber einen Antrag stellen, dass ihr Kind in seiner Kleinkindgruppe bleiben darf. eib
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