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Bilanz von Anti-Alkohol-Kampagne„Komasaufen“ nimmt ab

Bilanz der Kampagne „Kenn dein Limit“: Exzessiver Alkoholkonsum nimmt bei den unter 17-Jährigen ab. Junge Männer aber trinken unverändert weiter.

Gewohnter Rausch: Bei jungen Männer änderte sich der Alkoholkonsum nicht. Bild: dapd

BERLIN taz | Der Anteil der Jugendlichen zwischen 12 und 17 Jahren, die mindestens einmal im Monat bis zum Vollrausch trinken, sank laut einer Studie binnen vier Jahren auf 15,2 Prozent in dieser Altersgruppe. Das gab die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) am Montag bekannt. BZgA-Chefin Elisabeth Pott und Gesundheitsminister Daniel Bahr (FPD) werteten dies als Erfolg der Kampagne „Alkohol? Kenn dein Limit“. Vor der Kampagne lag die Zahl bei 20,4 Prozent, im Jahr 2004 bei 22,6 Prozent.

Drei Jahre liefen Kinospots gegen „Komasaufen“ von Kindern und Jugendlichen. Plakate zeigten die Auswirkungen des Vollrauschs, junge Menschen erinnerten im Auftrag der Kampagne trinkende Jugendliche an ihr „Limit“. Bei Mädchen und Jungen im Alter zwischen 12 und 17 Jahren und bei jungen Frauen über 18 hat das laut der repräsentativen BZgA-Studie zu einem gemäßigteren Trinken geführt.

Junge Männer trinken dagegen praktisch unverändert weiter: Jeder zweite 18- bis 25-Jährige hat sich laut Studie in den vergangenen 30 Tagen in einen Rausch getrunken. Damit ist exzessives Trinken doppelt so verbreitet wie bei gleichaltrigen jungen Frauen.

„Anscheinend gehört Alkoholtrinken noch immer in das männliche Rollenbild“, sagt Pott. Aus diesem Grund wird die Kampagne mit einer leicht veränderten Strategie fortgeführt. Die Plakatmotive, der Kinospot und die Internetseite richten sich nun nach den Geschlechtern.

„Wir verlangen keine Abstinenz“

Die neuen Plakate beispielsweise zeigen, welche Folgen mit zu hohem Alkoholkonsum verbunden sein können: von peinlichen Situationen über gewalttätige Auseinandersetzungen bis hin zum Krankenhausaufenthalt. Laut Bahr sei auch der Alkoholmissbrauch bei Erwachsenen bedenklich, aber bei Jugendlichen sei eine Verhaltensänderung leichter zu bewirken.

„Wir verlangen keine Abstinenz, aber die Jungen müssen lernen, verantwortungsvoll mit Alkohol umzugehen.“ Größtenteils wird die Kampagne vom Verband der privaten Krankenversicherung finanziert, der von 2009 bis 2013 rund 50 Millionen Euro bereitstellte.

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3 Kommentare

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  • Therapie plus Hypnose?

    Die staatlichen Kampagnen gegen Alkoholsucht scheinen nicht zu funktionieren. Sie spreechen auch nur die an, die gefährdet sind, oder sein könnten und nicht die, die schon im Teufelskreis gefangen sind. Ich möchte Vorschlagen mal Kampagnen von indirekt Betroffenen zu probieren, die zwar auch die Strukturen von Alkoholikern übernehmen, von Koabhängigen. Kann es sein, ich kenn mich da zu wenig aus, das Koabhängige mit der Zeit dazu neigen selbst zu Alkoholikern zu werden, weil sie das auf Dauer emotional nicht verkraften, sich ständig wegen der emotionalen Abhängigkeit zu den Geliebten Menscjhen der alkoholkrank ist konfrontiert zu sein? Insbesondere Jugendliche, deren Eltern und Freunde könnten so der Versuchung erliegen. Ko abhängige leiden aber nicht, wie Alkoholkranke an zunehmender Willenlosigkeit und sind deshalb zu Vernunft und Einsicht, Disziplin und konsequentem handeln fähig, glaube ich. Die größte Schwierigkeit vom Alkohol loszukommen, ist glaube ich gar nicht der Entzug, sondern nachher ein Lebenlang trocken zu bleiben. Ein erfolgsversprechender Ansatz , so habe ich überlegt könnte Hypnose sein. Mit ähnlichen Techniken zur Beeinflussung des Unterbewußtseins habe ich mich beschäftigt. Sie könnten, nach dem Entzug dem Alkoholkranken eine realistische Perspektive geben, tatsächlich ein Leben lang keinen Alkohol mehr trinken zu wollen, weil er nicht mehr schmeckt, im Gegenteil. Mam könnte als „Ersatzdroge“ dem Patienten auch zB. Kirsch, oder Tomatensaft, oder meinetwegen Käsekucheneingeben. Ich kann mir vorstellen, das dies auch schon ausprobiert worden ist und eventuell zu katastrophalen Ergebnissen geführt hat, weil das Problem, weshalb man Alkoholkrank geworden ist nicht löst. Das heißt, sollte man diesen Weg gehen muss unbedingt eine Therapie den Prozess begleiten, in der man vor allem lernt mit seinen emotionalen Spannungen anders umzugehen, als sie wegzutrinken.

  • R
    Renegade

    Soso, Erfolg der Kampagne? Gibt es auch einen Beleg dafür, oder ist das einfach spontan geraten?

  • S
    studi

    Das der Alkoholkonsum massiv ist zwischen 18- und 25 Jahren verwundert mich nicht. Ist dies doch die Zeit, in denen die meisten Menschen Ausbildung oder Studium machen, welche heutzutage aufgrund der Arbeitsmarktlage oft perspektivlos sind, sodass hemmungsloses Rauschtrinken die einzige Möglichkeit ist, um dem Moloch der Realität zu entfliehen. (Es hat ja nicht jeder sofort Kontakt zu Gras-Quellen und falls doch ist meist Alkohol die Variante mit weniger psychischen Auswirkungen). Auch in meinem Umfeld wird von 90% der Studierenden an mindestens 2 Tagen in der WOche sich so richtig die Kante gegeben, sei es aus Langeweile, sei es um danach bedenkenlos vögeln zu können, oder eben Perspektivlosigkeit.