Bikesharing in Berlin: Es rollt halt weiter
Der Sharing-Anbieter Nextbike will nicht für eine Straßen-Sondernutzung zahlen. Eine Entscheidung des Verwaltungsgerichts hat vorerst keine Folgen.
taz | Noch stehen – oder rollen – sie: Die Mietfahrräder des Unternehmens Nextbike sind bis auf Weiteres zu den üblichen Konditionen zu entleihen. Und das, obwohl das Berliner Verwaltungsgericht am Montag im Eilverfahren entschieden hat, dass die Räder „vorerst nicht mehr auf öffentlichem Straßenland des Landes Berlin zur Vermietung angeboten werden dürfen“, wie es in einer Pressemitteilung des Gerichts hieß. In der Welt der Rechtsstreitigkeiten bedeutet eben nicht alles das, was es zu bedeuten scheint.
Denn zwar ist das Gericht zu dem Schluss gekommen, dass Nextbike seine Fahrzeuge derzeit nicht rechtmäßig anbietet. Weil der Leipziger Sharing-Anbieter aber dagegen Beschwerde vor der Folgeinstanz – dem Oberverwaltungsgericht (OVG) Berlin-Brandenburg – eingelegt hat, verzichtet die Senatsverkehrsverwaltung einstweilen darauf, in Aktion zu treten. Wann wiederum das OVG entscheidet, ist offen.
Hintergrund des Konflikts: Im Juni hatte die CDU-geführte Senatsverwaltung klargestellt, dass der seit Jahren laufende Vertrag mit Nextbike nicht verlängert werden würde. Der enthielt eine Förderung von 1,5 Millionen Euro jährlich sowie eine Sondernutzungserlaubnis für das öffentliche Straßenland, wo die silbernen Räder auf Kundschaft warten. Im Gegenzug hatte Nextbike eine beträchtliche Anzahl Räder auch außerhalb des S-Bahn-Rings stationiert und ein attraktives Jahresabo angeboten.
Dieses Abo war ein erstes Opfer des Vertragsendes ab Juli, und auch die Preise für GelegenheitsnutzerInnen stiegen. Wie viele Räder Nextbike in den weniger lukrativen Außenbezirken abgezogen hat, ist derweil unklar: Das Unternehmen wollte sich am Dienstag auf taz-Anfrage „wegen des laufenden Verfahrens“ nicht äußern und teilte lediglich mit, sein Angebot sei „aus der Berliner Mobilität heute ebenso wie in Zukunft nicht wegzudenken“.
Sondernutzung kostet
Klar ist nur, dass Nextbike sich geweigert hatte, eine Sondernutzungserlaubnis zu beantragen und nach der geltenden Gebührenordnung genau wie die Konkurrenz von DB oder Lime pro Rad innerhalb des S-Bahn-Rings monatlich 3 Euro zu zahlen – bei insgesamt rund 6.500 Rädern, von denen der größte Teil im zentralen Bereich angeboten wird, kommt da auf jeden Fall ein sechsstelliger Betrag im Jahr zusammen. Daraufhin hatte die Verkehrsverwaltung den Abtransport der Räder verlangt.
Offenbar versuchte Nextbike, die VerwaltungsrichterInnen zu überzeugen, dass es sich bei seinem Angebot um keine Sondernutzung des Straßenlandes, sondern um „straßenrechtlichen Gemeingebrauch“ handle. Das Gericht sah das anders: Was für privates Abstellen gelte, lasse sich nicht auf ein Angebot zu gewerblichen Zwecken, zumal in großer Menge, übertragen. Weil die Räder zudem oft „verkehrsbehindernd auf Gehwegen“ stünden oder lägen, erschwerten sie sogar den Gemeingebrauch durch andere VerkehrsteilnehmerInnen.
Die Verkehrsverwaltung konnte Fragen der taz am Dienstag bis Redaktionsschluss nicht beantworten. Entscheidend ist unter anderem, ob Nextbike im wahrscheinlichen Fall des Scheiterns vor dem OVG umgehend eine Sondererlaubnis erhalten und seine Räder einfach auf der Straße lassen könnte.
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