Bibliotheksbesuch mit meiner Tochter: Schschschttt!

Zusammen mit meiner Tochter wollte ich „Petterson und Findus“ aus der Stadtbibliothek ausleihen. Aber die Bibliothekarin grätschte dazwischen.

Ein Rondell mit Büchern steht in der Zentralbibliothek in Bremen.

Kein Ort für Unterhaltungen: Stadtbibliothek, hier die von Bremen Foto: dpa | Carmen Jaspersen

Meine kleine Tochter Hatice schleppt mich wieder in die Stadt­bibliothek, um ihr Lieblingsbuch „Petterson und Findus“ vermutlich zum 58.ten Mal auszuleihen. Die Geschichte handelt von einem unglaublich vertrottelten alten Schweden und einer klugscheißerischen türkischen Katze.

Dieser rotzfreche Kater wurde von mir persönlich zum Türken erklärt, um der Geschichte etwas mehr Pep zu verleihen. Hatice ist nämlich von türkischen Katzen begeistert, die in Mülleimern hausen und in Restaurants die Menschen mit ihrem Gejaule so lange nerven, bis sie notgedrungen die Hälfte ihres Essens für sie unter den Tisch fallen lassen.

„Schschschtttt!“, ertönt es plötzlich streng quer durch die ganze Bibliothek. Ich schaue mich verwirrt um.

„Mein Herr, seien Sie bitte etwas leiser! Bedenken Sie doch, dass Sie sich hier in einer öffentlichen Bibliothek befinden“, werde ich von der Bibliothekarin ermahnt.

Eben wurden wir sogar von einem Klempner schief angeguckt, weil Hatice angeblich zu laut war.

„Schschschtttt! Wackeln Sie doch nicht so laut mit dem Stuhl! Die Besucher möchten hier nicht gestört werden!“

Seit wann herrschen denn in dieser Kinderbibliothek so strenge Sitten?

„Hatice, dieses Buch kennst du doch inzwischen rückwärts“, will ich sagen, aber bereits nach der ersten Silbe ertönt wieder ein eisernes „Schschschtttt!“, durch den Raum.

„Was ist denn, Papa?“

„Schschschtttt!“, werden wir wieder von der Bibliothekarin ermahnt, die bis gestern vermutlich im Hochsicherheitstrakt einer JVA tätig war.

Ich bücke mich sehr vorsichtig nach vorne, um Hatice ins Ohr zu flüstern.

Aber keine Chance. Schon wieder hallt ein schneidendes „Schschschtttt!“, durch die Bücherregale.

„Was ist denn, Papa?“

„Schschschtttt!“

Ich gehe mit meiner Tochter in die äußerste Ecke.

„Schschschtttt! Mein Herr, rennen Sie doch nicht so! Vergessen Sie bitte nicht, dass Sie sich in einer öffentlichen Bibliothek befinden!“

„Sie meinen wohl eher im Knast?“, murmele ich genervt.

„Schschschtttt!“

„Wann haben wir denn endlich Freigang?“

„Schschschtttt!“

„Hatice, lass uns sofort nach Hause gehen“, schreibe ich auf einen Zettel und halte ihn meiner Tochter vor die Nase.

Aber kurz vor der Treppe werden wir bei unserem Ausbruchsversuch doch noch von der aufmerksamen Wärterin erwischt.

„Mein Herr, wo wollen Sie denn hin? Erst machen Sie hier einen Höllenlärm, und dann hauen Sie einfach ab, ohne etwas für das arme Kind auszuleihen! Noch egoistischer geht’s ja wohl kaum!“

Ich fass es nicht! Wir dürfen weder bleiben, noch gehen!

„Schschschtttt!“, zische ich diesmal zur Abwechslung. „Wir kommen erst dann wieder hierher, wenn wir die Gebärdensprache gelernt haben und dabei mindestens zwei Stunden lang die Luft anhalten können ohne umzukippen!“

Petterson macht’s genau richtig! Ich hätte mir in Deutschland anstatt Kinder lieber eine Katze zulegen sollen!

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