Bezirke im Ausnahmezustand: Jagd auf Rebellen in Tschetschenien
Die Regierung der tschetschenischen Republik verhängt in einem weiterem Bezirk den Ausnahmezustand. "Antiterroristische Maßnahmen" sind angelaufen.
MOSKAU taz | In Teilen der Kaukasusrepublik Tschetschenien ist erneut der Ausnahmezustand verhängt worden. Tschetschenische Sicherheitskräfte führen seit Dienstag "antiterroristische Maßnahmen" im Bezirk Atschkoi-Martan durch. Anfang November war der Ausnahmezustand im Nachbarbezirk Urus-Martan ausgerufen worden.
Nach Angaben der Sicherheitsorgane in Grosny hält sich in der bergigen Waldregion eine größere Gruppe islamistischer Untergrundkämpfer auf. Im Rahmen der Antiterrormaßnahme sollen auch Teile der Bevölkerung evakuiert sowie Fahrzeuge und verdächtige Gegenstände entfernt werden. Außerdem kündigte die Kommandantur an, auch Personenüberprüfungen vorzunehmen und notfalls den Telefonverkehr zu überwachen.
Der Ausnahmezustand werde erst aufgehoben, wenn alle Terroristen dingfest und deren Waffenlager ausgehoben seien, hieß es. Wie viele Untergrundkämpfer in der Region vermutet werden, gaben die Sicherheitskräfte nicht bekannt. Anscheinend handelt es sich um eine größere Zahl von Rebellen, die die Reihen der Freischärler in den Bergen aufgefüllt haben müssen. Gegenüber Moskau hatte der tschetschenische Präsident Ramsan Kadyrow in den letzten Jahren behauptet, nur noch einige Dutzend Untergrundkämpfer befänden sich in der Bergregion.
Im April dieses Jahres war der Ausnahmezustand erstmals nach zehn Jahren für Gesamttschetschenien aufgehoben worden. Moskau übertrug daraufhin die Zuständigkeit in Sicherheitsbelangen zurück an die Republik. Inoffiziell wurde der Notstand in den gebirgigen Bezirken im Südosten der Republik indes nie wirklich aufgehoben. Die Bezirke Wedeno, Schatoi und Itum-Kale gelten seit je als Widerstandsnester, in denen der Klan der Kadyrows auch in der Bevölkerung keinen Rückhalt genießt.
Nach offiziellen Angaben beseitigten die Sicherheitskräfte seit Januar 2009 120 Untergrundkämpfer. Unter ihnen waren nicht die Köpfe des Widerstands. Beobachter vor Ort zweifeln an der staatlichen Statistik. Auf den Todeslisten finden sich auch Zivilisten, die Militär und Geheimdienst als Terroristen ausgeben. Seit Aufhebung des Ausnahmezustands starben laut tschetschenischen Angaben 71 Mitarbeiter von Sicherheitsorganen, mindestens 144 wurden verletzt. Russlands Präsident Dmitri Medwedjew sprach in seiner diesjährigen Rede an die Nation erstmals von einer instabilen Lage im Nordkaukasus. Bislang stellte der Kreml die Kaukasuspolitik als Stabilitätserfolg dar.
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