Bezirk Mitte kündigt Kita-Betreiber: So viel antielitärer Reflex muss sein
Ein Kita-Träger will von Eltern „freiwillige“ Zuzahlungen für Yoga und Englisch. Der Bezirk findet das problematisch – und hat dem Betreiber nun gekündigt.
Das nennt man konsequent: Der Bezirk Mitte kündigte im Januar einem Kita-Betreiber, weil der von den Eltern regelmäßig Extrabeiträge für Frühenglisch, Spanisch und Yoga verlangt, und zwar in einer Höhe, die Jugendstadträtin Sandra Obermeyer (Linke) „problematisch“, weil sozial unverträglich findet: Es gehe um Beträge „deutlich über 100 Euro“, sagt sie am Mittwoch. Zu Anfang 2019 suche man nun einen neuen Betreiber für die Kita auf dem bezirkseigenen Grundstück in der Schmidstraße an der Grenze zu Kreuzberg.
Prompt starteten die Kita-Eltern eine Onlinepetition: „Kita Alegría muss bleiben!“ Das pädagogische Konzept sei doch toll! Außer den betroffenen Eltern der 72 Kinder haben bisher noch 1.700 andere Empörte unterzeichnet, vermutlich auch wegen des Eindrucks, hier gebe eine Linke-Politikerin ohne Rücksicht auf Verluste antielitären Reflexen nach.
Doch auch wenn die Stadträtin widerspricht, darum gehe es hier nicht, gute Gründe hätte sie: Nicht eines der Kinder aus dem Bezirk bezieht laut Obermeyer Leistungen aus dem Bildungs- und Teilhabepaket für Familien, die von Sozialleistungen abhängig sind. Kein Wunder: Denn auch wenn die Elternbeiträge für Kita-Extras grundsätzlich freiwillig sein müssen: Wer will sein Kind schon außen vor wissen, wenn alle anderen zum Yoga gehen?
Zudem habe sich der Kita-Träger, der am Mittwoch nicht erreichbar war, bisher bei den Ausbauplänen nicht sehr kooperativ gezeigt und bereits bewilligte Mittel nicht genutzt. Der Bezirk will aber 60 zusätzliche Plätze auf dem 3.000 Quadratmeter großen Grundstück schaffen – angesichts des Kitaplatzbedarfs sei das dringend nötig.
Mag sein, dass die Eltern der Alegría-Kita mit einem Betreiberwechsel nun bald nicht mehr das bekommen, wofür sie zu zahlen bereit sind. Tatsächlich kann sich Berlin diese Art von Zweiklassenkitas, wenn man es denn ernst meint mit der kostenlosen Bildungseinrichtung Kita, nicht leisten. Jugendsenatorin Sandra Scheeres (SPD) weiß das, deshalb gibt es ab August eine (noch zu verhandelnde) Obergrenze der „freiwilligen“ Zuzahlungen und eine Meldepflicht.
Und auch wenn Scheeres’ Sprecherin am Mittwoch betonte, natürlich müsse kein Kita-Träger Angst haben, dass ihm künftig Verträge gekündigt würden: Mittes konsequente Haltung taugt da zum Vorbild. So viel antielitärer Reflex muss sein.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!