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Bewegungstermine in BerlinKein Straßenkampf ohne Bücher

Diese Woche gibt es für Linke viele Möglichkeiten, sich zu bilden. Für die Praxis sorgen Antifas, die sich Verschwörungsideologen entgegenstellen.

Linke schreiben viele Bücher – aber ohne Praxis ist alles nichts Foto: IMAGO / Dirk Sattler

E s gibt ja Kommunist:innen, die beschränken ihre politische Praxis auf das Organisieren von Lenin-Lesekreisen. Und es gibt Anarchist:innen, die sagen, dass nichts zählt außer die direkte Aktion, dass man zum Anzünden eines Müllcontainers doch wirklich keine Theorieseminare benötigt.

Dabei gehören linke Theorie und Praxis untrennbar zusammen. Linke Theorie dreht sich darum, das eigene Handeln zu fundieren: Um die Welt zu verändern, muss man sie erst einmal verstanden haben. Erst in der Praxis zeigt sich demnach, ob Theorien tragfähig sind – Praxis ohne Theorie ist dagegen blind, und kann deshalb ordentlich daneben gehen.

Linke Buchtage 2025

Zum Glück stellen Bewegungsakteure in Berlin und Umgebung fortlaufend kostenlose Bildungsangebote zur Verfügung, um die linke Praxis theoretisch zu reflektieren und zu verbessern. Da sind zum Beispiel die linken Buchtage, die am Wochenende (23. – 25. 5.) wieder im Kreuzberger Mehringhof stattfinden. In zahlreichen Veranstaltungen der linken Verlagshäuser werden hier die neusten Erzeugnisse der linken Theoriebildung debattiert.

tazplan

Der taz plan erscheint auf taz.de/tazplan und immer Mittwochs und Freitags in der Printausgabe der taz.

Die Themen sind dabei so vielfältig wie die linke Praxis selbst. Unmöglich können hier alle Veranstaltungen vorgestellt werden. Am Freitag sprechen beispielsweise Michael Hirsch und Kilian Jörg über ihr Buch „Durchlöchert den Status Quo!“, das sich mit dem französischen Konzept der Zone à défendre (ZAD) befasst, also mit autonomen Zonen, die gegen den Staat verteidigt werden (23. 5., SFE Raum 2, 18 Uhr).

Am Samstag erläutert Ruby Rebelde das Phänomen der Sexarbeitsfeindlichkeit, also der Diskriminierung und Verfolgung von Sex­ar­bei­te­r:in­nen durch Politik und Medien, mit der sich Rebelde im Buch „Warum sie uns hassen“ auseinandergesetzt hat (24. 5., SFE Raum 1, 14 Uhr).

Am Sonntag schließlich referiert Ismail Küpeli über sein Buch „Graue Wölfe“, das sich mit dem türkischen Rechtsextremismus in Deutschland auseinandersetzt – und was antifaschistische Gegenstrategien diesem entgegensetzen können (25. 5., SFE Raum 1, 14 Uhr). Alle Infos zu weiteren Veranstaltungen gibt es unter linkebuchtage.de.

Mehr Anarchie wagen!

In Potsdam werden derweil auf den A-Tagen Fragen des Kriegs und des Militarismus aus anarchistischer Perspektive debattiert. Los geht es schon am Donnerstag, den 22. 5., mit einer Einführung in den Anarchafeminismus (Buchladen Sputnik, Charlottenstraße 28, 19:30 Uhr). Am Freitag beginnt der Tag mit einem Stadtspaziergang zu Orten des Widerstands gegen Militarismus und Krieg (Startpunkt: Desateurdenkmal, Platz der Einheit, 14:30 Uhr).

Am Samstag (24. 5.) geht es im Hausprojekt LaDatscha (Am Babelsberger Park 15) etwa um ukrainische An­ar­chis­t:in­nen (15 Uhr) und Antimilitarismus in Israel (17 Uhr). Am Sonntag findet dort noch ein Demotraining und eine Abschlussdiskussion statt. Alle weiteren Infos gibt es hier.

Doch auch noch andere aktivistische Initiativen stellen ihre Widerstandspraxen vor. Auf einer Veranstaltung von RESQSHIP e.V. wird etwa über die Seenotrettung im Mittelmeer informiert. Das Segelschiff Nadir ist dort kontinuierlich unterwegs, um die Route nach Lampedusa für Mi­gran­t:in­nen sicherer zu machen. Gezeigt wird eine Dokumentation, die drei Wochen lang die Rettungseinsätze der Nadir begleitet hat. Der Film wird auf Englisch, Deutsch, Italienisch und Französisch mit englischen Untertiteln gezeigt (Mittwoch, 21. 5., Aquarium am Südblock, Kottbusser Tor, 19 Uhr).

„Den Faschos keinen Meter!“

Um konkrete antifaschistische Praxis geht es dagegen am Samstag (24. 5.). Da mobilisiert nämlich das Umfeld des Querfront- und Querdenken-Bündnisses „Deutschland steht auf“ mal wieder nach Berlin. In Telegram-Kanälen wird unter dem Motto „Frieden, Freiheit, Volksentscheide“ um 13 Uhr zum Brandenburger Tor gerufen. Dort sollen dann angeblich zum Beispiel der Rechtsaußen-Agitator Hans-Georg Maßen, der Rechtsextremist Jürgen Elsässer und der Querdenken-Verleger Hendrik Sodenkamp sprechen.

Die Rechten wollen sich schon um 11 Uhr am Berliner Hauptbahnhof sammeln. Um 15 Uhr startet dann laut Plan eine Demo vom Brandenburger Tor aus. Gegenprotest und Störaktionen werden von An­ti­fa­schis­t:in­nen organisiert. Unter dem Motto „Den Faschos keinen Meter“ kursieren Aufrufe, sich ab 12 Uhr rund um das Brandenburger Tor zu sammeln. Mit weiteren Informationen ist in den nächsten Tagen zu rechnen.

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Timm Kühn
Redakteur
Textplaner taz Berlin. Schreibt seit 2020 für die taz über soziale Bewegungen, Arbeitskämpfe, Kapitalismus und mehr.
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