Betr.: „Nicht nur zwischen den Zeilen“, taz hamburg vom 18.3.00: Nachruf
Jakob Michelsens Beitrag zum am Wochenende verliehenen Literaturpreis der schwulen Buchläden zeichnet ein ehrenwertes Bild. An dieser Art Förderung schwuler Nachwuchsautoren wäre nichts auszusetzen, handelte es sich um einen fairen Wettbewerb, der, was letztlich auch den jetzigen Preisträger beleidigt, nicht vorab von seinen Initiatoren ad absurdum geführt worden wäre. Sein Nachruf erschien bereits in Ausgabe 5/99 der sexualpolitischen Zeitschrift Gigi (5/99) unter dem Titel „Friede seiner Asche“.
„Teilnehmen darf jeder lebende Mensch, der der deutschen Sprache mächtig ist“, besagen die Regularien des 2.000 Mark schweren „Literaturpreises der schwulen Buchläden 1999“. Einsenden sollte dieser lebende Mensch seinen Beitrag bis 31.12.1999, der dann wie alle anderen Anfang Januar „drei unabhängigen Juroren“ – „ein Journalist, ein Verleger und einer Person der Schwulenbewegung“ – übergeben werden soll. Diese wiederum sollen dann drei Beiträge für die Endrunde nominieren.
Der lebende Mensch, der arglos seinen Beitrag einsendet, sollte aber darauf gefasst sein, postwendend sein in vierfacher Ausführung eingesandtes Manuskript zurück zu bekommen mitsamt einem Brief folgenden Inhalts: „Dein Beitrag zum Literaturpreis ist heute hier eingegangen, aber ich kann nicht erkennen, in welcher Weise er sich ,literarisch mit schwulem Leben auseinander setzt', wie in der Ausschreibeung nun einmal gefordert wird.“ So zu lesen in einem Gigi vorliegenden Schreiben mit Datum 17. November 1999 und dem Kopfbogen von „Männerschwarm Buchladen & Versand“. – Womit noch vor Ablauf der Einsendefrist die Unabhängigkeit der drei Juroren vom Wettbewerb bewiesen und der „Literaturpreis der schwulen Buchläden“ für alle Zeiten zu Grabe getragen wäre. Eike Stedefeldt
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