Beteiligung aller Geschlechter: Ein Park für Jungs
In der Überseestadt soll eine Freizeitanlage für Jugendliche entstehen mit Skaterbahn und anderen Attraktionen - vor allem für Jungs, so die Kritik.
BREMEN taz | Skaterrampen, Fußballfeld, Hindernisse zum drüber hüpfen: In der Überseestadt wird zwischen schicken Neubau-Siedlungen auch eine Grün- und Freizeitanlage für Waller Jugendliche geplant. Vor allem für Jungs, kritisiert Gleichstellungsbeauftragte Ulrike Hauffe. Und: Obwohl das längst moniert wurde, blieben die Vorschläge von Mädchen weiterhin zu wenig berücksichtigt.
Das Konzept für den „Überseepark“ steht, die Ausschreibung ist lange beendet. Offen ist noch, wer die Instandhaltung zahlen soll. Die Brachfläche am nord-westlichen Teil der Überseestadt gehört der Stadt Bremen, 25.000 Quadratmeter am Ufer der Weser. Die Gegend ist ein Neubaugebiet, sie wird von der Wirtschaftsförderung (WFB) verwaltet. Wo aber Wohnhäuser entstehen, wird auch an Spielplätze gedacht. Aber was ist mit den Jugendlichen, die der Rutsche entwachsen sind?
Um das herauszufinden beauftragte die WFB den Sportgarten-Verein mit einem Beteiligungsverfahren. Online, mit Fragebögen und auf Treffen im Stadtteil hörten die sich um und fanden heraus: Gewünscht wird eine Skaterbahn, ein Fußballplatz und Ort für Parcours, eine neue Sportart, bei der stadt-übliche Hindernisse athletisch überwunden werden. Es sind allesamt Sportarten, die vor allem Jungen betreiben – und die auch vor allem von Jungs gewünscht worden seien, kritisiert Hauffe.
Noch bevor das Konzept endgültig entschieden wurde, organisierten ihre Mitarbeiterinnen im Sommer 2011 auf die Schnelle mehrere Workshoptage mit Mädchen-Gruppen: Ruhige Plätze, Raum für Geselligkeit, eine Tanzfläche und auch Toiletten waren deren Wünsche – als Ergänzungen zur bereits geplanten Skateranlage. Teilweise wurden sie verwirklicht.
Sportgarten-Chef Hanns-Ulrich Barde hält die Kritik für nicht seriös. Insgesamt 450 Jugendliche seien befragt worden, Jungen wie Mädchen. „Sicher ist Skaten oder Parcours eher jungslastig, aber es gibt ganz klar auch Mädchen, die das machen“, sagt er der taz.„Ich finde, die Brille darf nicht so dunkel sein. Jugendliche haben ein feines Gespür für die unterschiedlichen Interessen der Gestaltung der Anlage bewiesen.“
Für Hauffe allerdings geht es nun vor allem um zukünftige Projekte und darum, wie Beteiligungsverfahren durchgeführt werden. „Die Frage ist, wie man alle Menschen erreicht, etwa MigrantInnen und eben auch Mädchen.“
Mit einem konventionellen Fragebogen zumindest nicht, sagt ihre Kollegin Bärbel Reimann. „Wenn man zur Beteiligung einlädt, erreicht man nur bestimmte Zielgruppen, das normale Bildungsbürgertum, eben jene, die sich aktiv einmischen“. Um auch Mädchen zu erreichen, müsse man diese aufsuchen.
Dabei gehe es auch nicht nur darum, typische Mädchen-Aktivitäten zu bedienen, erklärt Ruth König vom Mädchenhaus. Nur würden Jungs in der Pubertät oft ihren Aktionsradius vergrößern, Mädchen zögen sich eher auf typsiche Mädchensportarten zurück. Denn: „In der Pubertät findet die Frage der Identität über die Körperlichkeit statt, Mädchen betrachten ihren Körper oft als defizitär.“ Für Mädchen müssten Situationen geschaffen werden, die ein angenehmes Bewegungsgefühl ermöglichen, das weniger mit Leistung assoziiert ist. Eine geschlechtergerechte Pädagogik, mit der es seit Jahren Erfahrung gibt. Mit ein paar Sportgeräten kann diese Aufgabe allerdings nicht erfüllt werden. Dafür müsste im neuen Park pädagogisch gearbeitet werden, wofür bislang kein Geld zu holen ist.
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