Beslan-Geiselnahme: Video belastet Sicherheitskräfte
Eine Film-Aufnahme stützt die These der trauernden Mütter von Beslan: Das Massaker von 2004 soll durch die Erstürmung der Schule ausgelöst worden sein.
MOSKAU taz Die Indizien waren auch schon vorher erdrückend. Jetzt tauchte ein Video auf, das belegen könnte, was die trauernden Mütter von Beslan schon lange für die richtige Version des Massakers halten. Dabei waren im September 2004 330 Menschen, die Hälfte Kinder, ums Leben gekommen. Auslöser des Blutvergießens sei der Sturm der Schule durch russische Sicherheitskräfte gewesen
Eine Gruppe von Terroristen hielt damals in der nordossetischen Stadt Beslan mehr als tausend Geiseln in der Schule Nummer 1 in ihrer Gewalt. Drei Tage vergingen, bis russische Sicherheitskräfte das Gebäude stürmten. Die Staatsanwaltschaft und eine Kommission der Duma behaupteten in offiziellen Untersuchungsberichten, die Befreiungsaktion sei erst veranlasst worden, nachdem im Innern des Gebäudes zwei Sprengsätze der Terroristen detonierten.
In der Turnhalle saßen während der Explosion mehr als dreihundert Geiseln. Eine unabhängige Kommission des nordossetischen Parlaments und ein abtrünniges Mitglied der Dumakommission hatten an der offiziellen Version Zweifel angemeldet. So waren vor der Untersuchung Granat- und Flammenwerfer gefunden worden, die in den Einsatzberichten nicht auftauchten. Zeugen hatten Sicherheitskräfte mit diesen Waffen auf einem gegenüberliegenden Dach beobachtet.
Das Video wurde den Müttern anonym zugespielt. Nach einer Abschrift auf deren Website ist dem Video zu entnehmen, wie zwei Uniformierte von einem Vorgesetzten unmittelbar nach dem Einsatz vernommen werden. "Es gab keine Explosionen im Innern", sagt der als Bagatir Nabijew identifizierte Mitarbeiter der Sicherheitsorgane.
"Wenn die Staatsanwaltschaft an einer objektiven Aufklärung interessiert gewesen wäre, hätte sie sich das Video anschauen sollen", meint die Vorsitzende der Mütter, Susanna Dudijewa. Sie glaubt, die Behörden hätten das Beweismaterial während der Ermittlungen zurückgehalten. Der vermeintlich einzig überlebende Geiselnehmer war 2005 wegen Mordes verurteilt worden.
Der Prozess machte deutlich: die Ermittler sorgten sich mehr um die Entlastung der politisch Verantwortlichen als um die Aufklärung der Hintergründe des Massakers. Regierung, Kreml und Geheimdienst versagten auf ganzer Linie. Keiner wagte es, aus Angst vor Konsequenzen Verantwortung vor Ort zu übernehmen. Auch im Nachhinein wurde niemand zur Rechenschaft gezogen.
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