piwik no script img

Beschlagnahmtes Elfenbein in HongkongWachsende Nachfrage in China

In Hongkong sammelt sich seit Jahren beschlagnahmtes Elfenbein an. Artenschützer fordern die Zerstörung, doch die Regierung weigert sich.

Die Behörden in Hongkong präsentieren sichergestelltes Elfenbein. Bild: ap

HONGKONG ap | Der Zoll in Hongkong beschlagnahmte Anfang Oktober eine weitere Schiffsladung Elfenbein aus Afrika. Die Behörde freute sich über den Erfolg und auch Tierschützer sind natürlich zufrieden. Doch ein Problem ist mit der vereitelten Schmuggelaktion nur größer geworden: Was tun mit dem beschlagnahmten Elfenbein in Hongkong, dem mittlerweile größten Bestand weltweit?

Mehr als 30 Tonnen haben sich seit 2008 in der früheren britischen Kolonie angesammelt. Das „weiße Gold“, wie Elfenbein wegen seines hohen Preises auf dem Schwarzmarkt genannt wird, wird auf das chinesische Festland geschmuggelt, um dort eine wachsende Nachfrage der neuen Oberschicht zu befriedigen. Und so war die letzte Schiffsladung, 189 Stoßzähne im Wert von 15 Millionen Dollar, nur eine von vier großen Entdeckungen in diesem Jahr.

Hongkong gibt den Wert des gefundenen Elfenbeins mit 1.000 bis 2.000 Dollar pro Kilogramm an. Der Internationale Tierschutzfonds (IFAW) erklärte dagegen schon 2011 in einem Bericht, chinesische Käufer bezahlten bis zu 2.400 Dollar pro Kilogramm Elfenbein.

Tierschutzorganisationen befürchten, dass das beschlagnahmte Elfenbein gestohlen werden könnte. Es zu behalten sende ein falsches Signal und lasse die Welt glauben, Hongkong meine es nicht ernst mit dem Kampf gegen den Schmuggel. Sie fordern eine Zerstörung des Elfenbeins, wie es auch andere Regierungen schon getan haben. Die Behörden weigern sich jedoch und stellen stattdessen immer wieder kleinere Mengen Elfenbein den Schulen zur Verfügung, um auf die Bedrohung der Elefanten durch Wilderei aufmerksam zu machen.

„Solange das Elfenbein irgendwo gelagert wird, stellt es eine Versuchung für manche Menschen da, die es in die Finger bekommen wollen“, sagt die örtliche IFAW-Direktorin Grace Ge Gabriel. Ihre Organisation und 15 weitere haben daher nach der Beschlagnahmung vom Oktober an die Regierung von Hongkong und den Zoll geschrieben mit der Bitte, das Elfenbein zu vernichten.

Jährlich 35.000 tote Elefanten

Der Umfang des weltweiten Schmuggels von Elfenbein ist schwer zu schätzen. Der Direktor des Zentrums zum Schutz der biologischen Vielfalt an der Universität von Washington, Samuel Wasser, errechnete für die Jahre zwischen 2000 und 2010 einen Umsatz von 264 Millionen Dollar mit Elfenbein. Er erklärt, angesichts der beschlagnahmten Mengen sei die Summe heute wahrscheinlich deutlich höher.

Der IFAW schätzt, dass jährlich 35.000 Elefanten wegen ihrer Stoßzähne von Wilderern getötet werden. Die Nachfrage nach Elfenbein wird angeheizt von der weiterhin wachsenden chinesischen Wirtschaft. Sie schuf eine breite Mittelschicht die sich Elfenbein als Statussymbol leisten kann.

„Der chinesische Markt bleibt das Hauptziel für illegales Elfenbein“, hieß es in einem Bericht der Vereinten Nationen von diesem Jahr. Trotz verstärkter Strafverfolgung nehme die Nachfrage dort seit 1996 weiter zu.

Zwölf Tonnen Elfenbein verbrannt

In ihrem Brief an die Regierung von Hongkong verwiesen die Organisationen auf den Umgang anderer Länder mit dem beschlagnahmtem „weißen Gold“. Kenia entzündete demnach 1989 das bisher größte Elfenbein-Feuer der Welt, als es zwölf Tonnen davon verbrannte. Die Aktion lenkte die internationale Aufmerksamkeit auf den Handel mit Elfenbein und trug zu einem weltweiten Verbot im folgenden Jahr bei. Sambia verbrannte 1992 weitere 9,5 Tonnen, Gabun im vergangenen Jahr fast fünf Tonnen.

Im Juni vernichteten die Philippinen als erstes asiatisches Land ihren Elfenbein-Bestand: Mehr als fünf Tonnen im Wert von geschätzten zehn Millionen Dollar wurden verbrannt und zermalmt. Die USA vernichteten in der vergangenen Woche mehr als sechs Tonnen Stoßzähne, Schnitzereien und Schmuck, die über 25 Jahre hinweg beschlagnahmt wurden.

Die Lagerbestände in Hongkong sind noch einmal deutlich größer. Die Regierung nennt keine genauen Zahlen, sondern erklärt lediglich, seit 2003 seien 32,6 Tonnen Elfenbein beschlagnahmt worden. 2013 wurden bisher 7,2 Tonnen konfisziert, doppelt so viel wie 2011. Im August wurden Elfenbein, Nashorn-Hörner und Leopardenfelle aus Nigeria im Wert von 5,3 Millionen Dollar beschlagnahmt. Hinzu kamen Elfenbein aus Togo im Wert von 2,2 Millionen Dollar im Juli und eine Schiffsladung von 1,4 Millionen Dollar aus Kenia im Januar.

Elfenbein für Schulen

„Es ist eine finanzielle Belastung für ein Land, solche Lagerbestände zu halten", erklärte IFAW-Direktorin Gabriel. In anderen Ländern sei schon Elfenbein aus Lagerhäusern des Zolls gestohlen worden. Die Verwaltung in Hongkong teilt mit, die Lager würden gut bewacht. Eine Zerstörung des Elfenbeins lehnt sie ab.

„Für gewöhnlich schicken wir das Elfenbein an Schulen, damit sie es ausstellen und aufklären“, sagt ein Sprecher der Naturschutzbehörde, Azaria Wong. „Wir hoffen, dass die Kinder die Bedeutung des Artenschutzes verstehen.“

Die elfjährige Lucy Skrine und ihre Freundin überzeugt das nicht. Die beiden starteten eine Online-Petition, in der sie die Regierung aufforderten, das Elfenbein zu vernichten. Die Elfenbein-Ausstellungen in den Schulen zeigten kaum Wirkung, erklärt sie. „Die Schüler gehen nur vorbei und bewundern das Elfenbein.“

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

1 Kommentar

 / 
  • G
    Gast27

    Ernst gemeinte Frage: Warum wird das Elfenbein nicht verkauft und die Erlöse für den Tierschutz verwendet? Durch die Zerstörung wird der Schwarzmarktwert doch nur erhöht, durch einen staatlich regulierten Verkauf hingegen könnte die Nachfrage nach neuem Elfenbein gesenkt werden. So traurig es ist, aber diese Tiere sind ja nunmal leider eh schon gestorben. Was bringt es da noch, das beschlagname Material zu zerstören (außer vielleicht als symbolische Geste)? Freue mich über Aufklärung!