Berlusconi will ausländische Medien verklagen: "Dann klage uns doch alle an"
Italiens Ministerpräsident will nun auch ausländische Zeitungen verklagen – wegen angeblicher Verleumdung. Kritiker befürchten jetzt, die Pressefreiheit als Grundlage der Demokratie sei in Gefahr.
ROM dpa | Nach der millionenschweren Schadenersatzforderung an die linksliberale italienische Tageszeitung "La Repubblica" will der Regierungschef Silvio Berlusconi nun auch ausländische Zeitungen verklagen. Laut italienischen Medien vom Samstag hat der seit Monaten durch Berichte über angebliche Sex-Affären und wilde Partys gebeutelte Berlusconi über seinen Anwalt "zivilrechtliche Klagen" wegen Verleumdung gegen zahlreiche ausländische Zeitungen angekündigt. Zu den Blättern, die der für seine Schwäche für das weibliche Geschlecht bekannte "Cavaliere" vor den Kadi bringen will, gehörten unter anderem die britischen Blätter "Times", "Guardian" und "Independent", "El Paìs" in Spanien und der französische "Nouvel Observateur".
Die am Vortag bekanntgewordene Klage des Milliardärs und Medienmoguls gegen "La Repubblica" hatte einen Sturm der Entrüstung ausgelöst. Die Pressefreiheit als Grundlage der Demokratie sei in Gefahr, hieß es. Mitglieder der Opposition, darunter auch der Chef der größten italienischen Oppositionspartei PD, Dario Franceschini, unterschrieben einen Protestaufruf unter dem Motto "Dann klage uns doch alle an" ("Denunciaci tutti"), das an den Anti-Mafia-Slogan "Dann bringt uns doch alle um" ("Ammazzateci tutti") erinnert.
Hintergrund der Schadensersatzklage Berlusconis sind die jeden Tag von dem römischen Blatt in einem Kasten veröffentlichten "zehn Fragen" an den Regierungschef, die dieser für diffamierend hält. Dabei geht es unter anderem um die angebliche Affäre des 72-jährigen Regierungschefs mit der minderjährigen Schülerin Noemi. Berlusconi hatte wiederholt betont, zwar "kein Heiliger" zu sein, dabei allerdings keine Beziehungen zu Minderjährigen gehabt und auch niemals für Sex bezahlt zu haben.
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