Berlins neuer Finanzsenator: Wowereit angelt sich Fischhändler
Neuer Finanzsenator wird Ulrich Nußbaum. Der Sarrazin-Nachfolger war vier Jahre Bremer Finanzsenator und hat mit Fischfang Millionen gemacht.
Auf den sprücheklopfenden Sanierer folgt ein millionenschwerer Unternehmer, der eher auf hanseatische Zurückhaltung setzt: Berlins Finanzsenator heißt ab dem 1. Mai Ulrich Nußbaum, von 2003 bis 2007 in gleicher Funktion in der Bremer Landesregierung. Er löst Thilo Sarrazin (SPD) ab, der dann nach sieben Jahren im Senat zur Bundesbank wechselt.
Am Roten Rathaus parkte am Donnerstagmorgen ein Bentley mit Bremer Kennzeichen. Der zukünftige Finanzsenator hat eine Schwäche für Oldtimer, auch einen Maserati und einen Ferrari soll er mal gefahren haben. Nußbaum, der mit seinen fast 52 Jahren wie Mitte vierzig aussieht, wirkte mit edlem Anzug, Einstecktüchlein und Manschettenknöpfen nicht so, als wäre er gerade aus der Arbeiterstadt Bremerhafen vorgefahren. Dort hat er mit Fischfangbetrieben viel Geld verdient.
Seine Anfänge sind davon aber nicht weit entfernt, auch wenn sie nicht in Bremerhafen, sondern an der Mosel und in Saarbrücken liegen. Der zweifache Vater Nußbaum ist kein von und zu Guttenberg, der ihn die oberen Zehntausend hinein geboren wurde. Der heutige Millionär wuchs als Sohn eines Druckers auf - eine Parallele zum Aufstieg des Berliner SPD-Fraktions- und Parteichefs Michael Müller. Er studierte, promovierte in Jura mit höchsten Auszeichnungen und stieg in Bremerhafen bei einem Fischfangunternehmen ein. Normalerweise ist das nicht die erste Wahl für einen Spitzenjuristen, aber das sei "die interessanteste Stellenanzeige, die ich je gefunden habe", erinnerte sich Nußbaum.
Näher an die Politik kam er erst, als er sich in der Industrie- und Handelkammer Bremerhafen engagierte, wo er heute noch Vizepräsident ist. Unternehmerischer Erfolg - Nußbaum kaufte die Firma, für die er zuvor arbeitete - machten ihn für die Bremer SPD interessant. Die suchte 2003 wieder jemanden, der die Finanzen des ähnlich wie Berlin hochverschuldeten Lands einigermaßen in Ordnung brachte. Sein vornehmes Auftreten ließ ihn aber bei den eher bodenständigen Bremer Sozialdemokraten einen Fremdkörper bleiben. Dass ein Parteitag etwas beschlossen oder ein Vorsitzender etwas gesagt hatte, war für Nußbaum kein Argument, in diese oder jene Richtung zu entscheiden. Das erinnert an Sarrazin, der sich nur beschränkt als verlängerten Arm von SPD-Gremien sah.
Nußbaum erfüllte zumindest einen Teil der in ihn gesetzten Hoffnungen: Unter ihm gab es Transparenz, was ihm die Bremer Grünen hoch anrechnen. Er machte Schluss mit den Schattenhaushalten, die die Finanzmisere verschleiert hatten, er zwang Geschäftsführer von Landesunternehmen, ihre Gehälter offen zu legen.
Ursprünglich hatte Nußbaum damit kokettiert, nur einmal in die Politik reinschnuppern zu wollen. Offensichtlich aber hat er Blut geleckt, sonst würde er kaum nach zwei Jahren Pause in ein Regierungsamt zurückkehren. "Lust auf Gestaltung" habe er - und da ist Berlin um einiges reizvoller als Bremen.
Der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) sieht in Nußbaum den idealen Sarrazin-Nachfolger. Er war schon mal Chef-Finanzer, er kennt sich als Bremer mit hoher Landesverschuldung aus und weiß zudem, wie ein Stadtstadt funktioniert. "Er ist ein Nachfolger, der nahtlos ohne Einarbeitung in das Amt einsteigen kann."
Aus sozialdemokratischer Sicht hat Nußbaum allerdings einen Nachteil: Er ist zwar SPD-nah, aber parteilos - und zwar so konsequent, dass er in Bremen lieber auf einen erneuten Senatsposten verzichete, als sich ein Parteibuch aufzwängen zu lassen. Andere Stimmen allerdings sagen, er habe das zum Vorwand genommen, ein ungeliebtes Ressort abzulehnen.
Wowereit will ihn nicht drängen, das in Berlin zu ändern - "ich bin ja auch nicht SPD-Vorsitzender." Vielleicht überlegt es sich Nußbaum ja noch.
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