Berlins Piratenchef tritt zurück: Bruno Kramm nimmt den Hut
Der Landesvorsitzende der Berliner Piraten kündigt nach der Wahlniederlage am Sonntag seinen Rücktritt an. Er wechselt zu den Grünen.
Noch am Montag, einen Tag nach der verlorenen Landtagswahl, hatte Bruno Kramm in der taz „coole Aktionen als außerparlamentarische Opposition“ angekündigt. Ein Rücktritt käme für den Vorsitzenden der Berliner Piratenpartei nicht in Frage – obwohl die Piraten sich mit einem lausigen Wahlergebnis von nur 1,7 Prozent aus dem Landesparlament verabschieden mussten.
Nun nimmt Kramm doch seinen Hut und verlässt die Partei: Am Donnerstagmorgen verkündete er, dass er den Landesvorsitz niedergelegt habe. „Gemeinsam haben wir auch in der schwierigsten Ausgangslage mit einem kleinen Team viel erreicht“, schreibt Kramm in der Pressemitteilung. „Dennoch: Das desaströse Wahlergebnis hat gezeigt, dass die Piratenpartei in den Medien kaum mehr wahrgenommen wird und mit ihren vielen großartigen Vorstößen nur marginal in der politischen Debatte stattfindet.“
Im November 2014 hatte Kramm als Nachfolger von Christopher Lauer das Amt des Landesvorsitzenden übernommen. Lauer hatte sich damals für eine Abspaltung des Landesverbands von der Bundespartei ausgesprochen, die sich thematisch auf ihr Kernthema Netzpolitik konzentrieren wollten. Im Streit über das Grundsatzprogramm zerfiel die Partei dann endgültig.
Kramm hält nun Ex-Piraten für die Niederlage der Partei für verantwortlich: „Ob es auch daran liegt, dass einige prominente Exmitglieder ihr öffentliches Gewicht zum bewussten Schaden an der Partei skrupellos eingesetzt haben, muss eine umfassende Aufarbeitung erweisen.“ Er persönlich sei davon überzeugt.
Sein Amt übergibt er für den Übergang an seinen bisherigen Stellvertreter Simon Kowalewski. Der Pirat mit den buntgefärbten Haaren war 2011 in das Abgeordnetenhaus eingezogen. Auf Anfrage der taz erklärte Kowalewski, dass er das Amt als kommissarischer Vorsitzender bis zur Landesmitgliederversammlung am 22. Oktober ausführen werde, auf der turnusgemäß der Vorstand neu gewählt wird. Ob er dann wieder für ein Amt kandidieren werde, könne er derzeit noch nicht sagen.
Zeitgleich teilte der Landesverband der Brandenburger Grünen mit, dass Kramm an diesem Freitag wieder in die Partei eintreten werde. Genaueres zu seinem Parteienwechsel will Kramm am Freitag auf einer Pressekonferenz der Grünen in Potsdam bekanntgeben. Der Musikproduzent war bereits von 2009 bis 2012 Mitglied der Partei.
In seiner Rücktrittserklärung sprach Kramm von „einer unerwarteten Trauerphase über eine menschliche Tragödie am Rande der Partei.“ Offenbar meinte er damit den Fall Gerwald Claus-Brunner. Am Montag war der bisherige Piraten-Abgeordnete tot in seiner Wohnung aufgefunden worden. Auch eine zweite Leiche wurde dort entdeckt. Claus-Brunner hat nach derzeitigem Stand der Ermittlungen Suizid begangen, nachdem er den anderen Mann einige Tage zuvor umgebracht hatte.
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