Berlins Kreative bleiben auf Erfolgskur: Kreativwirtschaft soll auch in der Krise wachsen
Zweiter Kulturwirtschaftsberichts des Senats. Bis zum Jahr 2015 soll die Zahl der Beschäftigten in den Kreativbranchen von 160.000 auf 200.000 steigen - trotz der globalen Finanzkrise.
Zuerst die gute Nachricht: Die Kreativwirtschaft, der ganze Stolz der Berliner Wirtschaft, bleibt auf Wachstumskurs. Im Vergleich zum Jahr 2000 ist die Zahl der Unternehmen bis 2006 um ein Drittel auf fast 23.000 gestiegen. Sie erwirtschaften inzwischen einen Umsatz von 17,5 Milliarden Euro im Jahr - das ist ein Plus von 3,5 Milliarden im Vergleich zu 2000. Der Anteil der Kreativwirtschaft an der Berliner Gesamtwirtschaft ist damit auf 13 Prozent gestiegen. Das ist das Ergebnis des zweiten Kulturwirtschaftsberichts, den Wirtschaftssenator Harald Wolf (Linke) und Stadtentwicklungssenatorin Ingeborg Junge-Reyer (SPD) am Mittwoch vorstellten.
Und nun die noch bessere Nachricht: Berlins Kreative sind nicht mehr nur sexy und arm. Sie verdienen auch mehr. "Seit 1998 sind die Gesamtnettoeinkommen aller KünstlerInnen und Kreativen in Berlin um zwei Drittel gestiegen", heißt es in dem 176 Seiten starken Bericht. Zur gleichen Zeit seien die Einkommen berlinweit um 3 Prozent gesunken. Das Durchschnittsnettoeinkommen der 160.000 Kreativberufler in der Hauptstadt liegt mit 1.750 Euro im Monat allerdings deutlich unter dem in anderen Städten wie Hamburg oder München.
Zugleich - und das ist keine so gute Nachricht - sind die Einkommensunterschiede zwischen Angestellten, Freiberuflern und prekär Beschäftigten noch sehr groß. Vor allem in der Werbebranche müssen viele mit einem Einkommen von unter 900 Euro im Monat auskommen. Geringer geworden sind aber die Einkommensunterschiede zwischen Männern und Frauen. Die seien nirgendwo so gering wie in Berlin, freute sich Wolf, der auch Frauensenator ist.
Beim Blick auf die Beschäftigten zeigt sich auch, wie sehr im Kreativbereich noch das Platzen der Dot.com-Blase 2000 nachwirkt. Zwar hat sich die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten inzwischen stabilisiert und steigt leicht an. Das Niveau von 2000 aber wird nicht mehr erreicht. Umso größer ist der Anteil der Selbstständigen geworden. Sie machen inzwischen mehr als die Hälfte aller Beschäftigen in der Kreativwirtschaft aus. Wirtschaftssenator Harald Wolf: "Der Rückgang der abhängig Beschäftigten ist kompensiert durch den Zuwachs an Selbstständigen."
Entsprechend optimistisch ist der Blick in die Zukunft. "Das Umfeld ist zwar schwierig", räumt Wolf mit Hinweis auf die Wirtschaftskrise ein. "Die kleinteiligen Strukturen lassen die Kreativwirtschaft die Krise aber besser bewältigen als andere Branchen." Bis 2015 will der Senat die Zahl der Beschäftigten von 160.000 auf 200.000 erhöhen. Dabei soll der Kapitalfonds für Kleinstkredite, der aktuell mit 30 Millionen Euro pro Jahr bestückt ist, aufgestockt werden.
Welche gute Nachricht Kultursenator Klaus Wowereit (SPD) zur Erfolgsgeschichte Kreativwirtschaft beizusteuern hat, blieb am Mittwoch offen. Weder Wowereit noch Kulturstaatssekretär André Schmitz waren zur Pressekonferenz im White Cube erschienen. Letzterer schob am Nachmittag immerhin eine knappe Mitteilung hinterher: "Berlins öffentliche Kulturförderung stärkt die Kulturwirtschaft nachhaltig."
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