Berlins Finanzsenatorin unter Druck

Ein Grundstücksgeschäft mit dem ehemaligen Turnierreiter Schockemöhle, das ein CDU-Beamter nicht vorschriftsgemäß abwickelte, bringt die SPD-Finanzsenatorin Fugmann-Heesing in Schwierigkeiten  ■ Aus Berlin Dorothee Winden

Der Berliner Senat hat sich viel vorgenommen. 62 Millionen Quadratmeter landeseigener Grundstücke sollen verkauft werden, um mit dem Erlös das milliardenschwere Haushaltsloch zu stopfen. Doch schon bei vergleichsweise kleineren Veräußerungen gerät die Finanzverwaltung schwer ins Schlingern. Ein Grundstücksgeschäft mit dem ehemaligen Turnierreiter Alwin Schockemöhle hat in dieser Woche eine handfeste Krise in der Großen Koalition ausgelöst.

Schockemöhle will auf einem 244 Hektar großen Gelände im Norden Berlins eine Traberzucht aufbauen. Als in der vergangenen Woche bekannt wurde, daß das Grundstück weit unter Wert den Besitzer wechseln sollte und die Finanzsenatorin Annette Fugmann- Heesing (SPD) nichts von dem Vertragsabschluß wußte, schlugen die Wogen hoch.

Doch um das Grundstücksgeschäft ging es dabei nur am Rande. Die CDU nutzte die Gelegenheit, die SPD-Senatorin zu diskreditieren. Die Strategie der stetigen Demontage verfolgen die Christdemokraten schon seit Amtsbeginn der 42jährigen Juristin. Denn die zierliche Frau mit dem Mecki- Haarschnitt wurde schnell zum Star der SPD. Bald galt sie als mögliche Spitzenkandidatin für den Wahlkampf 1999 und könnte damit zur Gefahr für den blassen Regierenden Bürgermeister Eberhard Diepgen werden.

Die CDU-Strategie der permanenten Nadelstiche gegen die Senatorin erwies sich in dieser Woche als Bumerang. Denn die eigentliche Schwachstelle in der Finanzverwaltung ist Abteilungsleiter Hans-Joachim Legermann. Der Beamte mit dem CDU-Parteibuch ist verantworlich für den Verkauf von landeseigenen Liegenschaften und Immobilien – angesichts der geplanten Vermögensverkäufe eine Schlüsselposition. Allein in diesem Jahr sollen 5,8 Milliarden Mark durch Grundstücksverkäufe erzielt werden. Erst ein Bruchteil davon konnte bislang eingespielt werden.

Doch wenn schon ein Verkauf nicht vorschriftsgemäß abgewickelt wird, weckt dies wenig Vertrauen. Mitte dieser Woche stand Fugmann-Heesing dem Vermögensausschuß des Abgeordnetenhauses Rede und Antwort. Danach gab es weder eine öffentliche Ausschreibung noch ein Bieterverfahren, bei dem Interessenten ein Angebot unterbreiten können. Dies verstieß gegen eine Anweisung Fugmann-Heesings. Zudem wurde das Parlament umgangen. Der Kaufvertrag hätte den zuständigen Ausschüssen vorgelegt werden müssen.

Annette Fugmann-Heesing mißtraut ihrem Spitzenbeamten so sehr, daß sie in der vergangenen Woche die Tonbandaufzeichnungen des Vermögensausschusses abhörte, um festzustellen, daß Legermann sich im Ausschuß nicht eindeutig über den Stand der Vertragsverhandlungen geäußert hatte.

Aber auch innerhalb der Finanzverwaltung stockte der Informationsfluß. Legermann versäumte es, den Staatssekretär Peter Kurth (CDU) davon zu unterrichten, daß der Verkauf rechtskräftig war. Als der Staatssekretär, den die CDU der Senatorin bei Amtsantritt als Aufpasser zur Seite stellte, davon erfuhr, hielt er seiner Chefin diese Information eine Woche lang vor. Fugmann- Heesing bezeichnete dies als „eine unglückliche Verquickung von Umständen“, da Kurth tags darauf in Urlaub gefahren sei. Sie will jetzt die für Ende des Jahres geplante Zusammenlegung von Abteilungen ihres Hauses vorziehen. Damit dürfte sie Legermann auf elegante Art und Weise loswerden, da mehrere Abteilungsleiter überflüssig werden.

Ob der Verkauf an Schockemöhle noch zustande kommt, ist fraglich. Über den Kaufpreis muß nun erneut verhandelt werden. Statt der 2,2 Millionen Mark, die Schockemöhle geboten hatte, will das Land nun 10,4 Millionen Mark erzielen. Auch wenn im Fall Schockemöhle ein Abteilungsleiter allein verantwortlich war, die Senatorin hat dennoch in der Öffentlichkeit Schaden genommen. Denn in der letzten Woche sorgten zwei weitere umstrittene Grundstücksverkäufe für Schlagzeilen. Der Senat hat dem Verkauf des Geländes um die ehemalige US- Abhöranlage auf dem Teufelsberg zugestimmt, ohne das Parlament zu unterrichten. Und wegen der Entschuldung des Fußballvereins 1. FC Union durch einen Erbpachtvertrag, der das Land 12,5 Millionen Mark kostete, ermittelt die Staatsanwaltschaft gegen die Senatorin, Staatssekretär Kurth sowie Senatsrat Legermann wegen des Verdachts der Untreue.

Noch dazu holt sie die Lotto-Affaire ein, wegen der sie 1994 als hessische Finanzministerin zurücktrat. Möglicherweise muß sie als Zeugin im Prozeß gegen ihren früheren Staatssekretär aussagen. Dieser hatte am Mittwoch in Wiesbaden ausgesagt, daß Fugmann- Heesing früher von der umstrittenen Abfindung des Lotto-Geschäftsführers wußte, als sie bislang erklärt hatte.