Berlinmusik: Moos und Schatten
Wie klingt eigentlich Marmor? Oder Moos? Der Norweger Erik K Skodvin, seit einigen Jahren in Berlin ansässig, hat sich mit seinem Soloprojekt Svarte Greiner – ein nahezu bedeutungsfreies Wortspiel, bei dem der erste Teil „schwarz“ bedeutet, der zweite ein Wortgemisch ist – zur Inspiration ein wenig unter verschiedenartigen Festkörpern umgesehen. „Moss Garden“ heißt sein jüngstes Album mit zwei ausgedehnten Stücken, deren Titel zunächst auf Gegensätze schließen lassen: „The Marble“ füllt Seite eins, „Garden“ die Rückseite. Skodvin, der unter anderem auch im Berliner Drone-Improvisationsprojekt B/B/S mitspielt, hat seinen Moosgarten, trotz heterogener Zusammensetzung, allerdings einigermaßen gleichschwebend gestaltet.
Ob Marmor oder Garten, bestimmen bei Skodvin ruhige Liegetöne das Terrain. „The Marble“ beginnt mit sanften hohen gezogenen Streichern und einem getragen melodischen Bass. Das Bild, das sich dazu einstellt, hat weniger mit einem massiven Gesteinsblock zu tun als mit sanftem Wind, der über eine glatte Marmorfläche streicht.
Dagegen wirkt der Auftakt von „Garden“ metallisch-schroff: ein Kratzen, wieder auf Streichern, das wie in einem großen Maschinenraum verhallt, erneut einsetzt, abebbt, bis sich schließlich wieder ein sehr zarter Drone herausbildet, um den herum es hin und wieder ratscht und scheppert. Kein besonders wirtlicher Garten, scheint es, doch die Klänge fordern wie von selbst ihre Aufmerksamkeit, ziehen einen hinein in einen kaum merklichen Sog aus Geborgenheit und Gefahr. Unheimlich schön eben.
Latent unheimlich ist auch die jüngste Veröffentlichung von Thomas Köner und Andy Millweg als Porter Ricks. Ganze 17 Jahre ist es her, dass die beiden Pioniere des Dub-Techno mit einer Platte von sich hören machten. Jetzt kehren sie zurück mit ihrem „Shadow Boat“, drei rumpeligen, für ihre Verhältnisse fast aufgedrehten Produktionen. Das Boot, mit dem sie sich auf die Reise begeben, hat die musikalischen Grundkoordinaten, hallende oder rumpelnde Synthesizer-Fragmente über stoisch pumpendem Bass, aber beibehalten. Zu erwarten, dass Porter Ricks ihre musikalische Welt neu erfunden würden, wäre ohnehin ein bisschen viel verlangt gewesen. Doch ihre Herangehensweise hat sich noch einmal mehr verfeinert, sodass sie vertraut klingen, ohne sich in bloßem Recycling zu erschöpfen. Ein ruhiger Fluss, frei von Langeweile. Tim Caspar Boehme
Svarte Greiner: „Moss Garden“ (Miasmah)
Porter Ricks: „Shadow Boat EP“ (Tresor)
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