"Berliner Zeitung": Kampf mit dem Verleger

Der echte Verleger spielt falsch: Die Kooperationspläne und die "Auslagerung von Kernressorts" der DuMont-Blätter verstoßen gegen das Redaktionsstatut.

Plagt sich nach der Heuschrecke nun mit DuMont: Die Berliner Zeitung. Bild: ap

Die Urne steht bei Christian Bommarius. Bis 16 Uhr können SpätdienstlerInnen noch abstimmen, auch Briefwahl ist möglich. Klar ist: Der neue Redaktionsausschuss der Berliner Zeitung wird viel zu tun bekommen. Und es wird eine andere Arbeit als der Kampf gegen die Heuschrecke David Montgomery vor zwei Jahren. Denn nun hat man es mit dem "echten" Verleger zu tun, den die Redaktion des Blattes mit feiner Selbstironie im Juli 2008 per Anzeige in der taz suchte.

Doch der Kölner Verlag M. DuMont-Schauberg setzt nun auch auf "Kooperation" seiner vier Abotitel - neben der Berliner Zeitung Frankfurter Rundschau (FR), Kölner Stadtanzeiger und Mitteldeutscher Zeitung (Halle/S.) - und nach Befürchtungen vieler im Haus auf noch viel mehr: In den Musterverträgen für die neue Redaktionsgemeinschaft aller vier Blätter, die am 1. April ihre Arbeit aufnehmen soll, finden sich gut drei Seiten Kleingedrucktes zum Urheberrecht und an wen der Verlag die Artikel alles weiterverkaufen darf. Auch das verräterische Wörtchen "Mantelteil" - also ein komplettes überregionales Redaktionsangebot - kommt darin vor.

Damit, sagen einige Redakteure, unterscheide sich der neue Kurs gar nicht so sehr von dem des Investors Montgomery, der Anfang 2009 entnervt aufgab und an DuMont verkaufte. Dass "Berlin gewinnt" bzw. das alles "nur gut für die Berliner Zeitung" wäre, wie das Chefredakteur Uwe Vorkötter gern ausdrückte, glauben derzeit nur noch wenige. Bei den Kritikern heißt es, das neue Modell sei doch eine reine "Content-Verteil- und Verwaltungsmaschine", nach rein betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten. Doch was wird aus der von Chefredaktionen und Verlagsleitungen gern beschworenen Qualitätssteigerung, der das Ganze dienen soll? Zumal Vorkötter bei einer Redaktionsversammlung vergangene Woche ganz unumwunden zugab, auch das Ziel, DuMont-weit noch mehr Stellen einzusparen, stünde weiter auf dem Plan?

Für die neue Redaktionsgesellschaft, die die Politik- und Wirtschaftsberichterstattung für Berliner Zeitung und Frankfurter Rundschau übernehmen soll, wird es zumindest schon mal keinen Tarifvertrag geben - für jedeN, der den Sprung DuMont-intern auf eine der insgesamt 23 Stellen für Edelfedern schafft, sollen die für ihn aktuell gültigen Konditionen weitergelten. Wer künftig den Hut aufhat - die Chefredakteurin des neuen Pools, Brigitte Fehrle, oder die Herren in Berlin und Frankfurt, sei bislang nicht so ganz klar geworden, heißt es unisono in beiden Redaktionen. In Köln und Halle wartet man ab: Stadtanzeiger und Mitteldeutsche sollen sich bei den Pooltexten bedienen können und sind offiziell mit je 25 Prozent an der Redaktionsgesellschaft beteiligt. Das ohnehin schon länger gemeinsam betriebene dreiköpfige Hauptstadtteam der beiden Blätter bleibt zunächst aber separat vom Pool bestehen.

Zum Redaktionsstatut der Berliner Zeitung passt der neue Kurs gar nicht. Man sperre sich nicht gegen Kooperationen und eine Zusammenarbeit der diversen Verlagstitel, schrieben gestern Redaktionsausschuss und Betriebsrat an die Vorstände in Köln und den eigenen Chefredakteur in Berlin. Doch "eine Auslagerung von Kernressorts widerspricht nach unserer Auffassung dem Redaktionsstatut, das die Berliner Zeitung als Autorenzeitung mit einer Vollredaktion beschreibt". Und das seien "keine bloßen Formeln in einem Regelwerk, sondern eine Verfassung, die sich die Berliner Zeitung selbst gegeben hat". Und dann kommt eine kleine, feine Kampfansage: Man strebe "keine juristische Auseinandersetzung an", heißt es weiter, sei aber "notfalls in dieser zentralen Frage dazu bereit".

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