Berliner Wochenkommentar: Lasst sie einfach ihren Job machen
Barbara Slowik ist die erste Frau an der Spitze der Berliner Polizei. Das sorgt für Aufregung: Ist das etwas Besonderes – und etwas ganz Normales?
Eine Frau führt jetzt also Berlins Polizei. Na und?, ließe sich fragen. Ist das wirklich das große gesellschaftspolitische Signal, von dem Innensenator Andreas Geisel gesprochen hat, als er Barbara Slowik am Dienstag mit einer Pressekonferenz vorstellte?
Zugegeben, die hiesige Polizei ist eine große 23.000-Menschen-Truppe. Aber für heute 13-jährige Mädchen ist es normal, dass eine Frau ein 82-Millionen-Einwohner-Land führt – seit deren Geburtsjahr 2005 regiert im Kanzleramt Angela Merkel. Und wenn diese Mädchen gelegentlich in die Zeitung oder besser auf deren Homepages im Internet etc. schauen, sehen sie da oft Bilder einer Frau als Boss einer Riesenfirma, die sie alle aus ihrem Alltag kennen, techniklastig, wuchtig: Sigrid Nikutta ist seit vielen Jahren Chefin der BVG, des größten deutschen kommunalen Verkehrsunternehmens. Genauso wie an der Spitze der Senatsverwaltung für Wirtschaft – also der Domäne der Erhards, Schillers, Lambsdorffs, Clements – zuletzt drei Frauen standen.
Außerdem hat ja schon mal eine Frau Berlins Polizei geleitet, Vizepräsidentin Margarete Koppers vertretungsweise 2011 und 2012.
Und doch bleibt es etwas Besonderes wie alles, was es bislang noch nicht gab. Denn Koppers sprang bloß entsprechend der chain of command ein, als sich nicht rechtzeitig ein Nachfolger für den damals ausscheidenden Polizeipräsidenten Dieter Glietsch fand. Es war ja gerade das Besondere, dass Koppers trotz ihrer anerkannt guten Performance an der Behördenspitze nicht zur dauerhaften Glietsch-Nachfolgerin wurde.
Die Fallhöhe für Slowik ist daher groß. Die Behörde ist männlich dominiert, vor allem in den Führungsjobs, wo auf 19 Männer eine Frau kommt. Ein gewisser Machismo ist nicht wirklich zu bestreiten. Diese Männer haben nicht alle unbedingt und durchweg darauf gewartet, dass sie endlich eine Frau als Vorgesetzte bekommen. Umso mehr, weil Slowik keine Polizistin ist und nicht das hat, was so gern mit „Stallgeruch“ beschrieben wird. Scheitert sie, egal woran, werden es viele so sehen, dass nicht die bisherige Ministeriumsmitarbeiterin, IT-Expertin, geborene Zehlendorferin gescheitert ist – sondern „die Frau“.
Man(n) sollte Slowik einfach ihren Job machen lassen, ohne das mit großen Signalen oder Botschaften aufzuladen und ihre Aufgabe dadurch noch schwerer zu machen – entweder ist sie die richtige Person für den Job oder nicht.
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