Berliner Weihnachtsmärkte werden öko: Früher war mehr Lametta
Strengere bezirkliche Auflagen, aber auch Eigeninitiativen der Berliner Weihnachtsmärkte sorgen für eine bessere Ökobilanz des Spektakels.
Heute, Kinder, wird’s was geben: An diesem Montag öffnen die großen Berliner Weihnachtsmärkte ihre kunstschneeverzierten Buden, heizen die Glühweinpötte an und verbreiten Glöckchenklang, dass es einem ganz warm ums Lebkuchenherz wird. Das ist die schlechte Nachricht. Die gute: Dank strengeren bezirklichen Auflagen, aber auch auf Eigeninitiative gerade der kleineren Märkte wird der ökologische Fußabdruck der organisierten Feierei langsam kleiner.
Auflagen für Marktbetreiber und -händlerInnen in Sachen Sicherheit oder Umwelt sind zurzeit noch Bezirkssache, auch wenn es im Senat Bestrebungen gibt, einen stadtweit einheitlichen Katalog zu erarbeiten. Die beiden Bezirke mit den meisten und größten Weihnachtsmärkten, Mitte und Charlottenburg-Wilmersdorf, haben ihre Regelwerke jedoch bereits kontinuierlich optimiert, wie der Sprecher des Bezirksamts Mitte, Christian Zielke, gegenüber der taz bestätigt.
„Wir sind da schon relativ stringent“, so Zielke, „und Sanktionen wie die Erhebung von Bußgeldern waren bisher noch gar nicht nötig. Die Betreiber sind interessiert an einer guten Zusammenarbeit mit uns, sie wollen sich ja auch das Geschäft nicht verderben.“ Der Umweltkatalog von Mitte regelt unter anderem, dass auf den Märkten ausschließlich wiederverwendbares Geschirr, Besteck und Trinkgefäße verwendet werden dürfen. Keine Pappbecher, keine Plastikteller. Selbst Portionsverpackungen für Kaffeesahne, Ketchup oder Senf sind verboten.
Im Prinzip ist Einweg bei Großveranstaltungen auf Landesebene schon länger tabu, so steht es in der „Verwaltungsvorschrift Beschaffung und Umwelt“. Allein, das gilt nur für Events, die vom Land oder den Bezirken selbst ausgerichtet werden. So gut wie alle rund 75 Weihnachtsmärkte werden jedoch von privaten Veranstaltern, zum Teil auch von gemeinnützigen Vereinen oder Kirchengemeinden betrieben.
Da an jeder Bude trotz alledem Müll anfällt – schon durch die Verpackungen der verarbeiteten Zutaten –, gelten auch strenge Vorschriften für Trennung und Entsorgung. Die Marktbetreiber sind gehalten, entsprechende Behälter aufzustellen. Laut Bezirksamtssprecher Zielke wird auch das jahreszeitspezifische Grünzeug artgerecht entsorgt: „Der Tannenschmuck geht zum Teil als Elefantenfutter an den Zoo, zum Teil wird er in Kleingartenvereinen oder Friedhöfe als Beetabdeckung weiterverwendet.“
Ähnliche Kriterien werden auch in Charlottenburg-Wilmdersdorf angelegt, wo mit dem Breitscheidplatz und dem Markt am Schloss zwei Glühwein-Großkampfarenen in den Startlöchern stehen. Auch hier gilt „striktes Plastikgeschirrverbot“, teilte die Sprecherin des Berliner Schaustellerverbands, Angelika Grüttner, der Berliner Zeitung mit. Der Verband richtet den Markt an der Gedächtniskirche aus, das Flaggschiff aus Westberliner Zeiten. Nichtsdestotrotz summierten sich hier zur Adventszeit rund 300 Tonnen Müll, so Grüttner.
Ganz selbstverständlich herrscht nachhaltiges Denken auf manchen kleineren Märkten, zum Beispiel dem Alt-Rixdorfer Weihnachtsmarkt, der immer am zweiten Adventswochenende rund um den Richardplatz stattfindet und längst zum Publikumsmagnet der etwas anderen Art geworden ist. Der Markt, auf dem ausschließlich gemeinnützige Einrichtungen, Vereine oder Nachbarschaftsinitiativen Geschenke verkaufen oder Heißgetränke servieren, ist die Ausnahme, die die Regel bestätigt – Veranstalter ist der Bezirk Neukölln.
Organisator Christian Bärmann bestätigt, dass es hier auch ökologisch mit rechten Dingen zugeht: „Ich habe damit vor 15 Jahren angefangen, und schon damals gab es ein Pfandbechersystem. Wir halten die Teilnehmer an, die Müllmenge moderat zu halten, und richten auch ein Trennsystem ein.“ Passenderweise habe auch die Neuköllner Nachhaltigkeitsbeauftragte einen Stand auf dem Markt.
Elektrisches Licht gibt es an den Ständen übrigens nicht: „Wir geben Petroleumlampen aus, die auch gut zu der historischen Atmosphäre des Kiezes passen“, so Bärmann. Auf den großen Glitzermärkten kommt der Lichterglanz währenddessen weiter aus der Steckdose – aber schon seit Jahren wird hier immer mehr mit LEDs statt mit Glühlampen gearbeitet. Einfach weil die viel sparsamer und ergo billiger sind.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Rechtspopulistinnen in Europa
Rechts, weiblich, erfolgreich
Buchpremiere von Angela Merkel
Nur nicht rumjammern
Wirkung der Russlandsanktionen
Der Rubel rollt abwärts
Rauchverbot in der Europäischen Union
Die EU qualmt weiter
Greenpeace-Mitarbeiter über Aufrüstung
„Das 2-Prozent-Ziel ist willkürlich gesetzt“
Stellungnahme im Bundestag vorgelegt
Rechtsexperten stützen AfD-Verbotsantrag