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Berliner WassertischDie Wasser teilen sich

Die Initiative spaltet sich auf. Streit gibt es um Inhaltliches und um die Umgangsformen.

Erfolgreich gegen Privatisierung: Die Wassertisch-Initiative Bild: dapd

Die Konflikte beim Berliner Wassertisch sind ein Dreivierteljahr nach dem gewonnenen Volksentscheid eskaliert: Die Initiative teilte mit, dass sie sich von einem Teil ihrer Mitstreiter getrennt habe. Ein "massiver Vertrauensbruch" und die Behinderung der eigenen Arbeit seien der Grund für die Trennung.

Es geht - nach Ansicht beider Seiten - um nichts geringeres als die Zukunft der Berliner Wasserbetriebe. Nachdem ein erfolgreicher Volksentscheid im Februar die Offenlegung der Verträge über die Teilprivatisierung der Wasserbetriebe forderte, war die Initative uneins, wie sie weiter vorgehen will. Die Mehrheit des Wassertisches setzt vorerst auf juristische Mittel und politischen Druck, damit der Senat sich um eine Rückabwicklung der Verträge kümmert und das 1999 teilprivatisierte Unternehmen wieder komplett in landeseigene Hände übergeht.

Einer Gruppe um den früheren Sprecher des Volksbegehrens, Thomas Rudek, reicht das nicht: Sie setzt neben einem anderen juristischen Weg auf ein zweites Volksbegehren, das die Rekommunalisierung der Wasserbetriebe zum Ziel hat. Schon seit Monaten gibt es neben dem Wassertisch daher eine zweite Initiative mit eigenem Internetauftritt und anderem Namen: die Wasserbürger. Rudek hatte stets betont, dass die Wasserbürger eine Ergänzung seien, man weiterhin eng mit dem Wassertisch zusammen arbeiten wolle.

Danach sieht es nun nicht mehr aus. Auf seiner letzten Sitzung entschied der Wassertisch, sich von den Wasserbürgern zu trennen. Wassertisch-Aktivisten berichten über "Störversuche" der neuen Initiative und "fortlaufende Verstöße gegen die Beschlüsse des Wassertischs".

"Es gibt sowohl inhaltliche als auch persönliche Differenzen", sagt Gerhard Seyfarth vom Wassertisch. Er spricht von nicht vorhandener Teamfähigkeit und einem Mangel an Einsicht, sich Mehrheitsbeschlüssen unterzuordnen. Scharfe Kritik von Seyfarth gibt es auch daran, dass der "Arbeitskreis Unabhängiger Juristen", der gerade einen maßgeblichen Teil der die Arbeit der Wasserbürger ausmacht, nicht öffentlich tage und unklar sei, wer eigentlich dazu gehöre.

"Totalitäre Praxis"

"Die Trennung war von den Wasserbürgern nicht erwünscht und wird auch nicht so akzeptiert", sagt dagegen Thomas Rudek. Er erhebt seinerseits Vorwürfe der Intransparenz gegen den Wassertisch: Dort herrsche eine "totalitäre Praxis", der Tagungsort einer Sitzung sei spontan geändert, vom Ausschluss betroffene Personen seien nicht angehört worden. "Der Wassertisch ist nicht die alleinige Kompetenz in Fragen der Rekommunalisierung", sagt er zum Vorwurf, sich nicht an Beschlüsse zu halten.

Trotz des eskalierten Konflikts sieht es aus, als wollten beide Seiten eigentlich das gleiche. "Noch vor dem Sommer", so Rudek, solle das Volksbegehren zur Rekommunalisierung vorgestellt werden. Und auch Seyfarth sagt: "Wenn sich im Abgeordnetenhaus nichts bewegt, dann muss ein Volksbegehren auf die Tagesordnung." In Angriff nehmen wolle man das im kommenden Jahr.

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9 Kommentare

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  • U
    Unbeteiligter

    Da hier allein fünf Kommentare die abgespaltene Gruppe propagieren und auf die neue Website hinweisen, erlaube ich mir mal einen Hinweis auf die originale Wassertisch-Website:

     

    http://berliner-wassertisch.net/

  • VA
    VERTRÄGE ANFECHTEN

    An dem regulären Wassertischtreffen im September haben insgesamt 22 Menschen teilgenommen.

    Im Oktober trafen sich auf dem regulären Plenum in der Berliner Compagnie (Muskauer Straße) 15 Wassertischler.

    Die Gruppe um das ehemalige Presseteam im Berliner Büchertisch kam auf ca. 28 Mitglieder.

    Zählt man jetzt die Teilnehmerzahlen beider Veranstaltungen zusammen, kommt man auf ca. 43, also fast mehr als doppelt so viel Teilnehmer wie im September.

     

    D.h. das ehemalige Presseteam hat für seinen Putsch Kind und Kegel zusammengetrommelt, um auf eine möglichst hohe Teilnehmerzahl zu kommen. Diese entspricht aber nicht im Geringsten dem tatsächlichen Stand der aktiven Mitglieder. So kann man jede Wahl gewinnen - nur demokratisch und transparent ist es nicht.

     

    Die Wassertischler in der Berliner Compagnie haben das reguläre Treffen durchgeführt.

    Sie sind allesamt der Ansicht, dass, wer einen Antrag stellen möchte, dies ganz normal ankündigen und auf die Tagesordnung setzen lassen kann. Im Anschluss wird dann demokratisch abgestimmt.

  • K
    Karin

    Zum "regulären Wassertisch" bzw. Volksfront von Judäa um die Herren R. und R. sollte man vielleicht noch anmerken, mit welchen Mehrheitsverhältnissen die Zusammenarbeit beendet wurde:

     

    24: 4 waren beim Wassertisch-Plenum am 4. Oktober, zu dem jeder hätte kommen können, gegen die künftige Zusammenarbeit mit "Wasserbürgern" und sonstigen Störern. Wenn nun ein paar Leute, die meinen, zu kurz gekommen zu sein, sich als "regulärer Wassertisch" ausgeben und dazu noch komische Pressemitteilungen rausgeben ist das ähnlich lächerlich, wie wenn ausgerechnet Leute, die alles im Geheimen machen, Plenumsbeschlüsse ignorieren, sich öffentlich vom Wassertisch distanzieren und einzelne Leute denunzieren selbigem nun "totalitäre Praxis" vorwerfen.

  • RY
    Reclaim your water

    Doch, Herr Aduro. Es wäre jedem Bürger geholfen, die Wasserbetriebe zu rekommunalisieren. Jedes Jahr fließen den Privaten (Veolia und RWE) Millionenbeträge in dreistelliger Höhe (!!!) zu. Egal, an welcher Schraube man drehen würde: Die Privaten bekommen immer ihr Geld.

    Bitte die Studien von Passadakis, Hachfeld u.a. lesen.

    Wir müssen erreichen, dass die Verträge rückabgewickelt werden. Nur so kann die Renditegarantie, die in die Verträgen eingebaut wurde, gekippt werden.

     

    Es gibt unterschiedliche Wege.

    Das ehemalige Wassertisch-Presseteam wünscht sich eine Normenkontrollklage. Wenn die erfolgreich sein sollte, dann wird das Berliner Betriebegesetz zwar geändert. Aber die verbrecherischen Verträgen sind wir dann nicht los. Die garantierte Rendite für die Privaten wird dann an anderer Stelle eingezogen (notfalls aus dem Landeshaushalt). Das weiß das ehemalige Wassertisch-Presseteam auch. (hier gibt es übrigens nicht 1, der juristische Kompetenz aufweist)

     

    Der reguläre Wassertisch in der Berliner Compagnie will ALLE juristischen und politischen Mittel nutzen, die ihm als vielversprechend erscheinen.

    Der vom ehemaligen Presseteam unterdrückte juristische Leitfaden (erstellt von einer unabhängigen Juristengruppe) zeigt vielversprechende Wege auf, wie die Privatisierungsverträge juristisch angefochten werden können.

    Auch wird man versuchen, mittels europäischem Recht die Verträge zu kippen.

    Selbstverständlich steht man hier auch einem neuen Volksbegehren offen gegenüber.

     

    Wer glaubt denn, dass die Parteien uns freiwillig unsere Wasserbetriebe zurückholen werden?

    Es war Schwarz-Rot 1999, die sie verkauft hat.

    Und Wowereit mitten drin.

  • VA
    VERTRÄGE ANFECHTEN

    Schön wäre es, wenn die taz sich erst einmal die Pressemitteilung zu den Spaltungsvorgängen ansehen würde, die die regulär tagende Wassertisch-Partei unter „www.berliner-wassertisch.info“ veröffentlicht hat, bevor sie einen Artikel dazu verfasst.

     

    Dort würde sie kein Wort von dem Wasserbürger-Portal lesen. Die Wasserbürger sind eine eigenständige Gruppe, die nicht institutionell mit dem regulären Wassertisch verbunden sind. Der regulär tagende Wassertisch legt jedoch Wert darauf, dass der Arbeitskreis Unabhängiger Juristen, der sich in der letzten Zeit am effektivsten der Aufarbeitung der ehemaligen Geheimverträge gewidmet hat, auch in der Öffentlichkeitsarbeit des Wassertischs berücksichtigt wird. Zuletzt standen die Wassertisch-Mitglieder vor der absurden Situation, dass über die vom Arbeitskreis vorbereitete und von Transparency International und der Verbraucherzentrale bei der EU eingereichte EU-Beschwerde gegen die Teilprivatisierung zwar in der gesamten Presse zu lesen war, nur auf der Seite vom Wassertisch nicht. Gleiches gilt für das vom Arbeitskreis vorbereitete Abgeordneten-Organstreitverfahren, das von der Verbraucherzentrale und dem Bund der Steuerzahler der Presse vorgestellt wurde, aber ebenfalls aus vorgeschobenen Gründen vom Presseteam des Wassertischs unterdrückt wurde. Warum?

     

    Der reguläre Wassertisch sieht es daher nicht nur negativ, dass sich das Presseteam jetzt selbst rausgeputscht hat.

  • RW
    Regulärer Wassertisch

    Der Wassertisch hat sich in der Tat in zwei Teile gespalten: In einen, der sich regulär und mit veröffentlichter Tagesordnung am üblichen Ort versammelt hat und einen des (jetzt ehemaligen)Presseteams, der zur gleichen Zeit an einem zwei Tage vorher bekanntgegebenen Treffpunkt, dem Büchertisch in Kreuzberg, seine Sitzung abgehalten hat – ohne vorherige Angaben von Gründen und ohne vorherige Bekanntgabe der Tagesordnung. Welches Vorgehen transparent und demokratisch ist, und welches wohl eher die Bezeichnung Putsch verdient, möge jeder selbst beurteilen.

    Die Pressemitteilung ist unter www. berliner-wassertisch.info zu finden.

  • W
    Wolfgang

    Man stelle sich vor: Es gibt einen Arbeitskreis Unabhängiger Juristen, der unter Koordinierung einer Wassertisch-Aktivistin eine Klagemöglichkeit gegen die unsäglichen Wasser-Privatisierungsverträge herausgefunden hat, hierbei auch Unterstützung von der Verbraucherzentrale und dem Bund der Steuerzahler bekommen hat und das Pressteam des Wassertischs hat es nicht nötig, dies in der Öffentlichkeit bekannt zu machen. Und dann wird geputscht: der Tagungsort für das monatliche Plenum wird verlegt, die Begründung hierfür aber nicht mitgeteilt. Dann werden Leute, die auch eine andere Initiaive inhaltlich unterstützen, nur weil sie eine Minderheitsmeinung zu Fragen eines neuen Volksbegehrens haben, ohne sie anzuhören herausgeschmissen. Hier die Pressemitteilung des regulären Wassertischs - und das sind nicht(!) die Wasserbürger: www.berliner-wassertisch.info

  • K
    Karin.

    Naja, dass es mit bestimmten, im Artikel genannten Perönlichkeiten, in den verschiedensten Initiativen in dieser Stadt immer wieder Ärger aus den gleichen Gründen gab, die ebenfalls im Artikel genannt werden, sollte schon mitbedacht werden. Dass dem Wassertisch ausgerechnet aus dieser Ecke eine "totalitäre" Praxis vorgeworfen wird, ist schon ein ziemlicher Witz!

  • EA
    Enzo Aduro

    Wenn man zu einem unpassenden Preis (zB dem abdiskontierten Gewinnen der Privateigner) die Wasserbetriebe rekommunalisiert, dann ist keinem geholfen. Das geht dann zugunsten der Wasserkunden, zulasten der Schulen, Bäder, Allgemeinheit.

     

    Da das im zweifel der gleiche Personenkreis ist, ist damit keinem geholfen.