piwik no script img

Berliner WasserbetriebeWowereits Gedächtnislücke

m Jahr 1999 war der heutige Regierende Bürgermeister ein offensiver Verfechter der Teilprivatisierung.

So jung sah Wowereit (links) vor zehn Jahren aus. Inzwischen hat er nicht nur mehr graue Haare - auch sein Gedächtnis lässt nach. Bild: Wolfgang Rattay/Reuters

So genau mag Klaus Wowereit sich offenbar nicht mehr daran erinnern, wie er im Jahr 1999 zur teilweisen Privatisierung der Wasserbetriebe stand. Vergangene Woche sagte der Regierende Bürgermeister, er habe im Abgeordnetenhaus dagegen "wohl nicht protestiert". Tatsächlich hatte Wowereit, damals Haushaltspolitiker der SPD-Fraktion, den Verkauf von 49,9 Prozent der Anteile an die Konzerne RWE und Veolia offensiv befürwortet.

Damals regierte die SPD in einer Koalition mit der CDU unter Eberhard Diepgen. PDS und Grüne befürchteten steigende Preise, Personalabbau und überzogene Gewinnabführungen an die Konzerne. Wowereit hielt im Haushaltsausschuss dagegen. Dies dokumentiert das 8080/starweb/adis/citat/VT/13/AusschussPr/ha/ha13088.i.pdf:Protokoll vom 30. März 1999 (PDF), das die Redebeiträge der Abgeordneten in indirekter Rede widergibt. Wowereit sagte demzufolge, "die Argumentationen der Oppositionsfraktionen enthielten nichts Neues; diese wünschten offenbar, dass alles beim Alten bleibe". Wowereit führte damals aus, das nach dem Gesetzentwurf vorgesehene Holding-Modell sei "nicht am Profitstreben des einzelnen Investors orientiert, sondern eine ausgewogene und sehr komplizierte Konstruktion, um die verschiedenen Interessen zu bündeln und auch künftig den Einfluss des Landes Berlin auf die Berliner Wasserbetriebe zu erhalten".

Was die Wasserpreise anging, versuchte Wowereit die Kritiker mit einem Beschluss des Abgeordnetenhauses zu beruhigen. Dieser Beschluss "verweise auf Bemühungen, durch die Unternehmenspolitik eine Senkung des Wasserpreises zu erreichen; dies sei dann aber entsprechend der Wirtschaftslage der Berliner Wasserbetriebe zu entscheiden."

Bei der Abstimmung am 29. April 1999 stimmten immerhin fünf SPD-Abgeordnete gegen das Teilprivatisierungsgesetz. Wowereit hingegen votierte mit Ja. Den Konzernen wurde bei dem Verkauf eine garantierte Rendite auf das betriebsnotwendige Kapital zugesichert. Der Wasserpreis stieg seither um 24 Prozent, zusätzlich wurde noch ein neuer Grundpreis eingeführt.

40.000 mal Danke!

40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen

2 Kommentare

 / 
  • KN
    Kai Nebe

    Wird die Stadt Berlin die gleichen Erfahrungen machen wie die Stadt Grenoble bei der Privatisierung der Wasserwerke?

  • D
    Diesel

    Im Vergleich liegen die Wasserpreise in Berlin doch immer noch in einem akzeptablen Bereich. 2008 gab es doch sogar eine Senkung für mittlere und größere Haushalte. Bei städtischen Betrieben (z.B. Nahverkehr, Parken) wird doch eine viele größere "Abzocke" betrieben. Das wäre mal ein dankbares Feld für kritische Berichterstattung!