Berliner Szenen: Der Herr Fischprofessor
Bei Kropp gibt‘s Fisch. Denkt man. Die junge Kunstszene zeigt sich jedoch irritiert ob der Kilopreise.
S itze bei Kropp und esse Fisch mit Kartoffelsalat, genau wie all die anderen Rentner in Neukölln. Zwei Männer mit Bärten kommen rein und gucken den Fisch in der Theke an, lange. Ein bisschen wie in einer Kunstgalerie. Zeigen, tuscheln, gucken, Kopfwiegen.
Wollen die sich den Fisch in die Wohnung hängen oder was. „You speak english?“, fragen sie den Verkäufer. „No, no, I not“, sagt der Verkäufer, „I not, but, my …“, er zeigt nach hinten. „Your colleague“, sagen die Männer. „Yes, my colleague“, sagt der Verkäufer. „Where are you from?“, fragen die Männer. „Germany, Germany“, sagt der Verkäufer und wedelt mit den Armen, so als wenn er zeigen will, dass das um ihn herum alles Germany ist. „Ah“, sagen die Männer, und der Verkäufer ruft nach hinten: „He, Patrick, alter Englischprofessor, komma her!“
Die Männer lachen, „Englischprofessor“ verstehen sie. Patrick kommt. „Übernimm ma‘ hier“, sagt der erste Verkäufer. „So, hello!“, sagt Patrick, „what can I do for you?“ Die Männer zeigen auf einen Fisch. „Is this the price for one kilo?“ – „Yes, 19 Euro.“ – „Not 100 gram, but like … one Kilo?“ – „Yes.“ – Sie gucken sich an. „Ah well. You know, we just discovered this shop.“ – „Yes, you are welcome!“, sagt Patrick. Sie bereden was miteinander, vielleicht überlegen sie, jetzt nicht nur das Wohnzimmer, sondern auch das Schlafzimmer damit zu tapezieren. „And this one is also, like, for one Kilo?“, fragt der eine. „Yes“, sagt Patrick, „it’s 19 Euro.“ – „Oh, ninety“, sagt der eine. „No“, sagt Patrick, „nineteen, it is nineteen Euro also.“ – „Oh yes.“
Sie beraten sich noch mal, sind ein bisschen irritiert. Vielleicht sind das nicht die üblichen Preise auf dem Kunstmarkt. „Maybe we come back later“, sagt der eine. „Yes, of course“, sagt Patrick, „we are open until seven.“ Dann gehen sie. Vielleicht müssen sie noch den Rest der Wohnung ausmessen.
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!