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Berliner SzenenLinks und rechts

Kolumne
von Marlene Goet

Berlin ist wild und gefährlich. Und unsere AutorInnen sind immer mittendrin. Ihre schrecklichsten, schönsten und absurdesten Momente in der Großstadt erzählen sie hier.

E inige meiner Freunde wohnen in Neukölln, drei von ihnen an der Hasenheide direkt neben dem Park. Als sie dort eingezogen sind, fanden sie es toll, so nah an der Natur zu leben. Jetzt, nach mehr als einem Jahr, finden sie es manchmal etwas gruselig. Vor allem nachts. Bisher dachte ich, es sei ein bisschen übertrieben oder sogar paranoid. Aber immerhin wurde einer ihrer Nachbarn schon belästigt und einmal sogar überfallen.

Eins steht jedenfalls fest: Diese Straße ist seltsam. Sie heißt Hasenheide, genau wie der Park, und sie markiert die Grenze zwischen zwei Bezirken. Meine Freunde wohnen in Neukölln. Auf der anderen Seite der Straße befindet man sich schon in Kreuzberg. Links der dunkle Park, die Glücksspiel-Casinos, die dubiosen Gestalten und viele billige Discount-Supermärkte. Rechts kleine Kiezläden, Restaurants und Cafés, Bäckereien und Kneipen. Und viele verschiedene Menschen, junge und alte, reiche und arme, alles ist multikulti und bunt. Zwischen links und rechts liegen gerade mal zwanzig Meter, aber in diese zwanzig Meter passen Welten.

Letzte Woche war ich mit meiner Freundin M., die in der Hasenheide wohnt, im Supermarkt auf der Neuköllner Seite. Es war noch nicht spät, aber bereits dunkel. Als wir den Weg zu ihr nach Hause einschlugen, wirkte sie plötzlich angespannt. „Lass uns auf der anderen Seite gehen, auch wenn es ein Umweg ist“, sagte sie. Ich wollte wissen, was ihr solche Angst einjagte, und drehte mich um. Links lag der finstere Park. Auf dem kaum beleuchteten Gehweg torkelte eine unsichere Gestalt. Als sie näher kam, sah ich die Aufschrift auf dem grauen T-Shirt des Mannes: „SEX“ stand dort, in großen schwarzen Buchstaben. Schnell folgte ich meiner Freundin, die schon beinahe über die Straße gelaufen war, und ich nahm mir vor, in Zukunft lieber auf der Kreuzberger Seite zu bleiben. Jedenfalls nachts.

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