Berliner Szenen: Keine Seekühe mehr

Gar nicht so leicht, ein Babygeschenk zu kaufen in einer durchgentrifizieren Gegend. Es gibt Plüschdöner und Biostrampler und zur Erholung Süßkartoffeleis.

Für mich? Danke, wär gar nicht nötig gewesen. Bild: dpa

O. hat ein Kind gekriegt, ich möchte etwas schenken. Ich habe versucht, ein Mützchen zu häkeln. Aber weil ich das letzte Mal vor über zehn Jahren gehäkelt habe, sah das Mützchen aus wie eine Beleidigung, und ich fummelte es wieder auf.

Ich gehe in einen Laden, wo es Plüschtiere gibt. Ich hab da mal für ein anderes Kind eine ziemlich coole lilablaue Seekuh gekauft. Die Verkäuferin sagt, Seekühe haben sie nicht mehr. Es gibt stattdessen Giraffen und Seepferdchen, aber die sind nicht schön. Und eine Wildschweinfamilie, von der Vater Schwein ganz okay aussieht, aber ziemlich teuer ist.

20 Meter weiter ist ein Spielzeugladen. Es gibt Plüschdöner für 15 Euro und Bioholzrasseln – ich möchte beides nicht. Laufe weiter und bleibe vor einem Schaufenster stehen: ein Designer-Babybekleidungs-Shop. Gehe rein, kann nicht anders. Wie bei einem Unfall, man kann nicht weggucken. Es gibt Strampler aus Biobaumwolle, teuer. Hosen für gerade so krabbelnde Kinder, noch teurer. Handtäschchen mit Blümchen, Rucksäckchen mit Schneckchen. Gehe wieder raus.

Der Laden ist neu, früher war eine Eisdiele drin. Ich dachte irgendwann, die Gegend wär schon fertig durchgentrifiziert, es geht aber offenbar noch einiges. An der Ecke, wo früher ein Blumenladen war, ist jetzt eine Galerie, und schräg gegenüber, wo ein Trödelladen war, ist jetzt eine zu vermietende Gewerbefläche mit glänzenden Dielen.

Ein Stück weiter, da, wo lange Zeit gar nichts war, ist seit ein paar Tagen ein neuer Eisladen. F. war schon mal da und hat angeblich Safran- und Süßkartoffeleis gegessen. Ich gehe rein, es gibt tatsächlich Safraneis und Süßkartoffeleis. Die Eisfrau lässt mich Süßkartoffel probieren. Schmeckt okay. Ich nehme Pistazie und Mango – und nehme mir vor, das mit dem Häkeln nochmal zu versuchen.

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Jahrgang 1986. Schreibt seit 2009 für die taz über Kultur, Gesellschaft und Sex. Foto: Esra Rotthoff

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