Berliner Radiomarkt: Multikulti lässt aufhorchen
Laut Media-Analyse hat das mehrsprachige Radioprogramm in wenigen Monaten 20 Prozent mehr Hörer gewonnen. An der Schließung will der RBB dennoch nicht rütteln.
Es ist ein Anstieg um mehr als 20 Prozent im Vergleich zum Frühjahr - trotzdem soll zum Jahresende Schluss sein: Obwohl sich die Hörerzahlen von Radio Multikulti nach der neuesten Media-Analyse (MA) von rund 37.000 auf 45.000 HörerInnen täglich verbessert haben, will der Rundfunk Berlin-Brandenburg (RBB) an der Schließung der Radio-Welle festhalten.
Der Reichweitenanstieg sei zwar "ein schönes Ergebnis", sagte RBB-Sprecher Ralf Kotsch am Montag der taz. Doch die finanziell gebeutelte ARD-Anstalt, der nach eigenen Angaben durch Gebührenausfälle bis 2012 rund 54 Millionen Euro im Etat fehlen, bleibe bei ihrem Entschluss: "Wir haben unsere Entscheidung, Radio Multikulti zu schließen, nie von der Quote abhängig gemacht."
Die gestiegene Reichweite ist auch ein Hinweis darauf, dass es Multikulti immer schwerer hatte als andere Programme, sich in der Quoten-Leitwährung Hörer pro Tag durchzusetzen: Denn erstmals fragte die MA bei der aktuellen, in der vergangenen Woche veröffentlichte Auswertung auch nach dem Radio-Nutzungsverhalten von sogenannten EU-Ausländern - also in Deutschland lebenden Staatsangehörigen anderer EU-Länder. Prompt stiegen die absolute Hörerzahlen und die Reichweite von Multikulti, das zahlreiche fremdsprachige Sendungen im Programm hat. So sollen die migrantischen Communitys informiert - und integriert - werden.
Wer aber ohne deutschen oder EU-Pass in Berlin und Brandenburg lebt und Multikulti einschaltet, bleibt weiterhin unberücksichtigt. Richtet sich ein Programm - wie jenes von Multikulti - ausdrücklich an ein internationales Publikum, wird es auch nach Meinung der MA-Macher nicht exakt abgebildet: "So ein Sender hätte Nachteile bei uns", sagte die für die Radio-Analyse zuständige MA-Leiterin der taz.
Auch die TV-Quote wird übrigens bislang nur in Haushalten von EU-BürgerInnen ermittelt. Berlins größte Migrantengruppe, die rund 120.000 TürkInnen, fallen so beispielsweise durch alle Raster durch wie die knapp 20.000 Afrikaner-, knapp 25.000 Amerikaner und gut 20.000 AsiatInnen.
"Wir konzentrieren uns darauf, ein gutes Programm zu machen, um den Menschen zu zeigen, was ihnen in Zukunft entgeht", hatte Multikulti-Chefredakteurin Ilona Marenbach Ende Mai als Parole für die Welle ausgegeben. Nun gehört Multikulti zu den drei RBB-Wellen, die sich laut MA überhaupt nur verbessert haben. Die anderen sind Kulturradio (103.000) und Radio Eins (335.000 HörerInnen).
In einem Vergleich aller ARD-Radioprogramme schneidet der RBB mit seinen sieben Wellen dennoch eher schlecht ab: Während im Saarland die Programme des Saarländischen Rundfunks auf eine Reichweite von stolzen 53,2 Prozent kommen, bildet der RBB mit 34,8 Prozent das Schlusslicht. Dies liegt allerdings an der unvergleichlich großen Zahl von Radiosendern in Berlin und der Region.
Die Multikulti-Unterstützer wollen unterdessen nicht aufgeben und laden zur Vorbereitung ihrer nächsten Kampagne am Samstag zum Workshop "Herbstoffensive" in die Ufa-Fabrik.
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