Berliner Klub Yaam wird umgebaut: Gleiten statt tanzen
Weil seine Konzerthalle wegen Einsturzgefahr geschlossen wurde, musste sich der Multikulti-Club Yaam für den Winter etwas Neues überlegen.
Das Yaam, an der Grenze zwischen Friedrichshain und Kreuzberg gelegen, ist ein Multikulticlub mit Karibik- und Reggaeflair und besonders beliebt bei Communitys aus afrikanischen Ländern. Seit zweieinhalb Jahren aber hat er Probleme, die dazu geführt haben, dass er inzwischen gar kein Club im eigentlichen Sinne mehr ist, sondern eine weitläufige Open-Air-Arena. Deswegen muss er sich für die Winter etwas Originelles einfallen lassen, um in der kalten Jahreszeit überhaupt über die Runden zu kommen.
Das Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg hatte im Sommer 2020 die Ufermauer im Bereich des direkt an der Spree liegenden Clubs für einsturzgefährdet erklärt. In einer Nacht- und Nebelaktion wurde dessen Konzerthalle geschlossen, und an diesem Zustand hat sich bis heute nichts geändert. Jamal Kamano vom Yaam, der einen beim Rundgang über das Gelände begleitet, sagt, derzeit liefen Verhandlungen mit dem Bezirk über die Zukunft des Clubs. Ein Mietvertrag mit etwa 30 Jahren Laufzeit stünde im Raum. Ein solcher würde dem Club ausreichend Planungssicherheit geben, um nach einer Behebung der Probleme mit der Ufermauer selbst in die notwendig gewordenen Umbaumaßnahmen in der Konzerthalle investieren zu können.
Konkurrenz der Mottoweihnachtsmärkte
Bis zum 23. Dezember wird das Yaam aber nicht nur der Club ohne Clubbetrieb, dafür aber mit Eisfläche sein, sondern er hat sich auch noch zu einem unter vielen Mottoweihnachtsmärkten in Berlin verwandelt. Die Konkurrenz auf diesem Sektor ist groß, es gibt in Berlin queere Wintermärkte, Nachhaltigkeitsweihnachtsmärkte, einen japanischen Markt und Ähnliches mehr. Das Yaam versucht es nun mit einem karibischen Weihnachtsmarkt.
Dafür wurde der ganze Ort schon von außen ersichtlich umgestaltet. An den Fassaden prangt ein riesengroßer Flamingo mit Sonnenbrille und eine ebenso große Ananas, der ebenfalls eine Sonnenbrille aufgesetzt wurde. Die Message: Dieser Weihnachtsmarkt ist aber nun wirklich ganz anders als alle anderen Märkte in der Stadt. Statt der ewigen Weihnachtsmänner gibt es hier Früchte mit Sonnenbrillen. Und wenn auf dem Markt mal „Stille Nacht“ zu hören ist, dann höchstens in der Version des Reggaesängers Lloyd Brown.
Baye Fall sagt, durch die spezielle Gestaltung und durch eine kulinarische Vielfalt, die weit mehr beinhalte als die bei klassischen Weihnachtsmärkten übliche Bratwurst, wolle man speziell bei der eigenen Community für vorweihnachtliche Stimmung sorgen.
Auf synthetischem Eis
Dort, wo ab heute auf der Eisbahn herumgerutscht werden soll, auf synthetischem Eis und mit speziellen Schlittschuhen, die man sich gegen eine Gebühr ausleihen kann, sieht es am Tag der Ortsbegehung noch nicht unbedingt so aus wie in einem Wintermärchen. Überall ist Schneematsch, und wer allein die Holzpaletten betrachtet, auf die die Eisbahn aufgelegt wird, vermag sich noch nicht richtig vorzustellen, dass hier ab heute diverse DJs auflegen werden und im Rahmen der „Eisdisco“ sich die Eisbahn zu einem Dancefloor verwandeln soll. Am „Schiff der Karibik“, einem der Dekoelemente, wird gerade noch gearbeitet und die begehbare Riesenananas in der Mitte der Eisbahn ist auch noch nicht ganz fertiggestellt.
Aber überall wird fleißig gearbeitet und die beiden Leute vom Yaam und von Yaam on Ice sind voller Zuversicht, dass das hier der absolute Hit wird. Der Weihnachtsmarkt wird am 23. Dezember enden, Yaam on Ice bis in den Februar hinein gehen. Von da an ist es gar nicht mehr so lange hin, dass es warm genug ist, um auch ohne Pudelmütze auf dem Kopf auf den Außenflächen des Yaam gemütlich chillen zu können.
Und wenn alles gut läuft, dann bekommt der Club ja auch schon bald seine Halle zurück – und muss sich nicht mehr so viele Gedanken darüber machen, wie er den nächsten Winter überstehen soll.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!