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Berliner Humboldt-ForumDer Wettbewerb ist entschieden

Es kam nicht zum Eklat. Die Jury zur Rekonstruktion des Berliner Stadtschlosses prämierte den Entwurf von Francesco Stella. Dieser setzte die Vorgaben brav eins zu eins um.

Franco Stellas Modell: Das einstige Schloss der Hohenzollern soll in Originalgröße und mit den historischen Barockfassaden wieder entstehen. Bild: dpa

BERLIN taz Der Skandal ist ausgeblieben. Trotz wochenlanger erbitterter und öffentlich geführter Diskussionen einigte sich die Jury am Freitag einstimmig auf einen Siegerentwurf zum Bau des Berliner Humboldt-Forums: Der Italiener Francesco Stella, Fachleuten und selbst Jurymitgliedern weitgehend unbekannt, soll das Stadtschloss der Hohenzollern mit den Barockfassaden und der Kuppel wieder aufbauen.

"Er hat die gestellte Aufgabe hervorragend gelöst", sagte Bundesbauminister Wolfgang Tiefensee (SPD) bei der Bekanntgabe vor hunderten Journalisten und zeigte sich hocherfreut. Auch sonst herrschte erstaunlich friedliche und gelöste Stimmung. Der Juryvorsitzende Vittorio Lampugnani, der unlängst noch gegen die strikten Vorgaben des Bundes gewettert hatte, erklärte: "Das Experiment ist gelungen, das Ergebnis ist kein Kompromiss." Der Initiator des Schlossprojekts, Wilhelm von Boddien, zeigte sich ebenfalls "überglücklich". "Es ist alles original, ich bin sehr happy", sagte er.

Kein Wunder - Stella hielt sich übergenau an die Vorgaben des Bundestags, die Barockfassaden originalgetreu wiederaufzubauen, ebenso wie die Kuppel. Auch der historische Schlüterhof entsteht in Originalform. Bei der Architektur der einzig frei zu gestaltenden Fassade an der Ostseite hielt sich der Italiener "angenehm zurück", wie Tiefensee bemerkte. Statt hier krachende Moderne als Kontrast zu setzen, schuf Stella einen Riegel als Belvedere, in dem die Menschen umherlaufen und auf mehreren Ebenen in das Humboldt-Forum hineinschauen können. Eine Auseinandersetzung mit dem Palast der Republik ist das freilich nicht. "Dafür kann ja im Inneren des Forums Raum gegeben werden", sagte Tiefensee dazu lapidar. Das Erbe aus DDR-Zeiten wird derzeit abgerissen, Anfang kommender Woche sollen die letzten Reste des asbestverseuchten Palazzos verschwunden sein.

Für die 40.000 Quadratmeter Nutzfläche im Inneren entwarf Stella mit dem "Schlossforum" ein neues Element; ein öffentlich zugänglicher Durchgang, der die geschlossene Form auflockern soll. Am Hauptportal öffnet sich ein Säulenraum, von dem aus der Veranstaltungsbereich zugänglich sein soll.

Stella ließ 30 Mitbewerber hinter sich; einen zweiten Platz gab es nicht, dafür vier dritte Plätze. Darunter waren namhafte Büros wie die Berliner Kleihues + Kleihues, Kollhoff und der Frankfurter Architekt Christoph Mäckler. Als der Name des Siegers bekannt wurde, zeigten sich Journalisten wie Jury überrascht - die Preisrichter kannten die Namen zu den Entwürfen bis zuletzt nicht. Schnell machte die Runde, dass über Stella kaum etwas im Internet zu finden sei.

Dabei war es schon eine Nachricht, dass es überhaupt einen Gewinner gibt: Viele hatten gezweifelt, dass es ob der strengen Vorgaben überhaupt einen Fachmann oder eine Fachfrau geben würde, der Kosten und Vorgaben unter einen Hut bringt. Lampugnani meckerte unlängst, er könne sich für Berlin Besseres vorstellen "als ein altes Schloss".

Nun bekannte der Italiener zwar, dass "sehr produktiv gestritten" worden und die Suche nicht ganz einfach gewesen sei - ebenso wie die Berliner Senatsbaudirektorin Regula Lüscher und der Landes-Kulturstaatssekretär André Schmitz stimmte er aber in das Hohelied auf seinen Landsmann Stella ein. Einzig der Grünen-Bundestagsabgeordnete Wolfgang Wieland, der als Gast mit in der Jury saß, motzte. "Der Sieger verzichtet völlig auf eine eigene Handschrift", sagte er und warnte: "Die öffentliche Diskussion wird weitergehen." Der Unterschied zu einer Eins-zu-eins-Rekonstruktion des historischen Schlosses sei "schwer erkennbar".

Wieland lastete das Ergebnis weniger der Jury als dem Bundestag mit seinem strengen Fassaden- und Kostenbeschluss an. "Ein Genieblitz war einfach nicht unter den Beiträgen." Insgesamt waren 85 Arbeiten zugelassen worden, 30 hatten es dann in die letzte Runde geschafft - erstaunlich wenig für einen Komplex, der als derart bedeutsam eingestuft wird. Zum Vergleich: Am Wettbewerb für die Neugestaltung des Reichstags hatten sich zu Beginn etwa 750 Architekten beteiligt.

Das Schloss soll von 2010 bis 2013 gebaut werden. Die Kosten sind mit etwa 552 Millionen Euro veranschlagt; Tiefensee erklärte, der Siegerentwurf halte sich an den Kostenrahmen. Dazu gehören auch jene 80 Millionen Euro, die der Förderverein Berliner Schloss durch Spenden aufbringen will - allerdings hat der bisher erst knapp ein Viertel davon beisammen. Ob die Summe überhaupt ausreicht, um den Spagat zwischen Barockgestalt und High-Tech-Nutzung zu meistern, ist bislang unklar.

Hinter die barocke Fassade sollen die ethnologischen Sammlungen der Berliner Museen sowie eine Auswahl aus den wissenschaftlichen Archiven der Humboldt-Universität und Bestände der Zentral- und Landesbibliothek ziehen.

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9 Kommentare

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  • UV
    Ullrich von Tabor, Bauleitung

    Welche Referenzen hat Architekt Franco Stello eigentlich? Wir groß ist "sein Büro"? Kann er 552 Mio Euro verplanen? Das fällige Architektenhonorar sieht erst eimmal sehr verlockend aus. Hatte er eine plausible, nachvollziehbare und realistische Kostenschätzung abgegeben? Wurden seine angegebenen Kosten von Fachleuten geprüft?

    Und mir persönlich gefällt seine 1. Innenhof-gestaltung, wie auf Fotomontagen zu sehen, überhaupt nicht. War hier die Mafia im Spiel?

  • S
    Sebastian

    Egal welcher Entwurf angenommen wurde, diskussionwürdig bleibt immernoch, ob ein Projekt, das mit Millionen, wenn nicht gar Milliarden vom Bund gefördert wird eine ethnologische Sammlung und eine Zentralbibliothek bekommen sollte. Wäre es nicht viel sinnvoller den ehemaligen Ort des Palastes der Republik, den Ort an dem 1918 die Demokratie ausgerufen wurde, den Ort an dem massenhaft Demonstrationen und politische Aufmärsche zu allen Zeiten der deutschen Geschichte stattfanden zu einem Ort des Gedenkens und des Andenkens zu machen? Wie wäre es wenn das DHM dort einziehen würde oder aber die Ausstellung Irrwege zur deutschen Parlamentarischen Demokratie ?

    Das sind die viel wichtigeren Diskussionen. Es ist im Prinzip unwichtig welche Aussenfassade dorthin kommt, jeder Architekt beherrscht sein Handwerk und wird etwas vernünftiges bauen können. Allen wird man es sowieso nie Recht machen.

  • K
    kolumbus

    Ja, jetzt müssen wir wohl auch den 1. Weltkrieg "wiederherstellen", damit die "gute, alte Zeit" wieder erlebbar wird, "verlässliche, alte, konservative Politik" wieder in's Verderben führt. Also schnürt schon mal die Frontschuhe, packt schon mal das alte Eisen zusammen, bedient wieder Kriegsanleihen, ihr Zombies...

  • JH
    Johannes Heesters

    ziemlich reaktionär. einfach ein schloß für eine halbe milliarde aufzubauen. naja mich wundert hier gar nichts mehr.

  • W
    Waldmann

    Es sind und bleiben 65 Mio für fiktiv berechnete Fassadenmehrkosten, nicht 80 Mio (inkl. Marketingaufwand). Steht sogar auf der Seite des Fördervereins.

  • D
    Dertürke

    Nach Machtwechsel wird der Palast der Republik nachgebaut..?

  • E
    emil

    Jetzt sollten die Berlinerinnen und Berliner zumindest dafür demonstrieren, Petitionen schreiben, Bürgerinitiativen gründen u.s.w., dass das Gebäude als sogenannte Null-Energie-Haus gebaut wird, inklusive 50% der Dachflächen mit Solarzellen ausgestattet werden, und dass mindestens die Hälfte des Gebäudes als Bibliothek mit vielen PC.s mit Internetanschluss, und zwar vorrangig für ALG-1 und ALG-2 Empfängerinnen/Empfänger (d.h. so, dass andere im Zweifelsfall ihren Platz für eine solche Person räumen müssen, wenn alle Plätze besetzt sind).

     

    Mein voller Ernst!

  • CZ
    Christian Zavelberg

    Tschüss Geschichte, Guten Tag Rekonstruktion!

     

    Mit Architektur hat das was in Berlin passiert wenig zu tun. Wohl eher mit einer Art zwangsgestörten Ausradierung aller manifestierten Reste des DDR-Systems. Wenn man Geschichte verstehen und nachkommenden Generationen erklären will, braucht mann auch so manches "fassbare" Überbleibsel.

    Das Holocaust-Denkmal hat zurecht einen Platz in unserer Hauptstadt gefunden und leistet einen wichtigen Beitrag, die Greueltaten des Faschismus nicht in Vergessenheit geraten zu lassen.

    Der Abriss des Palastes der Republik und der nun verabschiedete Neubau als "Märchenschloss" leistet keinen Beitrag die noch junge deutsche Geschichte der Teilung als etwas materielles, fassbares zu erhalten. Ohnehin sind die Reste der DDR-Vergangenheit kaum noch erkennbar. Vom Kioskverkauf der letzten Mauerstücke, über den Abriss des größten DDR-Reliktes bis zum Aufbau dieser architektonischen Rekonstruktion "Berliner Stadtschloss", hat es nur wenige Jahre gedauert.

     

    Ich finde das sehr traurig.

  • S
    schlossfreund

    Perfekt!!