Berliner Haushalt: Steuersünder zeigen sich selbst an
Mit knapp 200.000 Euro beteiligte sich Berlin beim Kauf von Steuer-CDs - und bekam dafür mehr als 100 Millionen Euro an Steuernachzahlungen.
Rund 700 Millionen Euro entgehen dem Landeshaushalt Jahr für Jahr durch Steuerhinterziehung. Diese Schätzung hat Thilo Sarrazin einmal in seiner Zeit als SPD-Finanzsenator abgegeben. Zum Vergleich: Für Opern, Theater, Museen und Kirchen gibt das Land weniger als 500 Millionen Euro pro Jahr aus. Jetzt hat das Land Berlin es geschafft, einen Teil der hinterzogenen Steuern abzuschöpfen: 114 Millionen Euro flossen den Berliner Finanzämtern zu durch Nachzahlungen von Steuersündern, die ihr Geld schwarz in der Schweiz, in Luxemburg oder Liechtenstein angelegt hatten. Berlin hatte – gemeinsam mit Bund und Ländern – CDs mit Daten von Steuersündern gekauft und sich mit knapp 200.000 Euro an den Kosten beteiligt.
Die 114 Millionen an Einnahmen verteilen sich allerdings auf drei Jahre: 2010 bis 2012. Die übergroße Mehrheit der Steuerhinterzieher bleibt bisher wohl aber weiterhin unentdeckt. Deswegen befürwortet der SPD-Abgeordnete Joschka Langenbrink den Ankauf von weiteren Datensätzen mit Steuersündern: „Es ist ja hier kein Kavaliersdelikt, den Fiskus zu bescheißen. Damit entzieht man sich der Mitverantwortung für die Gemeinschaft.“
Der Senat hat den Ankauf der Daten stets verteidigt. Obwohl das Geschäft selbst dubios ist: Die Daten stammen von Personen, die sie illegal aus den Banken in den Steueroasen entwendet haben. Das Geschäft wird über Mittelsmänner abgewickelt, die Identität der Datendiebe ist dem Staat nicht bekannt. Doch nach Ansicht des Senats müssen „alle rechtlich zulässigen Maßnahmen ergriffen werden, um das Steueraufkommen zu sichern“, so Finanzstaatssekretärin Margaretha Sudhof. Der Senat halte sich an die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts. Über den Ankauf weiterer CDs werde der Senat „zu gegebener Zeit entscheiden“ – falls wieder ein Angebot eingeht.
Der Senat hatte auch das von der Bundesregierung ausgehandelte Steuerabkommen mit der Schweiz abgelehnt. Ziel des Abkommens war es, in der Schweiz angelegtes Vermögen wie in Deutschland zu besteuern. Altvermögen sollte pauschal und anonym nachversteuert werden – ohne dass die Steuersünder sich strafrechtlich verantworten müssen. „Hier ging es schlicht um das Prinzip, ob Steuerhinterziehung am Ende noch belohnt werden sollte“, so der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD).
Der Senat setzt allerdings nicht nur auf Datenhehler, um verstärkt gegen Steuersünder vorzugehen: Die rot-schwarze Koalition hat beschlossen, die Steuerfahndung und die Betriebsprüfung um 75 Stellen aufzustocken.
In den letzten Tagen hat ein inernationales Journalisten-Netzwerk enthüllt, wie Banken in Steueroasen ihren Kunden systematisch helfen, Geld zu hinterziehen. Mit den aktuellen Zahlen über die Selbstanzeigen nach dem Ankauf von Daten-CDs hat das nichts zu tun.
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