Berliner Bundesligist in der Bredouille: Der Abstieg ist hertha
Warum Hertha BSC bei RB Leipzig unter die Räder gekommen ist und was das mit Vereinsmanager Fredi Bobic zu tun haben könnte.
D ie Spieler können gar nichts dafür. Und der Trainer auch nicht. Aus einem Schweineohr kann man nun mal keine Seidenhandtasche machen. Anders sieht die Schuldfrage beim Geschäftsführer Sport in den Reihen von Hertha BSC aus. Fredi Bobic war mit dem Anspruch angetreten, dass man nicht zufrieden sein könne, Elfter oder Zwölfter nach einer Saison in der Bundesliga zu werden: „Da musst du besser werden. Ein Verein muss insgesamt auf allen Feldern wachsen“, sagte er.
Zunächst wuchs Hertha im Sommer aber auf der Funktionärsebene. Bobic brachte einen ganzen Schwung seiner Freunde mit nach Charlottenburg: einen Kaderplaner, einen Chef-Scout, einen sportlichen Leiter der Akademie, einen technischen Direktor, einen Teammanager, einen Torwarttrainer, einen Verantwortlichen für Spielkonzeption und einen Spielanalysten. Vor allem die letzten beiden dürften sich nach der 0:6-Niederlage am Samstag in Leipzig fragen, warum sie nicht in ihren Dörfern geblieben sind.
All diese Menschen müssen bezahlt werden, und um das nötige Geld aufzutreiben, hat Fredi Bobic Spieler verkauft – und zwar die besten. Dodi Lukébakio, Matheus Cunha, Jhon Córdoba, Javairô Dilrosun, Jessic Ngankam und Daishawn Redan haben in der vorigen Saison, als Hertha gerade noch dem Abstieg entronnen ist, mehr als die Hälfte aller Tore geschossen – 22 von 41. Darüber hinaus hat Bobic auch Herthas größtes Talent, Luca Netz, an Borussia Mönchengladbach verscherbelt.
Stattdessen kaufte er Kevin Prince Boateng, dem die Mitspieler angeblich die Schnürsenkel zubinden, damit er sich nicht schon vor dem Anpfiff verausgabt. Außerdem kaufte er mit Oliver Christensen ausgerechnet einen Torwart, die einzige Position, auf der Hertha gar keine Probleme hatte. Er soll Druck auf den Stammtorwart Alexander Schwolow ausüben? So ein Unfug. Damit unterstellt man Schwolow, dass er unnötige Tore kassiert, weil ihm kein Konkurrent im Nacken sitzt.
Nachhaltigkeit? Das glauben wir nicht
Dann hat Bobic auch noch Ishak Belfodil an Land gezogen, der bei Hoffenheim auf der Bank saß. In den 900 Minuten, in denen er in der gesamten Saison auf dem Platz stand, schoss er zwei Tore, eins davon durch Elfmeter. Und Davie Selke war das Glück im Unglück bei Werder Bremen, denn wegen des Abstiegs griff die Kaufverpflichtung nicht, und man durfte Selke endlich wieder zurück nach Berlin schicken.
Das einzige Kriterium, das bei Bobic zählt, ist seine Forderung, dass die Spieler das Hertha-Trikot gerne tragen müssen.
Es gibt eine „Sportschau“ der ARD mit Ernst Huberty, der Mann mit dem „Klappscheitel“, aus den frühen sechziger Jahren, in der zu sehen ist, wie nach einem Hertha-Sieg gegen Köln eine riesige Hertha-Fahne aufs Spielfeld stürmt – mit einem kleinen Jungen dran. Das war ich, Hertha-Frosch der ersten Bundesligastunde. Ich würde das Trikot gerne tragen. Und ich bin ablösefrei.
Es gibt Gerüchte, wonach Bobic nach wie vor auf der Gehaltsliste von Eintracht Frankfurt stehe. Man soll ihn nach Berlin geschickt haben, um einen Konkurrenten nachhaltig zu schwächen (Bobic im Juli: „Es geht im Fußball um Nachhaltigkeit“). Das glauben wir natürlich nicht. Aber es wäre ein Wunder, stünde Hertha zum Saisonende auf dem von Bobic so ungeliebten elften oder zwölften Platz.
Der Relegationsplatz ist hart. Der Abstiegsplatz ist hertha.
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