Berliner AfD-Politiker Kay Nerstheimer: Rechter am rechten Rand
Der zukünftige Berliner AfD-Abgeordnete Kay Nerstheimer ist sogar manchen Parteikollegen zu rechts. Parteiausschluss? Fehlanzeige!
Es gibt ehemalige CDU-Politiker und FDP-Mitglieder in der Berliner AfD, es gibt eine Ex-Piratin und eine Frau, die früher einmal bei der taz gearbeitet hat. Es gibt aber auch Menschen wie Kay Nerstheimer: Bei den letzten Abgeordnetenhauswahlen 2011 stand der 1964 Geborene noch auf der Landesliste der islamfeindlichen Kleinstpartei Die Freiheit. Anschließend rückte er noch weiter an den rechten Rand.
2012 trat Nerstheimer im Internet als „Division Leader“ der Berliner Sektion der German Defence League (GDL) auf, einer 2010 gegründeten Organisation, die „die islamische Bedrohung abwenden“ will und vom Verfassungsschutz als rechtsextrem eingestuft wird.
Bisher galt der Mann mit dem Glasauge innerhalb der Berliner AfD als schriller Kandidat am äußersten rechten Rand. Jetzt ist Nerstheimer Abgeordneter: In seinem Wahlkreis an der nordöstlichen Stadtgrenze, wo es große Plattenbausiedlungen gibt und monatelang gegen ein neues Flüchtlingsheim demonstriert wurde, holte er das Direktmandat, einen Prozentpunkt vor der Kandidatin der Linken.
Erschreckend an Nerstheimers politischer Ausrichtung ist nicht nur der Hass auf alles Muslimische, sondern auch seine Haltung zum staatlichen Gewaltmonopol: Er wolle die German Defence League zu „einer Miliz aufbauen“, schrieb Nerstheimer 2012. „Die Männer in meiner Division sind durchweg Reservisten der NVA, BW und Polizisten“, gab er an, „dass wir Krieg haben seit 9/11, steht wohl außer Frage“, fantasierte er weiter.
Kay Nerstheimer, AfD-Politiker
Privat ist über den Koch und Hotelfachmann, der laut einem Hotellerie-Branchenblatt als Franchise-Unternehmer tätig ist, wenig bekannt. Aufschlussreich ist sein Auftreten bei Facebook: 2012 posierte er dort in Uniform und mit Sturmgewehr, seine Kameraden fordert er dazu auf, ihm besondere Fähigkeiten wie „Führungserfahrung (zivil/militär)“ zu melden. Er werde dann bald über „die rechtlichen Grundlagen des Sicherheitsgewerbes“ sprechen, „insbesondere über Jedermannrechte wie Notwehr, Nothilfe, vorläufiges Festnehmen“.
Nerstheimers Lichtenberger Kreisverband gilt unter liberaleren Berliner AfDlern als rechtes Schmuddelkind. Der Berliner AfD-Sprecher Ronald Gläser hatte noch vor wenigen Tagen erklärt, man prüfe, gegen Nerstheimer ein Parteiordnungsverfahren einzuleiten. Ein Ausschluss stehe aber nicht zur Diskussion – daran dürfte sich nach Nerstheimers Wahlerfolg nichts ändern.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Israelische Drohnen in Gaza
Testlabor des Grauens
Bundeskongress der Jusos
Was Scholz von Esken lernen kann
Politikwissenschaftlerin über Ukraine
„Land gegen Frieden funktioniert nicht“
Proteste bei Nan Goldin
Logiken des Boykotts
Bündnis Sahra Wagenknecht
Ein Bestsellerautor will in den Bundestag
Schwedens Energiepolitik
Blind für die Gefahren