Berlinalie: Ripley feiert
Raffiniert, nicht wahr, wie wir diese kleine Hommage hingekriegt haben?! Eigentlich war dieser Abend nicht für mich bestimmt. So wenig wie das Dolce Vita an der Küste von Amalfi, wie Rom und Venedig für den talentierten Mr. Ripley. Doch man lernt eben schnell dazu. Als Katja Nicodemus bin ich also auf den Empfang zu Ehren des talentierten Amerikaners reingegangen, und als Brigitte Werneburg kam ich wieder raus. Ob es Tote gab deswegen? Nun ja, sagen wir so: Ich fang’ mal an zu zählen. Mit diesem Vorschlag kam der geistesgegenwärtige Danny Boyle Leonardo zu Hilfe, als der gefragt wurde, wie viele Joints er bei „The Beach“ geraucht habe. Es funktionierte, denn als die Pressekonferenz zu Ende war, hatte Leonardo noch immer keine Antwort gegeben. Wahrscheinlich zählte er noch.
Was jeder Raucher verstehen kann. Und irgendwie muss man ja die doofen Journalisten, die sich auf solchen Pressekonferenzen mit den blödesten Fragen hervortun, kalt stellen. Mr. Ripley & Co. hielten sie sich gleich ganz vom Hals. Als Katja Nicodemus bin ich zwar zusammen mit Jude Law und Matt Damon im Rathaus Schöneberg eingetroffen – superpünktlich um 22.15 Uhr –, aber als ich als Brigitte Werneburg geoutet wurde, waren die beiden schon einen Stock höher gegangen, wo sie hinter dezent mit rotem Tuch behängten Gittern ganz unter sich feiern mussten.
Diesseits (und jenseits) des abgesperrten Bereichs tummelten sich also die üblichen Verdächtigen. Immerhin fand sich dabei Gelegenheit, an kompetenter Stelle die Frage loszuwerden, die mir schon seit Jahren durch den Kopf geht: Was macht eigentlich Martin Müller? Antwort: Er macht den Ton für Jean-Jacques Annauds Stalingrad-Film „Enemy at the Gates“. Alora. Ansonsten gab’s aber keine weiteren sensationellen Enthüllungen. Zum Abschied wurde man mal wieder mit einem Täschchen bedacht. Es scheint unausweichlich, die Kulturgeschichte der Werbetäschchen muss noch mal geschrieben werden. Und du, Global Player Mercedes-Benz, du wirst dabei auf den hintersten Plätzen landen, mit deinen hässlichen, einfallslosen Berlinale-Aktentaschen!
Bei der Kinowelt gab’s wenigstens einen Shopper mit Aufdruck „Der talentierte Mr. Ripley“ und Mr.-Ripley-Penne inside, dazu Pesto alla Genovese, Sonnenmilch von Lancaster und Mr.-Ripley-Soundtrack. Wobei mir einfiel, dass Ripley & Greenleaf auf der Pressekonferenz versprochen hatten, am Abend noch das Ständchen „Tu vuo' fa l'americano“ zum Besten zu geben. Aber davon habe ich jedenfalls nichts gehört.
Brigitte Werneburg
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