Das Manifest Dogma 95 ist heute fast ein Mythos. Thomas Vinterberg, dessen Film „Kollektivet“ (Die Kommune) im Wettbewerb läuft, war es, der es mit seinem Kollegen Lars von Trier verfasste und durch Avantgarde-Filme das Kino nachhaltig prägte.
Es ging ihnen 1995 darum, „das Filmemachen zu reinigen. Es war eine Revolte gegen das existierende Kino. Gegen die Mittelmäßigkeit der Filme und unsere eigene“, so Vinterberg am Montag auf der Bühne des Berliner Hebbel Am Ufer. „Wir wollten uns befreien, indem wir uns beschränken.“ Gleich mit dem Erstling, „Das Fest“, über die Enthüllung eines Kindesmissbrauchs kam der Erfolg. „Und plötzlich gab es Dogma-Möbel und Dogma-Lunchboxes!“
Das vom Intendanten der Berliner Festspiele Thomas Oberender vor ausverkauftem Saal geführte Gespräch findet unter dem Motto „The Director Must Not Be Credited: Collectives“ statt, das auf die zehnte und letzte Forderung des Dogma-Manifestes und auf Vinterbergs zentrales Werkthema verweist: die Beziehung des Individuums zur Gemeinschaft.
Wie Vinterberg mit seinen Schauspielern zusammenarbeite, fragt Oberender. „Machtspiele sind nutzlos. Ich muss zunächst Klarheit darüber schaffen, dass ich der Verantwortliche bin“, gesteht er umstandslos. „Wenn das klar ist, bin ich für Vorschläge offen.“ Bis zu zwei Wochen vor den Dreharbeiten wird geprobt – allerdings nicht die Szenen, die im Drehbuch stehen, sondern die Momente davor.
Berlinale 2016
Der „Goldene Bär für den besten Film“ ging an „Fuocoammare“. Der Preis ist ist die höchste Auszeichnung der Internationalen Filmfestspiele in Berlin. „Fuocoammare“ hält das Leben der Menschen auf Lampedusa fest. Er wurde erstmals am 13. Februar im Wettbewerb der Berlinale gezeigt.
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Blitzlichtgewitter, ein selbstfahrendes Auto und jede Menge Stars – das war die Berlinale 2016. Am Sonntag geht sie zu Ende.
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Silberne Bären bekamen Majd Mastoura als „Bester Darsteller“ in „Inhebbek Hedi“ und Trine Dyrholm als „Beste Darstellerin“ in „Kollektivet“ (v.l.). Außerdem erhielt Danis Tanovic den „Silbernen Bären Großer Preis der Jury“ für seinen Film „Smrt u Sarajevu“. Der „Silberne Bär Alfred-Bauer-Preis“ ging an den Film „Hele Sa Hiwagang Hapis“ von Lav Diaz.
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Preisträgerin Mia Hansen-Love ist glücklich über ihren Silbernen Bären für die beste Regie von „L'avenir“. Auch Tomasz Wasilewski erhielt einen für das Beste Drehbuch von „United States of Love“. Auch Mark Lee Ping-Bing konnte sich glücklich schätzen: Er erhielt einen „Silbernen Bären für eine Herausragende Künstlerische Leistung“ in „Crosscurrent“.
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Kameramann Michael Ballhaus hat den Goldenen Ehrenbären für sein Lebenswerk bekommen. Sein Markenzeichen: 360-Grad-Kamerafahrten. Bei der Preisverleihung wurde auch „Gangs of New York“ mit Leonardo DiCaprio und Cameron Diaz gezeigt.
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Meryl Streep erhielt 2012 auch einen Goldenen Ehrenbären für ihr Lebenswerk. Die dreifache Oscar-Gewinnerin war in diesem Jahr die Präsidentin der internationalen Jury. Diese verleiht den Goldenen und den Silbernen Bären der Berlinale. Die US-Schauspielerin ist derzeit im Film „Suffragette“ zu sehen.
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Nur durch seine bloße Anwesenheit stach George Clooney bei der Eröffnung der Berlinale am 11. Februar hervor. Selfies mit Fans zu machen gehört zur Berlinale einfach dazu. Clooney spielt die Hauptrolle im Film „Hail, Caesar!“ und zeigte sich mit seiner Frau Amal Alamuddin auf dem Roten Teppich. Am 12. Februar sprach er mit Kanzlerin Angela Merkel über die Flüchtlingskrise.
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In „Hail, Caesar!“ mimt George Clooney den Hollywoodstar Baird Whitlock. Der Film von den Coen-Brüdern entführt den Zuschauer in eines der großen Filmstudios im Hollywood der frühen Fünfzigerjahre. 2011 eröffneten die Coens bereits mit „True Grit“ die Berlinale. „Hail, Caesar!“ ist seit dem 18. Februar in den deutschen Kinos zu sehen.
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Der deutsche Filmstar Daniel Brühl erregte ebenfalls Aufsehen, als er zur Eröffnungsgala der Berlinale in einem selbstfahrenden Auto erschien. Zudem spielt er im Berlinale-Film „Alone in Berlin“ einen Kommissar, der die Herkunft von Anti-Hitler Postkarten aufdecken soll. Mit Emma Watson ist Brühl abseits der Berlinale auch im Kinofilm „Colonia Dignidad“ zu sehen.
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Der Künstler Ai Weiwei hat am 13. Februar das Berliner Konzerthaus mit Rettungswesten von der griechischen Insel Lesbos einkleiden lassen. Damit will er auf die Flüchtlinge, die auf ihrer Flucht nach Europa ertrunken sind, aufmerksam machen. Ai Weiwei ist Ehrenpräsident des „Cinema for Peace“, das zeitgleich zur Berlinale stattfand.
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Der einzige deutsche Film im Wettbewerb heißt „24 Wochen“. Was macht ein Paar, bei dessen ungeborenem Kind Trisomie 21 diagnostiziert wird?
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Außerdem war im Wettbewerb: der Film „Chang Jiang Tu“. Kapitän Gao Chun fährt mit seinem Frachter auf dem chinesischen Jangtse flussaufwärts. Er soll die Seele seines verstorbenen Vaters befreien und ist gleichzeitig auf der Suche nach der großen Liebe. Der Film ist am 21. Februar im Haus der Berliner Festspiele zu sehen.
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Johnny Oritz ist erst 19 Jahre alt und hat bereits seine erste Hauptrolle im Film „Soy Nero“, der im Wettbewerb gezeigt wurde. Darin verkörpert er den mexikanischen Jungen Nero, der US-Bürger werden will. Oritz hat eine besondere Verbindung zum Thema: Seine Familie ist auch in die USA migriert.
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Der Schauspieler Gérard Depardieu bewarb am Freitag „Saint Amour“. Der Film gewann keinen Bären, er lief außer Konkurrenz.
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Zusammen mit den Schauspielern entstehen Figuren mit Vergangenheit und Träumen, durch Spiel und Streit legen sie gemeinsam fest, was im Film gezeigt, was versteckt wird. „Je solider die Fundamente, desto mehr können die Akteure vor der Kamera loslassen.“
Bei „Kollektivet“, der von einer Hippiekommune handelt und heute Abend Premiere feiert, sei es ihm wichtig gewesen, Klischees zu vermeiden. „Wobei ich“, sagt er freudig, „auf eine Minute nackter Genitalien nicht verzichten wollte.“
Vinterberg selbst wuchs in einer Kopenhagener Kommune auf, in der zwar keine Drogen oder freie Liebe, dafür aber umso freizügigere Ideen, Späße und Absurditäten am großen Küchentisch geteilt wurden. Als er sieben war, entschieden sich seine Eltern für den kollektiven Lebensstil außerhalb von Norm und Autorität.
Auf nackte Genitalien wollte ich nicht verzichten, sagt Vinterberg freudig
"Kollektivet" bei der Berlinale
17.02., 19 Uhr Berlinale Palast, 18.02., 09.30 Uhr Haus der Berliner Festspiele, 18.02., 12.15 Uhr und 17.30 Uhr Friedrichstadt-Palast, 21.02. 14:30 Friedrichstadt-Palast
Der Film basiere aber nur lose auf seinen Erfahrungen. „Nicht ich persönlich, sondern der Mensch an sich ist interessant.“ Um diese Neugier aufrechtzuerhalten, müsse man in Bereiche gehen, in denen man sich nicht mehr sicher fühle. Sich diesem Risiko als Kollektiv zu stellen – das schaffe die Gemeinschaft. Auch im Filmteam halte man nach dem Dreh zusammen, die Reaktionen des Publikums abwartend.
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