Berlin will Mietstiegerung per Bundesrat eindämmen: Fast die halbe Miete
Senat beschließt die erst vor rund sechs Wochen angekündigte Bundesratsinitiative zu mehr Mieterschutz.
Erst sah es so aus, als sei Mietenpolitik kein Thema für die SPD, nun drückt ihre Stadtentwicklungssenatorin Ingeborg Junge-Reyer aufs Tempo. Nur rund sechs Wochen nach der ersten Ankündigung hat der Senat am Dienstag eine Bundesratsinitiative beschlossen, die Mietsteigerungen und Energieverbrauch begrenzen soll. Dazu gehört, dass Eigentümer nicht länger 11, sondern nur 9 Prozent von Modernisierungskosten auf Mieter abwälzen können. Das ist vor allem vor dem Hintergrund des geplanten Klimaschutzgesetzes von Belang. Junge-Reyer ließ offen, welche Länder ihre Initiative unterstützen wollen.
Über den Bundesrat muss Berlin gehen, weil das Mietrecht ein Bundesgesetz ist. Junge-Reyer sieht das von ihr vorgestellte Fünfpunkteprogramm auch als Reaktion auf bundespolitische Entwicklungen. "Berlin lehnt die vorgesehene Verschlechterung des Mietrechts durch die Bundesregierung ab", sagte sie. Bei den Modernisierungskosten etwa will Schwarz-Gelb nicht Mieter, sondern Eigentümer begünstigen. Auch diese Pläne müssen in den Bundesrat, wo Schwarz-Gelb keine Mehrheit hat.
Bei einer gemeinsamen Diskussion beider Vorstöße in der Länderkammer ist es daher nicht gänzlich auszuschließen, dass Berlin in einem Geben und Nehmen zumindest einen kleinen Teil seiner Initiative durchsetzen kann. So mag auch der grüne Bau- und Wohnexperte Andreas Otto den Vorstoß von Rot-Rot nicht als reine Symbolpolitik abtun. "Wenn es eine Chance gibt, dass sich eine Mehrheit der Länder dafür ausspricht, dann ist es richtig, das in den Bundesrat einzubringen", sagte Otto der taz.
Rot-Rot verlangt darüber hinaus, den sogenannten Energieausweis aussagekräftiger zu machen. Er soll zukünftig durchweg bedarfsorientiert sein und nicht länger nur beinhalten müssen, wie viel der Vormieter geheizt hat. Stattdessen soll er immer konkrete Angaben zum Zustand des Gebäudes machen: Daraus könnten Mietinteressenten besser ableiten, wie hoch ihre Energiekosten ausfallen würden.
Zudem drängt die Bundesratsinitiative darauf, das Wirtschaftsstrafrecht zu ändern, um Mietwucher zu bekämpfen. Bislang galt als Maßstab für Wohnungsnot nur die Situation stadtweit. Zukünftig soll es möglich sein, Teilbereiche der Stadt zu betrachten und dort ein geringes Wohnungsangebot festzustellen. Ist das der Fall, dürfen Eigentümer bei einer Neuvermietung mit ihrer Forderung nicht mehr als 20 Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete liegen. Sonstige Mieterhöhungen sollen zudem geringer ausfallen und seltener vorkommen: Vermieter sollen nur noch 15 statt 20 Prozent draufschlagen können und das nicht mehr alle drei, sondern nur noch alle vier Jahre.
"Das ist von der Richtung her alles nicht verkehrt", kommentierte der Grünen-Abgeordnete Otto die Initiative. Er vermisst aber weiterhin, dass der Senat unabhängig von der Bundesratsinitiative bei seinen landeseigenen Wohnungsgesellschaften den bedarfsorientierten Energieausweis vorschreibt.
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