Berichte von Augenzeugen: Boko Haram greift Stadt Gombe an
Die Terrorgruppe soll die Großstadt im Nordosten des Landes angriffen und zum Boykott der Wahlen aufgerufen haben. Widerstand von der Armee gab es nicht.
ABUJA dpa/afp | Hunderte Kämpfer der islamistischen Terrororganisation Boko Haram haben Augenzeugen zufolge die Großstadt Gombe im Nordosten Nigerias angegriffen. Die Regierung verhängte daher am Samstag eine 24-stündige Ausgangssperre über Gombe.
In den Vororten der Stadt kam es Berichten zufolge zu schweren Kämpfen von Regierungstruppen mit den sunnitischen Fundamentalisten. „Das Geräusch von Gewehrfeuer ist überall“, sagte Anwohner Mustapha Ibrahim telefonisch der Deutschen Presse-Agentur. Auch die Luftwaffe sei eingesetzt worden und habe Stellungen der Angreifer bombardiert. Dazu jeodch gab es widersprüchliche Aussagen. Demnach sei zwar ein Kampfjet über der Stadt gekreist, habe aber keinen Angriff gestartet.
Andere Einwohner der Stadt berichteten der Nachrichtenagentur AFP, dass die Miliz gegen Mittag bereits das Zentrum erreicht habe und auf Flugblättern zum Boykott der Präsidentschafts- und Parlamentswahlen am 28. März aufgerufen habe. Die Armee leistete demnach keinen Widerstand. Zu möglichen Opfern der Kämpfe gab es zunächst keine Angaben.
Weil noch unklar sei, ob sich Kämpfer der Gruppe in der Stadt versteckten, sei eine Ausgangssperre verhängt worden, sagte Zeuge Ibrahim. Boko Haram hat zuletzt vermehrt Ziele im Bundesland Gombe angegriffen.
Die Terrororganisation will im Nordosten Nigerias und angrenzenden Gebieten einen sogenannten Gottesstaat erreichten. Zuletzt entging Präsident Goodluck Jonathan dort vor rund zwei Wochen bei einer Wahlkampfveranstaltung nur knapp einem Attentat. Bei Anschlägen und Angriffen der Gruppe sind seit 2009 mindestens 13.000 Menschen getötet worden.
UNO fordert Armee zu größerer Entschlossenheit auf
Die Wahl sollte ursprünglich an diesem Samstag stattfinden, wurde aber um sechs Wochen verschoben. Die Wahlkommission nannte als Grund vor allem die anhaltenden Kämpfe gegen Boko Haram. Eine weitere Verschiebung wurde ausgeschlossen.
Die UNO hat Nigerias Armee unterdessen aufgefordert, ihren Kampf gegen Boko Haram zu verstärken. Das Militär müsse bei der Bekämpfung dieses „ernstzunehmenden Feindes“ eine „größere Entschlossenheit“ zeigen als bisher, sagte der UN-Sondergesandte für Westafrika, Mohamed Ibn Chambas, am Freitag. „Ich denke, dass wir vom nigerianischen Militär alle mehr erwarten“, sagte er vor Journalisten. In anderen Fällen habe die nigerianische Armee „zuverlässig“ agiert. Die UNO erwarte, dass sie nun die gleiche „Zähigkeit“ zeige wie zum Beispiel bei ihrer Teilnahme an Friedensmissionen.
Der nigerianischen Armee ist es bisher nicht gelungen, den Vormarsch von Boko Haram im Norden und Nordosten des Landes zu stoppen. Nachdem die Islamisten wiederholt ins benachbarte Kamerun eingedrungen waren, formierte sich eine internationale Koalition gegen die Extremistengruppe. Neben Nigeria entsandten Kamerun, Niger und Tschad Truppen für den Kampf gegen die Islamisten.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Müntefering und die K-Frage bei der SPD
Pistorius statt Scholz!
Urteil nach Tötung eines Geflüchteten
Gericht findet mal wieder keine Beweise für Rassismus
Aktienpaket-Vorschlag
Die CDU möchte allen Kindern ETFs zum Geburtstag schenken
Unterwanderung der Bauernproteste
Alles, was rechts ist
Waffen für die Ukraine
Bidens Taktik, Scholz’ Chance
Rentner beleidigt Habeck
Beleidigung hat Grenzen