Bericht über syrische Luftwaffe: Gezielte Angriffe auf Zivilisten
Seit Juli seien mehr als 4.300 syrische Zivilisten getötet worden, vermutet „Human Rights Watch“. Allein am Mittwoch starben mindestens 45 Menschen.
BERLIN/NEW YORK/BEIRUT dpa/afp | Die Menschenrechtsorganisation „Human Rights Watch“ wirft der syrischen Luftwaffe „willkürliche, in einigen Fällen auch gezielte“ Angriffe auf Zivilisten vor. Allein seit Juli 2012 seien mehr als 4300 Zivilisten von Syriens Luftwaffe getötet worden, schrieb die Organisation in einem am Mittwoch (Ortszeit) in New York vorgestellten Bericht.
Der Bericht der „Human Rights Watch“ basiert auf Recherchen an 50 Orten im Norden Syriens, die von der Opposition beherrscht werden. Zudem seien Interviews mit mehr als 140 Augenzeugen und Opfern in anderen Teilen des Landes geführt worden.
„Die syrische Luftwaffe hat wiederholt willkürlich, in einigen Fällen auch gezielt, Luftangriffe auf Zivilisten durchgeführt“, heißt es in dem 80-seitigen Dokument. Die Angriffe stellten schwere Verstöße gegen das humanitäre Völkerrecht dar. „Personen, die solche Verletzungen mit krimineller Absicht begehen, machen sich eines Kriegsverbrechens schuldig.“
Die Recherchen von Human Rights Watch legten nahe, dass die syrischen Streitkräfte vorsätzlich unter anderem mehrere Krankenhäuser und Bäckereien angegriffen hätten. Die Schäden an Einsatzzentralen der Opposition seien bei den dokumentierten Angriffen trotz zahlreicher Ziviler Opfer gering. In einigen Fällen sei nach vorläufigen Untersuchungen kein zulässiges militärisches Ziel in der Umgebung auszumachen gewesen, schreibt „Human Rights Watch“.
Nicht genügend Schutz
Die Organisation mit Sitz in New York wirft dem syrischen Regime auch den Einsatz der weltweit umstrittenen Streumunition vor. Die Oppositionsgruppen hätten „nicht alle Möglichkeiten ausgeschöpft“, um Zivilisten zu schützen, etwa durch die Stationierung von Truppen innerhalb oder nahe dicht besiedelter Gebiete.
Medienberichten zufolge fliegt die syrische Luftwaffe seit Juli 2012 täglich Angriffe in ganz Syrien. „In einem Dorf nach dem anderen trafen wir auf Zivilisten, die voller Angst vor der Luftwaffe ihres eigenen Landes sind“, berichtete Ole Solvang, der die Ziele der Angriffe besuchte und Opfer und Augenzeugen befragte. Diese völkerrechtswidrigen Luftangriffe hätten „eine Spur von Zerstörung, Angst und Vertreibung“ hinterlassen, sagte er.
„Angesichts der stichhaltigen Beweise dafür, dass die syrische Regierung Verbrechen gegen die Menschlichkeit begeht, appelliert „Human Rights Watch“ an Regierungen und Unternehmen, den Verkauf und die Lieferung von Waffen, Munition und Material nach Syrien unverzüglich und solange zu unterbinden, bis die syrische Regierung diese Verbrechen beendet“, erklärte die Organisation. In dem zwei Jahre andauernden Konflikt sind schätzungsweise mehr als 70 000 Menschen ums Leben gekommen.
Allein bei Kämpfen, Bombardierungen und Hinrichtungen seien in den Dörfern Al-Sanamein und Ghabagheb am Mittwoch insgesamt mindestens 45 Menschen getötet worden, erklärte die oppositionsnahe Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte am Donnerstag. Al-Sanamein und Ghabagheb liegen in der Provinz Daraa. Die in London ansässige Beobachtungsstelle stützt sich auf ein Informantennetzwerk in Syrien. Die Zahl der Flüchtlinge wird inzwischen auf rund 1,3 Millionen veranschlagt.
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