Bericht der Vereinten Nationen: IS verschleppt tausende Zivilisten
Nach UN-Angaben hat der IS im Irak 1.500 Familien in seine Gewalt gebracht. Zudem seien rund 300 Ex-Mitglieder irakischer Sicherheitskräfte in Geiselhaft.
Im Zuge der Großoffensive zur Rückeroberung der IS-Hochburg Mossul hatten irakische Einheiten am Montag Hamam al-Alil unter ihre Kontrolle gebracht. Bewohner, die vor den Kämpfen geflohen waren, kehrten daraufhin in die Stadt zurück. Die 1.500 aus Hamam al-Alil verschleppten Familien wurden nach UN-Angaben bereits am Freitag zum Flughafen von Mossul verschleppt. Die Vereinten Nationen hatten mehrfach davor gewarnt, dass der IS Zivilisten verschleppen könnte, um sie bei Kämpfen als menschliche Schutzschilde zu missbrauchen.
Wie Shamdasani weiter mitteilte, liegen der UNO Berichte über die Entführung von mindestens 295 ehemaligen Mitgliedern der irakischen Sicherheitskräfte westlich von Mossul vor. Zwischen dem 1. und dem 4. November seien 195 dieser Vertreter aus verschiedenen Dörfern um Tal Afar entführt worden, in der Nacht des 3. November seien zudem mindestens hundert Ex-Offiziere aus dem Dorf Mawaly entführt worden. „Das Schicksal all dieser Zivilisten ist derzeit unklar“, sagte Shamdasani.
Zu den Berichten der irakischen Armee vom Montag, sie habe bei der Rückeroberung von Hamam al-Alil ein Massengrab entdeckt, konnte die UNO keine Angaben machen. Ihr Büro überprüfe weiter Berichte vom Oktober, wonach an dem Fundort 50 ehemalige irakische Polizisten getötet worden seien. Das Oberkommando der irakischen Streitkräfte hatte am Montag erklärt, es seien „100 Leichen von Zivilisten mit abgetrennten Köpfen“ gefunden worden.
Erste Untersuchung in Hamam al-Alil
In Hamam al-Alil begannen irakische Ermittler mit Untersuchungen am Fundort, einer Landwirtschaftsschule. Leichenteile waren zwischen zurückgelassenem Müll zu sehen. Polizisten zogen an Seilen zwei Leichen hervor, von denen einer der Kopf fehlte. Viele der Ermittler verbargen wegen des Gestanks ihre Gesichter hinter Tüchern. Es handle sich um eine erste Untersuchung, sagte der Leiter des Einsatzzentrums, Mohammed Taher al-Tamimi. Tamimi sprach von einem „Massaker“. Die Opfer hätten verbundene Augen gehabt, einigen Leichen fehle der Kopf, andere seien zerstückelt.
Im Zuge ihrer am 17. Oktober gestarteten Offensive gegen den IS in Mossul haben irakische Einheiten und kurdische Peschmerga-Kämpfer bislang mehrere Orte in der Umgebung der Stadt eingenommen. Am Dienstag brachten die Peschmerga die Stadt Baschika nach Angaben der kurdischen Regionalverwaltung vollständig unter ihre Kontrolle. Irakische Elitekämpfer drangen in östliche Stadtviertel von Mossul vor.
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